Transparente Risikodarstellung wird zunehmend wichtiger
Für den Kapitalgeber birgt die Investition in gewerbliche und wohnungswirtschaftliche Projektentwicklungen eine Vielzahl an Unwägbarkeiten. Häufig endet für ihn die Einflussnahme auf das Projekt mit dem Abschluss des Darlehensvertrages. Damit er von der Projektkonzeption bis zur Übergabe verlässliche und systematische Informationen zum Projektstatus erhält, ist ein systematisches Baumonitoring nötig, das auf bestehende etablierte Prinzipien des Projektmanagements aufsetzt, sich an die Grundlagen von Prüfung und Audit hält und mit der Regulatorik, dem Rating und Grundsätzen der Wirtschaftsprüfung abgeglichen ist.
Thomas Portmann, Sie sind bei Arcadis verantwortlich für den Bereich Transactional Services in Europa und eines der Gründungsmitglieder des Verbandes BauMonitoring e.V. „Gut geplant ist halb gebaut“ – gilt diese Regel heute noch?
Portmann: Gute Planung ist notwendige, aber schon lange keine hinreichende Bedingung mehr für erfolgreiche Projekte. Am Bau wird in erster Linie ein Vertrag erfüllt und nebenbei ein Gebäude errichtet. Dieses Bonmot gilt in der Immobilienwirtschaft m.E. noch immer. Selbst das bestmöglich geplante Vorhaben kann aus dem Ruder laufen, wenn das, was während den folgenden Realisierungsschritten passiert und abgerechnet wird, nicht ständig überwacht und mit den ursprünglichen Projektzielen und -kalkulationen abgeglichen wird. Zu den elementaren Werkzeugen für diesen Abgleich gehören Baumonitoring und Technisches Baucontrolling.
Im etablierten Projektmanagement sind die Überwachung von Kosten, Terminen, Qualitäten und Quantitäten als Bausteine fest verankert. Sind eigene Leistungspakete wie Baumonitoring und Technisches Baucontrolling da nicht überflüssig?
Portmann: Beide Leistungen sind erforderlich und bedingen sich quasi gegenseitig: Das Projektmanagement dient der aktiven Steuerung und Umsetzung von Projekten. Das Baumonitoring nimmt einen anderen Blickwinkel ein: hier geht es um das aktive Beobachten (= „monitoren“) und Begleiten des Projekts aus Sicht der Finanzgeber. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Erkennung von möglichen Defiziten in der Projektqualität. Aus unserer Erfahrung her rühren nämlich in diesem Teil die eigentlichen Risiken für den Finanzierer. Hierzu arbeiten wir im Rahmen des BauMonitoring e.V. derzeit an einem Datenmodell, welches wir Mitte des Jahres vorstellen und zusammen mit den anderen Marktteilnehmern dann in einem offenen Diskurs besprechen, ergänzen und präzisieren werden.
Was haben Baumonitoring und Technisches Baucontrolling gemeinsam? Wie unterscheiden Sie sich?
Portmann: Die Hauptzielgruppe für Baumonitoring sind finanzierende Banken, die ihre Kreditzusage unter anderem unter Einhaltung der Mindestanforderungen der BaFin an das Risikomanagement - MaRisk - garantieren. Die Leistungsbausteine und das Selbstverständnis des Baumonitoring ähnelt dem der klassischen Wirtschaftsprüfung – hier mit Fokus auf Immobilien. Das Baucontrolling richtet sich eher an Investoren und Entwickler, die einen stärker technisch ausgerichteten Fokus haben und sicher sein wollen, dass das, was sie vertraglich vereinbart eingekauft und zugesichert bekommen haben, am Ende auch in der vereinbarten Qualität und Zeit erhalten. Die Schnittmenge beider Leistungspakete ist eine präzise, projektbegleitende Prüfung, Analyse und Plausibilisierung aller relevanten Prozesse und Realisierungsschritte. Gemeinsames Ziel beider ist die maximale Projektkontrolle und Investitionssicherheit für die Stakeholder.
Welche Qualifikationen sind Voraussetzung für professionelles Monitoring und Controlling bei der Realisierung von Immobilienprojekten?
Portmann: Sie müssen interdisziplinäre Expertise in flexiblen, reaktionsschnellen und kommunikativen Teams zusammenbringen: Architekten, Juristen, Immobilienwirtschaftler und Ingenieure. Wenn diese Teams darüber hinaus auf langjährige internationale Erfahrung in den verschiedensten Branchen und Marktsektoren bauen können, dann sind sie für die geschilderten Herausforderungen bestens gerüstet. Der Verband BauMonitoring e.V. hat es sich zum Ziel gesetzt, hier mit einem entsprechenden Ausbildungskonzept bis hin zur Zertifizierung eines „Baumonitors“ in Kürze neue Qualitätsmaßstäbe zu setzen. Der Mehrwert dieses Ansatzes wird dann sichtbar, wenn potenzielle Fehlentwicklungen und Krisen frühzeitig identifiziert werden und so präventive Interventionen ermöglichen. Dies spart letztendlich allen am Projekt Beteiligten eine Menge Geld, Zeit und Energie.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ARCADIS Germany GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post, April 2017