26.11.2019

Bauprozesse digital managen

Ein Interview über Möglichkeiten und Vorteile von Baumanagement-Lösungen in der Praxis

Matthias Gerecke, Projektleiter für die Betriebsgebäude im Großprojekt der Neuen Bahnbrücke Kattwyk, Hamburg Port Authority AöR
Ibrahim Imam, Mitgründer und Geschäftsführer, PlanRadar GmbH
Matthias Gerecke

Die Digitalisierung macht vieles einfacher, smarter und effizienter. Trotzdem bleibt das Thema aufgrund seiner enormen Bandbreite für viele zu abstrakt, ja zu wenig greifbar. Wie mit einem Baumanagement-Tool, analoge Prozesse der Baudokumentation und Kommunikation in Immobilienprojekten digital abgebildet werden können und welche Vorteile sich daraus ergeben, erläutern Matthias Gerecke, Projektleiter für die Betriebsgebäude im Großprojekt der Neuen Bahnbrücke Kattwyk der Hamburg Port Authority und Ibrahim Imam, Geschäftsführer und Mitgründer von PlanRadar.

Frage: Wo setzen Tools zum digitalen Baumanagement in der Praxis an und welche Vorteile ergeben sich aus der Nutzung?

Matthias Gerecke: Für den Erfolg eines Bauprojektes ist eine eindeutige Kommunikation zwischen allen Akteuren der wichtigste Einflussfaktor. Hier hilft das digitale Baumanagement, das einen Überblick über alle Bauprozesse und deren Dokumentation ermöglicht. Wir setzen in unserem Projekt „Neue Bahnbrücke Kattwyk“ bei der Errichtung der Betriebsgebäude die webbasierte Software PlanRadar als Werkzeug zum Baumanagement ein. Dieses nutzen wir insbesondere für die Dokumentation und die Abarbeitung von Baumängeln. Dadurch werden die Aufgaben sehr klar kommuniziert.

Ibrahim Imam: Die zentrale Dokumentationsplattform ist hierbei Werkzeug und Informationskanal zugleich. Alle Informationen hinsichtlich Projektstatus, Baudokumentation und Mängelmanagement sind in einer Oberfläche einsehbar. Damit sind alle Projektbeteiligten zu jeder Zeit – online wie offline – auf dem gleichen Stand und nutzen PlanRadar ähnlich wie ein Ticketsystem.

Frage: Wie kann beispielsweise das Mängelmanagement digitalisiert werden?

Matthias Gerecke: Zu Beginn unseres Projekts haben wir mit Baufirmen und Bauüberwachern die Nutzung von PlanRadar vereinbart. In dieser Software lassen sich Zeichnungen des Bauwerks hinterlegen, mit denen die Verortung von Themen – in unserem Fall Baumängel – möglich sind. Stellt die örtliche Bauüberwachung einen Mangel fest, markiert sie diese Stelle im Grundriss und erstellt damit ein Ticket. Darin lassen sich Beschreibungen eintragen und auch Fotos platzieren. Anschließend wird das Ticket den verantwortlichen Baufirmen zugewiesen, die nach Überarbeitung des Mangels ihrerseits ein Foto hinterlegen und dies mit Text- oder Sprachnachrichten konkretisieren können. Die Erstellung und Bearbeitung dieser Tickets sind vom Smartphone oder Laptop aus direkt auf den digitalen Bauplänen möglich. Ändert sich der Status eines Tickets, erhalten alle Beteiligte auf Wunsch eine Mitteilung via Pushnachricht oder E-Mail. Damit sind im System an der konkreten Position im Bauplan alle Arbeitsschritte dokumentiert.

Ibrahim Imam: Fest zugewiesene Rollen definieren die Verantwortlichkeiten, Sichtrechte und weitere Einstellungen wie Fristregelungen. Damit sieht jeder das, was er sehen und bearbeiten soll. Um eine Nutzung durch alle Akteure zu ermöglichen, arbeiten Subunternehmer mit PlanRadar im Projekt kostenfrei.

Frage: Inwiefern können Prozesse damit optimiert werden?

Ibrahim Imam: Gegenüber Projekten, bei denen Mängel, Projektfortschritte und Abnahmen noch klassisch per Excelliste dokumentiert werden, entfällt dieser Aufwand mit der Anwendung eines digitalen Bau- und Mängelmanagements. Fehlerquellen können durch die ständige Einbindung aller Beteiligten frühzeitig identifiziert und behoben werden. Auch das lästige Übertragen der handschriftlichen Notizen in umfangreiche Exceltabellen entfällt aufgrund der lückenlosen Dokumentation im System.

Matthias Gerecke: Das spart uns unter anderem auch Zeit bei der Beweissicherung und schafft Effizienz: In unserem Projekt konnten wir deutlich messbare zeitliche Vorteile gegenüber vergleichbaren Bauaufgaben ohne digitales Mängelmanagement feststellen. Dennoch ersetzt die Software nicht den regelmäßigen direkten Dialog zwischen allen Beteiligten.

Inzwischen ist die Fertigstellung der beiden Betriebsgebäude mit zusammen rund 1.250 Quadratmetern Bruttogrundfläche und deren Außenanlagen im Oktober 2019 nach einer 21-monatigen Bauzeit weitgehend erfolgt.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Hamburg Port Authority AöR; PlanRadar GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilienbrief Hamburg und der Norden, Oktober 2019

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