04.02.2020

Assets digital managen

Ein Gespräch über intelligente Datenplattformen, digitale Zwillinge und Robotic Process Automation (RPA)

Maurice Grassau, CEO, Architrave GmbH
Maurice Grassau

Für Asset-Manager sind sowohl die regulatorischen Vorgaben als auch die Ansprüche der Investoren und Aktionäre an das Reporting und Risikomanagement deutlich gestiegen. Maurice Grassau zu intelligenten Datenplattformen, digitalen Zwillingen und Robotic Process Automation (RPA).

Maurice Grassau ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des PropTechs Architrave, das digitales Immobilienmanagement mit einer zentralen Plattform für Management und Steuerung sämtlicher Daten, Dokumente und Prozesse bietet. Aktuell verwaltet Architrave rund 4.500 Assets im Wert von über 90 Milliarden Euro, unter anderem für Art-Invest Real Estate, BEOS, BNP Paribas, Deka, CBRE und Union Investment Real Estate.

Frage: Die Immobilienwirtschaft ist eine informationsintensive Branche mit vielen involvierten Akteuren und der Notwendigkeit einer schnellen Datenverfügbarkeit. Welche Unterstützung bietet Künstliche Intelligenz im Asset Management?
Maurice Grassau (MG): Künstliche Intelligenz in ihrer Variante des Machine Learning hilft immer dort, wo wiederkehrende Prozesse anfallen. Ein klassischer Prozess ist hierbei die Dokumentenablage. Ein durchschnittlicher Asset Manager bearbeitet ca. 120 Dokumente pro Tag. Lösungen aus dem Bereich Robotic Process Automation (RPA) wie der von uns entwickelte KI-Roboter DELPHI lesen, erkennen und kategorisieren alle anfallenden Dokumente im Immobilienmanagement. Die einfache Voraussetzung für die erfolgreiche Ablage ist ein bestehender Dokumentenindex, sei es über ein eigenes Dokumenten-Management-System oder über ein Ablagesystem in der ERP-Software. Eine weitere Hilfe leistet KI bei der Extraktion von Daten aus Dokumenten. Es geht darum, die hauptsächlich in PDFs „versenkten“ Daten wieder maschinell lesbar zur Verfügung zu stellen. In dieser speziellen Hinsicht verstehen wir KI als Brückentechnologie auf dem Weg zu wirklich digitalen Prozessen - ohne Medienbrüche und mit einheitlichen Datenformaten und -standards.

Frage: Was ist konkret unter einem digitalen Zwilling zu verstehen und wie verhilft er zu mehr Transparenz und Effizienz?
MG: Unter einem digitalen Zwilling verstehen wir die Spiegelung der relevanten Daten einer realen Immobilie innerhalb eines Datenraums. Im Idealfall managen sämtliche Projektparteien – vom Finanzierer über den Asset Manager bis hin zum Betreiber – ihre Informationen auf einer gemeinsamen Plattform. Das Potenzial ist enorm, besonders wenn wir die Plattform branchenweit denken. Ein zentraler, selbstverständlich anonymisierter Datenpool würde ganz neue Möglichkeiten zum Beispiel beim Benchmarking und in der Big-Data-Analyse bieten. Von den Effizienzsprüngen bei Transaktionen ganz zu schweigen: Statt komplexe Datenräume aufzubauen und ressourcenintensiv zu befüllen, ändern die Beteiligten einfach auf Knopfdruck die Nutzungsrechte

Frage: Technologien wie KI, RPA und digitale Plattformen können ihr volles Potenzial nur dort entfalten, wo einheitliche Datenstandards zur Anwendung kommen. Wie sieht es damit in Deutschland aus?
MG:
Wir sind beim Thema Standards ein erhebliches Stück vorangekommen. Dies belegen deutlich die von uns initiierte Brancheninitiative Real Estate Data Summit (REDS) mit führenden Asset-Management-Unternehmen oder der durch uns mitbegleitete, aber vor allem von der Branche entwickelte neue Dokumentenindex der Gesellschaft für immobilienwirtschaftliche Forschung (gif). Aber wir müssen noch einige Jahre Geduld mitbringen, bis wir eine branchenweite Standardisierung erreicht haben. Doch das Thema ist auf alle Fälle ganz oben auf der Branchenagenda, hier sieht jeder dringenden Bedarf. Ohne Standards keine Digitalisierung. Wir von Architrave freuen uns, bei diesem Thema Plattform- und Impulsgeber für die Immobilienwirtschaft in Deutschland und Europa zu sein.

Frage: IT-Sicherheit und Datenschutz genießen bei institutionellen Immobilien-Investoren hohe Bedeutung. Wie lassen sich die Risiken in Datenräumen und an Schnittstellen minimieren?
MG:
Die Risiken lassen sich nur minimieren, wenn Sie zu jeder Zeit wissen, wo sich Ihre Daten befinden und wer Zugriff auf sie hat. Wir arbeiten für unsere mehrheitlich regulierten Kunden mit Serverpartnern in Deutschland, die wir regelmäßig prüfen. Wir haben uns selbst den Standard unserer Kunden gegeben, was unser Produkt und die Zusammenarbeit mit unseren Dienstleistern betrifft: Regelmäßige Qualitätsprüfungen für IT-Sicherheit und Datenschutz sind also fester Bestandteil unserer Unternehmenspraxis. Unser Information Security Officer organisiert, überwacht und dokumentiert sämtliche Workflows und Maßnahmen. Auf lange Sicht bedeutet wirksamer Datenschutz jedoch auch, eine europäische Asset Management Plattform zu etablieren. Ich bin überzeugt: Nur so behalten wir alle die Datenhoheit und verhindern eine Übernahme von Daten und deren Bearbeitung durch Big Techs aus USA oder Asien.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Architrave
Erstveröffentlichung: Immobilienwirtschaft, September 2019

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