29.05.2024

Zustandsbericht & Potenziale

Deutscher Mehrfamilienhausbestand in Energieeffizienz- und CO2-Klassen – Eine Einordnung

Holger Hallmen, Data Scientist, Techem
Dr.-Ing Arne Kähler, Leiter des Techem Research Institute on Sustainability (TRIOS)., Techem
Holger Hallmen

Der energetische Zustand des deutschen Gebäudebestandes wird in der Regel als nicht ausreichend eingeschätzt. Wie es um den Mehrfamilienhausbestand in Deutschland energetisch tatsächlich steht und welche Auswirkungen geringinvestive Maßnahmen haben können, wurde anonymisiert auf Basis des für den deutschen Mehrfamilienhausbestand repräsentativen Techem-Abrechnungsbestandes (2,2 Mio. Wohnungen aus  184 Tsd. Mehrfamilienhäusern) untersucht. Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse vorgestellt und diskutiert.

Einordnung der Gebäude des Techem Abrechnungsbestandes nach Wärmeschutzstandards für Raumheizwärme
Aus einer Gegenüberstellung der Daten von Energieausweisen und Verbrauchsdaten ist es gelungen, den in Abb. 2 dargestellten Vergleich zwischen berechnetem Endenergiebedarf und gemessenem Endenergieverbrauch herzustellen und die Ergebnisse in Bezug zu den GEG-Energieklassen aus 2020 und zu den deutschen Wärmeschutzstandards zu setzen. Es wurde hier ausschließlich der Raumheizwärmeverbrauch in Gebäuden mit und ohne Trinkwarmwasserbereitung betrachtet.
Die beiden durchgehenden Linien zeigen den minimalen und maximalen Heizwärmebedarf für Raumheizwärme, wie er in den jeweiligen Verordnungen für die entsprechenden Wärmeschutzstandards berechnet wurde.

Abb. 1: Einordnung des MFH-Gebäudebestandes nach Endenergie für Raumheizwärme nach Wärmeschutzstandards und in die GEG-Klassen 
 
Dem gegenüber stehen die gemessenen Raumheizwärmeverbräuche für Gebäude des Techem Abrechnungsbestandes mit den entsprechenden Wärmeschutzstandards (Säulen).

Es ist deutlich zu erkennen, dass im Altbaubestand der tatsächliche Wärmeverbrauch deutlich unter dem Bedarf gemäß Rechnung nach DIN 18599 liegt. Für Gebäude mit gutem Wärmeschutzstandard kehrt sich dies um. Insgesamt lässt sich hier feststellen, dass die tatsächliche energetische Wirkung von Sanierungen im Bestand zumindest bei MFH deutlich geringer ist, als es die Bedarfsrechnungen erwarten lassen. So können wir aus den gemessenen Endenergieverbräuchen ablesen, dass der Gesamteffekt über alle Sanierungsschritte bei Mehrfamilienhäusern bisher bei etwa 60 kWh je qm Gebäudenutzfläche liegt.


Im linken Teil der Grafik sind außerdem die Energieeffizienzklassen, wie sie vom GEG 2020 definiert wurden, aufgeführt. Wir haben die mittleren spezifischen Endenergieverbräuche abhängig vom Energieträger hier abgetragen. Es zeigt sich nun, dass im Mittel sogar mit Heizöl beheizte Mehrfamilienhäuser noch in die GEG-Klasse C bzw. in den Wärmeschutzstandard WSV 94 fallen. Die mit anderen Energieträgern beheizten MFH liegen typisch in der GEG-Klasse B. Dies zeigt, dass Mehrfamilienhäuser in Deutschland bereits in Bezug auf die definierten Energieeffizienzklassen auf einem ordentlichen energetischen Stand sind.

Weiterhin lässt sich eine deutliche Diskrepanz des mittleren Endenergieverbrauchs gegenüber dem Wärmeverbrauch der mit strombetriebenen Wärmepumpen beheizten Gebäude feststellen. Wird vom Endenergieverbrauch ausgegangen ordnen sich diese Gebäude in die GEG-Energieeffizienzklasse A+ ein und sind damit deutlich besser als alle anderen Energieträger. Wird dagegen Wärme, welche die Wärmepumpe nach unseren Auswertungen mit einer durchschnittlichen Jahresarbeitszahl von 3,1 erzeugt, betrachtet, so ordnen sich diese Gebäude in die GEG-Energieeffizienzklasse B ein. Das entspricht etwa dem Wärmeschutzstandard EnEV 2002. Hier zeigt sich, dass derzeit Wärmepumpen in Mehrfamilienhäusern mit typisch gutem Wärmeschutzstandard verbaut werden. Das ist auch sehr sinnvoll, da in diesem Fall die Wärmepumpen mit geringen Systemtemperaturen effizient betrieben werden können.

Verbrauchsreduktion durch Monitoring und Betriebsoptimierung
Obwohl der Bestand der deutschen Mehrfamilienhäuser im Mittel bereits ordentliche Verbrauchs- und Emissionswerte vorweist, ist das Optimierungspotential dennoch weiterhin hoch. Dieses Potenzial kann zum Teil bereits ohne aufwendige Maßnahmen wie Dämmung und Heizungsanlagentausch erschlossen werden.

Alleine durch Monitoring und Betriebsoptimierung von Heizungsanlagen lässt sich der Endenergieverbrauch um etwa 10-15 Prozent reduzieren. Hier bieten geringinvestive Lösungen, wie der Digitale Heizungskeller von Techem, einen echten Mehrwert. Dadurch würden  die Treibhausgas-Emissionen sinken und die Gebäude würden infolge im Schnitt in die nächstbessere CO2-Klasse wandern.

Abb. 2: Einordnung des MFH-Gebäudebestandes in die CO2-Klassen mit und ohne Monitoring und Betriebsoptimierung

Durch diese Verbrauchsreduktion können Mietende einer 65m² Wohnung bei einem CO2-Preis von 45€ im Mittel jährlich etwa 108€ sparen. Vermietende können mit einer jährlichen Kostenreduktion von etwa 12 € pro Nutzeinheit rechnen. Außerdem könnten die jährlichen Treibhausgasemissionen um etwa 309kg reduziert werden.

Diese Emissionsreduktionen bzw. Einsparungen wären vor allem interessant für Mietende, da auf sie nach der aktuellen Klassenverteilung im Jahr 2022 im Mittel 75 Prozent der CO2-Kosten entfallen, während Vermietende lediglich 25 Prozent zu tragen hatten. Vermietende haben bei dieser praktisch resultierenden Verteilung nur einen geringen Anreiz, ihre Immobilie im Sinne der Emissionsreduktion zu sanieren. Dies könnte durch eine Neujustage der CO2-Klassengrenzen anhand der vorliegenden Auswertungen korrigiert werden.

Laut statistischem Bundesamt gab es zum Ende des Jahres 2022 in Deutschland 22 Millionen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern in Deutschland. Würden in allen diesen Mehrfamilienhäusern die angenommenen 10-15 Prozent Einsparungen an Endenergie infolge besserer Betriebsführung erreicht werden, könnte so der damit einhergehende jährliche Ausstoß an Treibhausgasen um etwa 6,8 Millionen Tonnen CO2e reduziert werden.

Fazit:
Betrachtet man nur die Raumheizwärme fällt der Großteil der deutschen MFH-Gebäude in die Effizienzklassen C und B nach GEG aus 2020. Dies entspricht etwa den alten Wärmeschutzstandards WSV95 und EnEV2002. Wärmepumpenversorgte Mehrfamilienhäuser weisen einen noch besseren energetischen Zustand aus: endenergetische Klasse A+ oder A, Wärmeklasse: A oder B Monitoring und optimierte Betriebsführung können diesen Zustand geringinvestiv noch weiter verbessern und können einen Beitrag zur Emissionsreduktion im gesamten Mehrfamilienhausbestand von etwa 7 Mio. Tonnen CO2e leisten.

Aufgrund des energetisch recht ordentlichen Zustandes des deutschen MFH-Bestandes und auch infolge des erkennbar sparsameren Verbrauchsverhaltens liegt ein Großteil der Gebäude derzeit in den unteren Emissionsklassen nach CO2-Kostenaufteilungsgesetz. Dies führt zu einer Verschiebung der CO2-Kosten in Richtung Mieter und verringert dadurch derzeit die Anreizwirkung für Vermieter und Betreiber der Immobilien.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Techem
Erstveröffentlichung: The Property Post, Mai 2024

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