Wirkungsanalyse der geplanten Mietrechtsänderungen
Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD sieht mehrere Änderungen des Mietrechts vor: die mittlerweile beschlossene so genannte Mietpreisbremse und die geplante Veränderungen bei der Mieterhöhung nach Modernisierung. Dadurch soll gutes und bezahlbares Wohnen vor allem in den Städten sichergestellt werden. Im Gutachten „Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderung“ hat sich das InWIS im Auftrag der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immobilienwirtschaft Deutschlands e.V. (BID) mit den betriebswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Änderungen auseinandergesetzt.
Vielfältige Ursachen wie die wirtschaftliche Stärke, aber auch Veränderungen der Präferenzen der Nachfrage haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass sowohl die größten Städte in Deutschland – wie Berlin, Hamburg, Köln, Frankfurt/ Main, Stuttgart und München –, aber auch viele Mittelzentren einen Bevölkerungs- und Haushaltszuwachs erlebt haben. Damit ging ein deutlicher Anstieg der Marktmieten einher.
Analysiert man die Situation in diesen Städten genauer, so vollzieht sich der Anstieg der Angebotsmieten noch in einem angemessenen Verhältnis zur Entwicklung der Kaufkraft. Er konnte durch höheren Neubau wirksam gedämpft werden. Der Mietenanstieg konzentrierte sich regelmäßig auf beliebte Bereiche in der Innenstadt. Das qualitativ höherwertige Preissegment war stärker betroffen als das untere Preissegment.
Dennoch muss man konstatieren, dass der Mietenanstieg im unteren Preissegment vor allem einkommensschwächere Haushalte und vermehrt Durchschnittsverdiener vor Schwierigkeiten stellt, gerade in beliebten Wohnlagen günstige Wohnungen anzumieten. Viele Haushalte sind zudem an ihrer Belastungsgrenze angekommen.
Eine einheitliche Mietpreisbremse kann dieser differenzierten Situation nicht gerecht werden; sie ist nicht zielgenau genug. In beliebten und besonders betroffenen Gebieten bleibt Wohnraum knapp und teuer. Es ist paradox, dass die Bezieher höherer Einkommen durch die Mietpreisbremse einen Vorteil erhalten, ohne dass deren Schutz erforderlich wäre.
Die Mietpreisbremse stellt zugleich einen Eingriff von historischer Dimension dar: Erstmals seitdem frei finanzierte Wohnungen ohne Preisbindungen in den 1950er Jahren errichtet werden konnten und das System der ortsüblichen Vergleichsmiete Anfang der 1970er Jahre eingeführt wurde, wird bei Wiedervermietungen eine Preisbegrenzung eingeführt.Das jetzige System hat sich bewährt und zum Interessenausgleich zwischen Vermieter und Mieter beigetragen. Durch die Vertragsfreiheit bei der Wiedervermietung ist der Wohnungsmarkt in der Lage, differenziert auf die Wünsche der Nachfrage einzugehen und bedarfs- und nachfragegerechte Wohnungsangebote in der gesamten Breite des Marktes zu schaffen und dafür eine angemessene Miete zu erzielen.
Das hat zu der hohen Qualität des Wohnungsbestandes beigetragen. Dieses System wird stark beeinträchtigt. Kritisch ist zudem, dass das Konstrukt der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht geschaffen wurde, um damit Marktmieten zu begründen. Insbesondere Mietspiegel sind oft nicht differenziert genug, um die Facetten des Wohnungsmarktes entsprechend gut abzubilden. Das hat Konsequenzen für die Angebotsqualität, die sich mehr am Durchschnitt orientieren wird. Durch die Systematik, wie beispielsweise in Mietspiegeln – um eines der vier Begründungsmittel herauszugreifen – eine Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete stattfindet, wird es zu einer negativen Rückkoppelung kommen. Der Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete, der auch in prosperierenden Städten nur mäßig über dem längerfristigen Anstieg der allgemeinen Verbraucherpreise liegt, wird sich deutlich verringern.
Vermieter können dem Rückgang der Mietendynamik nur entgegen wirken, indem Mieten in bestehenden Mietverhältnissen regelmäßiger und unter Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Spielräume erhöht werden. Dadurch werden Mieter betroffen, die bislang von dem allgemeinen Mietenanstieg im Markt bei Wiedervermietung nicht berührt wurden. Durch eine geringere Dynamik in der ortsüblichen Vergleichsmiete wird sich das Investitionsklima deutlich verschlechtern und sowohl den Neubau als auch das Modernisierungsgeschehen betreffen.
Bereits jetzt reagieren Investoren mit gewisser Zurückhaltung auf das Gesetzesvorhaben. Die Ausnahmetatbestände können kaum zu einer Verbesserung beitragen. Vor allem ist es wichtig, die Angebotsengpässe durch mehr Neubau zu beseitigen oder zu vermindern. Vordergründig ist Neubau, der nach dem 1. Oktober 2014 fertiggestellt worden ist, von der Mietpreisbegrenzung ausgenommen. Allerdings erfordert Neubau zukünftige moderate Mietensteigerungen, die durch den Rückgang der Dynamik in der ortsüblichen Vergleichsmiete ausbleiben werden.
Die Mietpreisbegrenzung bei Wiedervermietungen schwächt daher – trotz der Ausnahmereglung – das wichtigste Instrument, um dem derzeit beobachteten Mietenanstieg wirksam zu begegnen. Mit angezogener Bremse Gas zu geben, hat selten ein beständiges Fortkommen gesichert. Die negativen Auswirkungen werden umso spürbarer sein, je länger die Mietpreisbremse gilt.
Die Investitionstätigkeit wird zusätzlich beeinträchtigt, wenn die im Koalitionsvertrag geplanten Regelungen zur modernisierungsbedingten Mieterhöhung – Begrenzung der Mieterhöhung auf die Amortisationsdauer und Verringerung des Prozentsatzes – umgesetzt werden würden. Die Mieterhöhung nach einer Modernisierungsmaßnahme auf die Amortisationsdauer zu begrenzen bedeutet, dass der Mieter den Vorteil, der durch die Modernisierung entsteht, dauerhaft nutzen kann, ohne dafür ein Entgelt zu bezahlen. Der Vermieter bleibt aber verpflichtet, die modernisierten Bauteile funktionsfähig zu halten, wodurch zusätzliche Instandhaltungskosten anfallen. Das Institut der Miete als Gebrauchsüberlassung von Wohnungen wird ausgehöhlt: Leistungen zu bieten, für die keine Gegenleistung in Form eines Mietentgeltes erbracht wird, ist letztlich kein „Vermieten“, sondern „Verschenken“. Die modernisierungsbedingte Mieterhöhung auf die Amortisationsdauer zu begrenzen bedeutet auch, dass dem Investor keine Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital zugebilligt wird.
Die Mieterhöhung nach Modernisierung stellt keine „Umlage“ von Kosten dar, sondern sie ist im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter die Gegenleistung des Mieters für den höheren Wohnwert und den Nutzen, den er durch die Modernisierung erhält. Modernisierungskosten sind ein transparenter und nachvollziehbarer Maßstab, um in bestehenden Mietverhältnissen die modernisierungsbedingte Mieterhöhung ermitteln. Für typische Arten von Modernisierungsmaßnahmen – Maßnahmen mit geringeren Kosten für rd. 1.000 Euro pro Wohneinheit sowie aufwändigere Maßnahmen wie Balkonanbau, Anbau einer Aufzugsanlage, altersgerechter Umbau und energetische Sanierung – wurden Wirtschaftlichkeitsberechnungen durchgeführt. Die Ergebnisse sind ernüchternd:
Die Modernisierungsmaßnahmen stellen jeweils spezifische Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit. Die meisten Maßnahmen sind wirtschaftlich nur darstellbar, wenn die Mieterhöhung in vollem Umfang von 11 Prozent der aufgewendeten Kosten ausgesprochen werden kann und anschließend in dem jeweiligen Teilmarkt eine höhere Mietendynamik besteht.
Bereits bei einer Verringerung des Prozentsatzes von 11 auf 10 Prozent geht bei an sich wirtschaftlichen Maßnahmen eine Verminderung der Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital einher, im Einzelfall auch unter allgemein übliche Mindestrenditen. Je nach Marktsituation, d.h. künftigem Mietsteigerungspotenzial, drohen auch Verluste, wie bei Modernisierungsmaßnahmen mit niedrigem Investitionsvolumen (z.B. Einbau einer Türsprechanlage und Sicherheitsausstattung an der Wohnungstür) und bei Anbau eines Aufzuges.
Bei zusätzlicher Begrenzung der Mieterhöhung bis zum Zeitpunkt der Amortisation lässt sich keine der dargestellten Typen von Modernisierungsmaßnahmen mehr wirtschaftlich darstellen.Damit lässt sich festhalten: Durch die Umsetzung der geplanten Regelungen zur Mieterhöhung nach Modernisierung, insbesondere aber durch die Teilregelung zur Amortisationsdauer, werden Modernisierungsmaßnahmen durchgängig unwirtschaftlich.Für die Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen werden verlässliche und gute Rahmenbedingungen benötigt. Sie müssen wirtschaftlich darstellbar sein. Die Einführung der geplanten Regelungen wird daher zu einem drastischen Rückgang von Modernisierungen führen.
Sowohl die bereits beschlossene Mietpreisbremse als auch die geplante Veränderung der modernisierungsbedingten Mieterhöhung stellen erhebliche Eingriffe in das bisherige System der Mietpreisbildung dar. Die nachteiligen quantitativen und qualitativen Effekte überwiegen die vermeintlichen Vorteile bei weitem.
Das InWIS Gutachten „Wirkungsanalyse der Mietrechtsänderung“ ist als Download verfügbar unter:http://bid.info/positionspapiere/
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2014/2015