Wie erfolgreiches Wachstum zukünftig in der Wohnungswirtschaft aussehen kann
In der aktuellen Aufschwungphase des Wohnungsmarktes wird es immer schwieriger, Bestände zu Preisen anzukaufen, die in einem angemessenen Verhältnis zu den erzielbaren Mieten stehen. Je weiter sich die Kaufpreise von den Mieten entfernen, desto stärker muss auf weitere Kaufpreisanstiege spekuliert werden und desto höher das Investitionsrisiko. Die Stimmung in der Wohnungswirtschaft ist zwar derzeit durch steigende Mieten und niedrige Zinsen sehr gut. Sie darf aber nicht dazu verleiten, überhöhte Kaufpreise zu zahlen oder sich auf der guten Ertragslage auszuruhen. Sie muss dazu genutzt werden, wertsteigernde Alternativen zu Akquisitionen zu identifizieren, zu analysieren und gezielt in sie zu investieren.
Zu den wertsteigernden Alternativen zählt zunächst das organische Wachstum durch Investitionen in den Wohnungsbestand. Energetische Sanierungen haben dabei Priorität. Hier geht es im Einzelnen um die Dämmung von Fassaden, Dächern und Kellerdecken, um neue Eingangstüren und Fenster. Diese Maßnahmen unterstützen den Klimaschutz, erhöhen den Wohnkomfort und senken die Nebenkosten. Sie stoßen deshalb in den meisten Fällen auf eine hohe Akzeptanz in der breiten Bevölkerung und in der Mieterschaft. Hinzu kommen Aufwertungen durch Balkone, die renoviert oder neu angebaut werden, Badmodernisierungen, neue Außenanlagen und renovierte Treppenhäuser. Darüber hinaus führt der demografische Wandel zu einer steigenden Nachfrage nach seniorengerechten Wohnungen und erfordert entsprechende Umbaumaßnahmen.
Wertsteigernde Investitionen in den Bestand von Mietwohnungen setzen sowohl Rendite- als auch Mieterorientierung voraus: Die Investition muss sich rechnen. Die kritische Schwelle für Investitionsentscheidungen liegt zum Beispiel bei der LEG bei einer effektiven internen Verzinsung von sechs Prozent. Zusätzlich müssen Investitionsvorhaben auch zu den Bedürfnissen der Mieter passen. Diese unterscheiden sich von Region zu Region und von Siedlung zu Siedlung. In attraktiven Wachstumsmärkten mag es sinnvoll sein, in einem Zug ganze Siedlungen zu modernisieren. Bestände in besonders stark nachgefragten Lagen mit guten Infrastrukturvoraussetzungen können durch Aufstockung, Ausbau von Dachgeschossen, Schließung von Baulücken etc. nachverdichtet werden, um neuen, dringend benötigten Wohnraum zu schaffen. Durch die Wohnungsknappheit in Ballungsgebieten erfährt die Nachverdichtung nach und nach auch die dafür dringend benötigte politische Unterstützung, zu der bislang oftmals der Mut fehlte, weil die Politik in vielen Fällen Anwohner-Proteste fürchtete. Insgesamt weisen die Kommunen allerdings noch immer zu wenig Bauflächen aus. Die Tendenz stimmt jedoch: In der Großen Koalition hat man sich zum Beispiel kürzlich darauf geeinigt, ein Gesetz zu entwerfen, das Planungsverfahren beschleunigen soll.
An Standorten mit Aufholpotenzial kann es dagegen sinnvoll sein, kleinteiliger vorzugehen und die Maßnahmen zeitlich zu staffeln, um weiterhin über den gesamten Zeitraum der Aufwertung der Siedlung Wohnungen in unterschiedlichen Qualitäten und Preiskategorien anbieten zu können. In Gebieten mit niedriger Kaufkraft wäre eine Sanierung im Rundumschlag oft nicht sachgerecht. Dort muss vielmehr kontinuierlich ein vielfältiges Wohnungsangebot für eine ausgewogene Mieterstruktur sorgen. Das gibt der Siedlung Stabilität und wirkt vorbeugend gegen soziale Probleme und eine erhöhte Fluktuation.
Im Rahmen von baulichen Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen sollten die Wohnungen und Gebäude zumindest technisch für die Digitalisierung und Vernetzung durch neue Informations- und Kommunikationstechnologien vorbereitet werden. Der nachträgliche Einbau technischer Anlagen und Leitungsnetze ist i.d.R. sehr viel teurer als das Gebäude gleichzeitig zu einer ohnehin anstehenden Sanierung auf den neuesten Stand zu bringen.
An der Schnittstelle zu Mietinteressenten und Mietern lassen sich neue Informations- und Kommunikationstechnologien einsetzen, die sämtliche wohnungswirtschaftliche Prozesse vereinfachen, beschleunigen und sogar teilweise automatisieren. Mieter-Portale mit Chat-Möglichkeit, Mieter-Apps, die Nutzung von Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Telegram, die Kommunikation über Soziale Medien wie Facebook sind Instrumente, die schon heute erfolgreich eingesetzt werden. Neben der Effizienzsteigerung sorgen sie auch für eine stärkere Kundenbindung. Gerne angenommen wird hier alles, was aus dem täglichen Umgang mit den neuen Technologien bereits bekannt ist und gleichzeitig einen hohen Nutzwert hat – das betrifft nicht nur die Mieter, sondern auch die eigenen Mitarbeiter. Die Nähe zu den Mietern bleibt dabei entscheidend. Vor allem ältere Mieter und Mietinteressenten haben oft das Bedürfnis, telefonisch, per E-Mail oder persönlich vor Ort in Kontakt mit Mitarbeitern des Wohnungsunternehmens zu treten. Trotz aller neuen Möglichkeiten muss ein entsprechendes Angebot im leistbaren Rahmen bewahrt und ebenfalls weiterentwickelt werden.
Zusätzlicher Mehrwert für die Mieter – und dadurch Ertrag für das Wohnungsunternehmen – lässt sich durch innovative wohnungsnahe Services erzielen. Multimedia, Strom- und Wärmeversorgung, Handwerksleistungen, Versorgung, Gesundheit und Sicherheit sind Bereiche, in denen in Kooperation mit strategischen Partnern Dienstleistungsangebote zur Verfügung stehen.
Auf der Unternehmensebene gilt es, die Finanzierungsstruktur regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen und zu optimieren. In der aktuellen Niedrigzinsphase gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Kapitalkosten zu senken, sich langfristig zu günstigen Konditionen zu refinanzieren und die Finanzierungsquellen zu diversifizieren. Günstige Finanzierungskonditionen erhöhen die Profitabilität des Unternehmens. Eine klare, transparente Finanzkommunikation und ein entsprechendes Rating sind die Voraussetzungen für eine verhandlungsstarke Position am Finanzierungsmarkt und den Zugang zu allen wesentlichen Instrumenten.
Gute Finanzierungskonditionen setzen auch die Transparenz des Immobilienbestandes voraus. Diese lässt sich auch durch die Verbesserung der Dokumentation erhöhen. Der Marktwert von Immobilien, für die sämtliche Vertragswerke und Dokumente lückenlos in digitaler Form vorliegen, ist höher als bei lückenhafter Dokumentation, denn bei Letzterer werden beim Kaufpreis in der Regel Risikoabschläge vorgenommen, für die es ansonsten keinen Grund gäbe. Einwandfrei dokumentierte Immobilien können genauer bewertet werden und durch die Nutzung digitaler Datenräume lassen sie sich bei An- und Verkäufen einfacher, schneller und effizienter an neue Eigentümer übertragen. Auf dem Markt gibt es bereits einige Anbieter, die große Mengen an Akten schnell und kosteneffizient digitalisieren, die Daten extrahieren und strukturiert zur Verfügung stellen können.
Wertsteigernde Alternativen zu Akquisitionen und Wachstumschancen für Wohnungsunternehmen gibt es viele. Durch die voranschreitende Digitalisierung wird ihre Zahl weiter ansteigen. Inwieweit die neuen Chancen genutzt werden können, hängt letztendlich von der Bereitschaft ab, im Unternehmen eine Kultur der Innovation zu etablieren und neuen Ideen mit Offenheit, Neugier und Veränderungsbereitschaft entgegenzutreten – vom Management bis hin zum einzelnen Mitarbeiter vor Ort.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von LEG Immobilien AG
Erstveröffentlichung: LEG Wohnungsmarktreport NRW 2018