23.11.2017

Wertefundament als Erfolgsfaktor

Unternehmensführung in der Baubranche

Thorsten Krauß, CEO, UNDKRAUSS Bauaktiengesellschaft
Thorsten Krauß

Das Berliner Bauunternehmen UNDKRAUSS hat sich in rund 25 Jahren von einem 15-Mann-Trockenbau-Unternehmen zu einer Aktiengesellschaft mit 100 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von ca. 50 Millionen Euro entwickelt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Unternehmenskultur, die durch die zentralen Werte Klarheit und Offenheit geprägt ist – eine Ausnahme in der häufig undurchsichtigen Baubranche. Thorsten Krauß, Gründer und Vorstandsvorsitzender von UNDKRAUSS, erklärt in zehn Punkten den Zusammenhang zwischen konsequent gelebten Unternehmenswerten und dem Geschäftserfolg.

Das Bild der deutschen Bauwirtschaft fällt in der öffentlichen Wahrnehmung ambivalent aus: einerseits als bedeutende Stütze der Volkswirtschaft wertgeschätzt, prägen andererseits Korruption und Streit das Image der Branche. Richtig ist: In nur wenig anderen Wirtschaftszweigen kommen so viele Parteien bei einem Projekt zusammen wie in der Bauindustrie – teilweise sogar mehrere Unternehmen für ein einzelnes Gewerk. Aufgrund der großen Anzahl von Akteuren ist das Risiko für Konflikte groß. Um die stressfreie Baustelle zu schaffen und um Projekte seriös anzubieten und durchzuführen, muss im eigenen Unternehmen begonnen werden. Diese zehn Grundsätze haben sich unter den spezifischen Bedingungen der Baubranche als Erfolgsfaktor erwiesen:

  1. Leistungsgaranten Offenheit und Transparenz

Wenn in der öffentlichen Meinung Mauscheleien und Vertuschungen zum vermeintlichen Alltag am Bau gehören, müssen Offenheit und Transparenz die wichtigsten Werte für ein Bauunternehmen sein. Kunden müssen sich auf ehrliche Zusagen zu Preisen und Projektzeiten verlassen können: Hierbei hilft die Fixierung verbindlicher Kosten noch vor Vertragsunterzeichnung. Nach innen gilt es, unabhängig von Hierarchien Missstände anzusprechen und sich für das Gelingen jedes Projekts mitverantwortlich zu fühlen.

  1. Vernünftige Fehlerkultur

Aufgrund des Unikats-Charakters sind wenige Produktionsorte so fehleranfällig wie die Baustelle. Neben sorgfältig geprüften Materialien garantiert eine minutiöse Arbeit in der Regel ein geringes Fehlermaß. Fehler treten dennoch auf, ihre Folgen können aber durch rechtzeitige Kommunikation gemildert werden. Selbst im Fall gravierender Fehlberechnungen müssen Projekte zu einem qualitätsvollen Produkt reifen – ohne Vorwürfe, unter alleiniger Verantwortung des Bauunternehmers selbst.

  1. Gute Leistungen belohnen

Durch die Verknüpfung von Kalkulation, Handwerk und Ästhetik gestaltet sich die Bauindustrie komplexer als der reine Dienstleistungssektor und weite Teile des produzierenden Gewerbes. Die damit verbundenen Anforderungen müssen sich in attraktiven Löhnen und leistungsbezogenen Prämien widerspiegeln. Diese Prämien für hervorragende Arbeit sind ausnahmslos zu leisten – selbst bei fehlkalkulierten Projekten. Solche zusätzlichen Anreize beziehen natürlich auch die ausführenden Partner vor Ort ein: Gerade der aktuelle Personalmangel innerhalb der ausführenden Gewerke lädt dazu ein, feste und qualifizierte Kooperationsbetriebe durch Prämien an der gemeinsam geleisteten guten Arbeit teilhaben zu lassen.

  1. Einstimmigkeit auf der Führungsebene

Die Skandale der großen Konzerne haben gezeigt, dass das Modell eines patriarchalischen Vorstandsvorsitzenden ausgedient hat. Nachhaltiger Erfolg wird durch Teamarbeit generiert – ihr Garant ist eine mehrköpfige und heterogene Führungsebene, die sich selbst für ihre Entscheidungen das Prinzip der Einstimmigkeit auferlegt. Es ist naheliegend, dass zumindest Teile der Unternehmensführung praktische Erfahrung auf der Baustelle besitzen.

  1. Umsatzwachstum als falsche Triebfeder

Es gibt keine vernünftige Erklärung dafür, warum mehr Umsatz ein zentrales Unternehmensziel sein soll. Steht es an der Spitze der Agenda, ergibt sich automatisch eine Drucksituation. Die Folge können unseriöse Projektangebote sein.  Konzentriert sich ein Bauunternehmen hingegen auf die Qualität seiner Mitarbeiter und Produkte, führt die gute Reputation zwangsläufig zu steigender Nachfrage. Aber auch dann gilt: Ein Nein zu einem Auftrag ist besser als ihn wegen Überforderung mangelhaft durchzuführen oder ihn mit Dumpingangeboten zu bepreisen.

  1. Individuelle Ansprache

Die Bauindustrie muss sich zum Vorreiter der Teamkommunikation machen. Den Besprechungen auf der Baustelle muss gleichwohl die persönliche Ansprache vorangehen: Wenn der geplante Bau persönliche Wünsche des Kunden reflektieren soll, gilt es, ihn bestenfalls auch persönlich zu kennen – am Rande von Konferenzen, Branchenevents etc. Intern müssen wöchentliche Sitzungen der Projektteams und ausführliche jährliche Mitarbeitergespräche standardisiert sein, um eine wirklich konstruktive und offene Arbeitsatmosphäre zu schaffen.

  1. Werte gemeinsam entwickeln

Werte wandeln sich zwar, behalten jedoch ihren ursprünglichen Kern. Daher reicht es nicht, Unternehmenswerte einmal zu fixieren und dann unangetastet zu lassen. Ihre Anpassung an veränderte Gegebenheiten der Unternehmensstruktur, des Marktumfeldes und der gesellschaftlichen Entwicklung erfordert eine breite Debatte. Notwendige Foren für die Reflektion der Unternehmenswerte sind die Team- und Führungsbesprechungen, ergänzt durch eine aktive Pressearbeit, Mitarbeiterzeitschriften und Nachhaltigkeitsberichte. Und natürlich gehört hierzu auch die Einhaltung von gesellschaftlichen und gesetzlichen Normen wie die ehrliche Zahlung von Mindestlöhnen, keine Beschäftigung von Schwarzarbeitern, die sorgfältige Baustellensicherung und die Vergabe von Nachunternehmeraufträgen an Handwerksbetriebe aus dem geografischen Umfeld der Baustelle.

  1. Das Unternehmen vermitteln

Identifikation entsteht durch Wissen: je mehr Kenntnisse vorliegen, desto leichter fällt die Bindung. Große Bauunternehmen vereinigen unter ihrem Dach eine Vielzahl an Disziplinen und Kompetenzen: Architekten, Ingenieure, Kaufleute, Juristen, Bauleute, Handwerker etc. Monatliche Workshops für alle Mitarbeiter zu den diversen Tätigkeitsfeldern sind wesentliche Stützen für die Entwicklung eines gemeinschaftlichen Team- und Verantwortungsbewusstseins. Markenbildung in Form gelabelter Alltagsgegenstände – über den berühmten Firmenkugelschreiber hinaus – ist eine wichtige flankierende Maßnahme.

  1. Menschen zusammenführen

Sympathie ist fundamental für die gelungene Zusammenarbeit. Sie kann nicht Resultat eines rein professionellen Austauschs sein. Vielmehr sind Unternehmen allen voran in der Bauindustrie dazu aufgefordert, Mitarbeiter, Kunden, Geschäftspartner und Dienstleister bei Ausflügen, Events und Fachtagungen zusammenzuführen. Je vertrauter die menschliche Atmosphäre rund um ein Bauprojekt ausfällt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der Zufriedenheit bei allen beteiligten Akteuren.

  1.  Prozesse innovativ gestalten

Durch technische Neuerungen, die Digitalisierung, Änderungen des juristischen Umfelds und architektonische Trends weist die Baubranche im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen eine außerordentlich hohe Dynamik auf. Eigene Forschungslabore und der Blick auf internationale Branchentrends sind Faktoren, die für die Wettbewerbsfähigkeit von Bauunternehmen von zunehmender Bedeutung sind. Eine entscheidende Entwicklung jüngeren Datums ist das so genannte Partnering-Modell aus dem angelsächsischen Raum: Es sieht gemeinsame Bauteams zwischen Auftraggeber und Auftragnehmern vor. Die flächendeckende Implementierung dieses Modells in der deutschen Bauindustrie zählt zu den maßgeblichen Herausforderungen der kommenden Jahre.

Fazit

Wenn diese zehn Punkte im unternehmerischen Leitbild festgehalten und im täglichen Handeln gelebt werden, dürfte die Zufriedenheit und Identifikation von Mitarbeitern mit dem eigenen Unternehmen deutlich steigen und das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer von Partnerschaft und Vertrauen geprägt sein. Ich wünsche mir, dass viele Unternehmen unserer Branche nach diesen Werten arbeiten. Dies würde nicht nur den nachhaltigen Erfolg des einzelnen Unternehmens sichern, sondern auch das Bild und die Reputation der Baubranche in der öffentlichen Wahrnehmung nachhaltig verbessern.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von UNDKRAUSS Bauaktiengesellschaft
Erstveröffentlichung: Baugewerbe, November 2017

Konversation wird geladen