Umwandlungspotenzial und Modernisierungsbedarf am Büromarkt
Bürogebäude stehen öfter leer als früher. Wohnungen hingegen werden gebraucht. Zudem ist es aus ökologischen Gründen wünschenswert, wenn einmal errichtete Substanz erhalten bleibt. Aus dieser Gemengelage resultiert die Diskussion, ob demnächst vermehrt Büros zu Wohnungen umgebaut werden sollen. Und tatsächlich ist dies in einigen Fällen ein lohnenswertes Unterfangen.
Das gilt vor allem dort, wo in zentraler Lage bestehendes Baurecht bessere Ausnutzung des Grundstücks ermöglicht als bei einem möglichen Neubau. In der Regel sind die erforderlichen Eingriffe in die Gebäudegeometrie und Veränderungen in der Ausstattung jedoch so erheblich, dass ein Umbau kaum lohnt. Hinzu kommt, dass sich das Gros der gestrandeten Büros in abseitigen Gewerbelagen befindet, in denen kaum ein Mensch wirklich wohnen will. Ältere Baujahre und geringe Vermietungsstände von Büros sind somit keine hinreichende Grundlage, um Umwandlungen in Wohnen im großen Stil zu fordern.
Auch besteht in Zeiten von zunehmender Heimarbeit kein Grund, die Relevanz von Büroentwicklungen generell in Frage zu stellen – und stattdessen die Umwidmung von Flächen für den Wohnungsbau zu fordern. Es sei denn man will erreichen, dass Deutschland demnächst noch mehr wohnt und Arbeit als sozial schöpferische Tätigkeit kaum mehr stattfindet. Wir sind auf dem besten Wege dahin – und ich meine, die Immobilienentwickler sollten diesem Trend mit attraktiven Büros entgegenwirken und so zur Stärkung der Unternehmensidentitäten beitragen.
Denn es gibt zwar viele Mitarbeiter, die gern im Homeoffice arbeiten. Es gibt aber auch jene, die sich zunehmend isoliert fühlen, den Teamzusammenhalt schwinden sehen und sich deshalb wieder mehr Zusammensein mit ihren Kollegen wünschen. Laut einer Studie des Fraunhofer Instituts fühlen sich 44 Prozent der Befragten im Homeoffice einsamer als im Büro. Ihnen fehlt die Möglichkeit zum informellen Austausch, die maßgeblich für Ideenentwicklung und Produktivitätssteigerungen ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Aufeinandertreffens steigt, wenn Mitarbeiter mehrere Tage in der Woche mehrheitlich vor Ort sind. Entscheidend für den künftigen Unternehmenserfolg sind daher konkrete Gründe, wieder zurück ins Büro zu kommen.
Hier gibt es aktuell ein enormes Aufholpotenzial. Das Gros des deutschen Bürobestand hat seinen Zenit wohl leider hinter sich. Tatsächlich brauchen wir bessere Büros, in denen sich die Menschen wieder als Teil eines größeren Ganzen fühlen, für dessen Entwicklung sie sich mit ganzer Kraft einsetzten. Die Konzepte dafür sind längst da. Arbeitsorte, die den unkomplizierten Austausch, gemeinsame Erlebnisse und zwischenzeitliche Entspannung ebenso ermöglichen wie konzentriertes Arbeiten und die zugleich das Denken in Hierarchien und Zuständigkeiten minimieren, sind bereits im Entstehen oder schon gebaut.
Die große Welle bleibt jedoch bislang aus: Denn in vielen Unternehmen wartet man noch, auf eine Entscheidung, wie viel und welche Flächen in den kommenden Jahren noch benötigt werden. Dringend erforderliche räumliche Umstrukturierungen werden aufgeschoben – auch auf die Gefahr hin, dass dies zu Lasten des Zusammenhaltes und der Unternehmensentwicklung geht.
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Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, Oktober 2023