Ohne Augenmaß und Wirtschaftlichkeit keine Energiewende im Gebäudesektor
Hieß es im „Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz“ (NAPE) im Dezember 2014 noch „Freiwilligkeit und Wirtschaftlichkeit sind zu gewährleisten“ und man wolle die Ziele „Energieeffizienz im Gebäude voranbringen“, „Energieeffizienz als Rendite und Geschäftsmodell etablieren“, „Eigenverantwortlichkeit für Energieeffizienz erhöhen“ erreichen, hat man 15 Monate später das Gefühl, die Bundesregierung sieht Zwang und verordnete Anforderungsverschärfungen als einzigen Weg zum Gelingen der Energiewende im Gebäudebereich. Eine gefährliche 180-Grad-Drehung.
Nachdem mit der Einführung verpflichtender Energieaudits erste Punkte des NAPE umgesetzt wurden, folgte 2015 die Entwicklung der Energieeffizienzstrategie Gebäude (ESG) der Bundesregierung. Sie stellt eine Gesamtstrategie für den Gebäudesektor dar und versucht den Strom-, Wärme- und Effizienzbereich zusammenzuführen. Sie folgt noch dem Dreiklang aus „Informieren, Fördern und Fordern“ und zeigt einen Weg zu korridorartigen Lösungen auf.
Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung
Ferner begann im Sommer 2015 der sog. „Beteiligungsprozess zur Entwicklung des Klimaschutzplans 2050“ der Bundesregierung. Unter Einbeziehung von Verbänden, Kommunen, Ländern und Bürgern sollten in einem transparenten Verfahren sog. Maßnahmenvorschläge“ entwickelt werden, die die Bundesregierung in einen Klimaschutzplan 2050 aufnehmen könne. Der Prozess entpuppte sich mit zunehmender Dauer alseher intransparent und nicht zielführend. Vielmehr fanden sich in den gesammelten Maßnahmenvorschlägen, sowohl in den sektorübergreifenden wie auch in den gebäudespezifischen Maßnahmenvorschlägen immer mehr unrealistische und wirtschaftliche Grundsätze ignorierende Ansätze. Weder der im Gebäudebereich fundamentale Wirtschaftlichkeitsgrundsatz, der bislang in § 5 Abs. 1 Energieeinsparungsgesetz (EnEG) festgehalten ist, noch die Ansätze der Technologieoffenheit oder der Energieträgerneutralität wurden bei der Maßnahmenentwicklung ausreichend berücksichtigt.
Ganz im Gegenteil, viele der Maßnahmen zielen auf einen mehr oder minder direkt vorgeschlagen Sanierungszwang für Bestandsgebäude und noch höhere energetische Anforderungen an Neubauten. Auch fehlte im Diskussionsprozess ein ausreichend differenzierter Blick auf die unterschiedlichen Typologien des Gebäudebestandes. Es wurde von Seiten der den Prozess im Auftrag der Bundesregierung moderierenden Agentur im Ergebnis weder ausreichend transparent noch neutral durch den Prozess geführt. Regelmäßig wurden kritische Anmerkungen zu den Vorschlägen entweder gar nicht oder nur unzureichend protokolliert. Auch wurde während des Prozesses die zuvor als nicht veränderbar dargestellte Methodik des Vorgehens abgeändert. Immerhin, die zu Anfang als eine Maßnahme vorgeschlagene Möglichkeit Nebenkosten bei Mietern nur noch dann abrechnen zu können, wenn zuvor festgelegte Effizienzsteigerungen innerhalb eines Kalenderjahres erreicht würden, ist im Laufe des Prozesses untergegangen. Ein schwacher Trost, denn Ideen zur Lösung des Investoren-Nutzer Dilemmas fehlen völlig. Im Ergebnis stellt der am Ende des Prozesses vorgelegte Maßnahmenkatalog, der als Grundlage eines Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung dienen soll, immer noch eine unverhältnismäßig große Gefährdung für die Immobilienwirtschaft wie auch die gesamte deutsche Industrie dar.
Novellierung des Energieeinsparrechts
Im Koalitionsvertrag wie auch im NAPE wird ein ergebnisoffener Abgleich zur Zusammenlegung der Energieeinsparverordnung (EnEV) und des Gesetzes zur Förderung Erneuerbarer Energien im Wärmebereich (EEWärmeG) angesprochen. Das begrüßen wir im Kern sehr. Es wurde seitens der Bundesregierung nunmehr angekündigt das bisherige Energieeinsparrecht neu zu strukturieren, überraschenderweise jedoch innerhalb kürzester Zeit. Nach Aussagen der Bundesregierung soll das gesamte Gesetzgebungsverfahren noch vor der politischen Sommerpause 2016 übereilt abgeschlossen sein.
Grundsätzlich begrüßt der ZIA eine Kodifikation des bisherigen Energieeinsparrechts/Ordnungsrechts. Der ZIA ist jedoch der Auffassung, dass es einer grundlegenden mit Augenmaß geführten und sachorientierten Diskussion sowie Einbindung der Immobilienwirtschaft zur Fortschreibung oder Neufassung des Gebäude und Energieeffizienz betreffenden Energieeinsparrechts bedarf.
Es gilt politische Ziele wie den Klimaschutz, die Steigerung der Energieeffizienz, die zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien mit den Zielen der Immobilienwirtschaft, z.B. die Absicherung der Wirtschaftlichkeit von Sanierungsmaßnahmen, die Betrachtung des Lebens- sowie des Sanierungszyklus von Gebäuden, die Technologieoffenheit und eine Beibehaltung der Energieträgerneutralität sicherzustellen. Auch muss das Prinzip der Freiwilligkeit beibehalten werden und das Nutzerverhalten ist zu berücksichtigen. Bereits mit der letzten EnEV-Verschärfung sind oftmals nicht nur wirtschaftliche Grenzen, sondern auch technische Machbarkeitsgrenzen überschritten worden. Eine derartige grundlegende Neustrukturierung, wie sie der Bundesregierung vorschwebt, darf nicht übers Knie gebrochen werden, sondern muss sorgsam ausgearbeitet und abgewogen werden.
Fernwärme
Der Ausschuss EGT hat ferner in 2015 ein Positionspapier „Fernwärme stärken – Transparenz schaffen“ erarbeitet. Es zeigt Ansätze auf, den in dicht besiedelten Gebieten regelmäßig wichtigen Energieträger Fernwärme zukunftsfähig zu machen und wirbt für eine gestärkte und transparente Fernwärmeversorgung, mehr Energieeffizienz, Markttransparenz und Energieeinsparung.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: Geschäftsbericht ZIA 2016