23.02.2015

Was lange währt, wird endlich gut!?

Beitrag zur Energiewende durch neues Mietrecht

Dr. Johannes Niewerth, Partner, Gleiss Lutz
Dr. Johannes Niewerth

Mit einer Mehrheit im Bundesrat wollte die SPD die Reform des Mietrechts stoppen. Allen Unkenrufen zum Trotz hat der Bundesrat das Gesetz dann aber doch am 1. Februar gebilligt, da die neue rot-grüne Koalition in Niedersachsen trotz gewonnener Wahl noch nicht im Amt war, so dass das Gesetz am 1. Mai 2013 in Kraft treten konnte. Kaum ein Gesetzgebungsverfahren stand in der vergangenen Legislaturperiode so oft auf der Kippe wie das neue Mietrechtsänderungsgesetz. Der ZIA hatte sich bereits seit 2008 für Regelungen zur Reform des Mietrechts eingesetzt, die nun Gegenstand der Praxis geworden sind.

Im Kern geht es in dem Gesetz um eine Neuordnung der mietrechtlichen Bestimmungen zur energetischen Gebäudesanierung. In einem neuen Kapitel des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wurde grundsätzlich der bisherige Regelungsbereich der energetischen Gebäudemodernisierung zusammengefasst und umfassend überarbeitet.

Der Gesetzgeber hat hierdurch klar zum Ausdruck gebracht, dass dem Mietrecht bei der Verbesserung der energetischen Beschaffenheit des Mietwohnungsbestandes eine erhebliche Bedeutung zukommt und dass die bisherigen Regelungen nicht mehr zeitgemäß waren. Hierauf hatte der ZIA bereits seit 2008 hingewiesen. Im Koalitionsvertrag zwischen Union und FDP wurde dann 2009 der Grundstein für die Reform gelegt. Wesentlicher Bestandteil der Reform ist ein neu gefasster Begriff der energetischen Modernisierung (§ 555 b Nr. 1 BGB). Als Voraussetzung für die Modernisierungsmieterhöhung wird festgelegt, dass nur solche Maßnahmen zu einer Mieterhöhung führen können, die zu einer Endenergieeinsparung führen. Bisher war umstritten, welche Art der Energie, also End- oder Primärenergie, eingespart werden musste. Der Gesetzgeber hat dies zwar nun klargestellt, gleichzeitig aber den Anwendungsbereich der Modernisierungsumlage eingeengt, da der Begriff der Primärenergie deutlich weiter ist als der Begriff der Endenergie. Unter Endenergie ist nämlich die Menge an Energie zu verstehen, die der Anlagentechnik eines Gebäudes zur Verfügung stehen muss, um den für den Endverbraucher erforderlichen Energiebedarf zu decken. Primärenergie wird im Unterschied dazu dadurch bestimmt, dass nicht nur die an der Gebäudegrenze zu messende Energiemenge einbezogen wird, sondern auch die Energiemenge der vorgelagerten Prozesse zur Gewinnung und zum Transport. Die Pflicht des Mieters zur Duldung wurde dagegen mit Rücksicht auf die Energiewende erheblich erweitert und von der Mieterhöhungsmöglichkeit abgekoppelt. Die Duldungspflicht wird nunmehr bereits begründet, wenn die Maßnahme zu einer Primärenergieeinsparung führt oder dem Klimaschutz dient.

Erleichtertes Ankündigungsverfahren

Aus Sicht des ZIA ist das neu geregelte Verfahren zur Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen ein zentrales Element der Mietrechtsreform. Zwar muss die Modernisierung weiterhin gegenüber dem Mieter angekündigt werden, die inhaltlichen Anforderungen an das Ankündigungsschreiben wurden aber reduziert. So kann der Vermieter in Bezug auf die zu erwartende Energieeinsparung auf anerkannte Pauschalwerte verweisen. Wie bisher kann der Mieter Härtegründe gegen die bevorstehende Modernisierung und mögliche Mieterhöhung vortragen. Neu ist allerdings, dass der Mieter innerhalb von rund zwei Monaten reagieren muss; anderenfalls ist er mit seinen Einwänden ausgeschlossen. Hierdurch erhält der Vermieter deutlich mehr Planungs- und Rechtssicherheit. Spätestens mit Beginn der Baumaßnahmen ist der Vermieter auf der sicheren Seite, denn wirtschaftliche Härtegründe müssen spätestens bis zu diesem Zeitpunkt vorgebracht werden (§ 555 d Abs. 4 S. 2 BGB).

Keine Kürzung der Modernisierungsumlage

Während der parlamentarischen Verhandlungen hat sich der ZIA vor allem für die Beibehaltung der sog. 11-Prozent- Grenze eingesetzt. Opposition und Mieterbund wollten hingegen erreichen, dass lediglich 9 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete umgelegt werden können. Dies wäre jedoch ein völlig falsches Signal an die Investoren gewesen. Notwendige Investitionen wären ausgeblieben. Die Energiewende lässt sich nur umsetzen, wenn auch die Mieterseite einen entsprechenden Beitrag zu dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe leistet.

Mieterhöhung ohne Ankündigung

Voraussetzung für eine Mieterhöhung ist grundsätzlich ein ordnungsgemäßes Ankündigungsverfahren. Nach der neuen Regelung wird die höhere Miete aber auch dann fällig, wenn der Vermieter sich das Verfahren spart und gleich eine Sondermieterhöhung geltend macht. Hier gilt es aber abzuwägen, da sich die Fälligkeit der Mieterhöhung in diesem Fall um sechs Monate verschiebt.

Mietminderungsausschluss

Wenn die Reform des Mietrechts gescheitert wäre, wäre der Streit um den neu eingeführten Mietminderungsausschluss schuld gewesen. Hiernach führen Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs während einer zusammenhängenden Dauer von drei Monaten nicht zu einer Mietminderung, wenn die Beeinträchtigungen aufgrund einer Maßnahme eintreten, welche einer energetischen Modernisierung nach § 555 b Nr. 1 BGB dient. Der Mietminderungsausschluss wirft eine Vielzahl von rechtlichen Problemen auf, mit denen sich die Gerichte in Zukunft werden befassen müssen. Dies gilt vor allem für Abgrenzungsfragen, da andere Modernisierungsmaßnahmen, die im Maßnahmenbündel mit der energetischen Modernisierung erfolgen, nur schwer von der energetischen Modernisierung abzugrenzen sind.

Wer glaubt, dass sich die Immobilienwirtschaft diese Neuregelung gewünscht hat, der irrt. Aus Sicht der Branche wurde stets mehrheitlich vertreten, dass Mietminderungen bei einer umfangreichen Modernisierung wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallen.

Contracting

Nach dem neuen Mietrecht kann auch in laufenden Mietverhältnissen die Wärmeversorgung durch einen Dritten übernommen werden. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der Contractor eine neue Anlage einbaut und betreibt; vielmehr kann auch eine bestehende Anlage von dem Contractor für die Wärmeversorgung genutzt werden. Allerdings ist die Umstellung nur zulässig, wenn dies nicht zu einer Kostensteigerung für den Mieter führt. Ob die Maßgabe der Kostenneutralität umsetzbar ist, bleibt abzuwarten.

Alles in allem bietet das neue Mietrecht durchaus Anreize, die der Steigerung der Sanierungsquote dienlich sein werden. Die Arbeit des ZIA in Sachen Reform des Mietrechts hat sich also gelohnt.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2012/2013