Gezielte Investitionen in Modernisierungsmaßnahmen im Bestand
Angesichts steigender Wohnimmobilienpreise in vielen Städten und Regionen stellen sich immer mehr Bestandshalter in der Branche die Frage, ob sich Ankäufe dort überhaupt noch lohnen. Eine Alternative bieten Investitionen in den Bestand. Die damit erzielbaren Renditen liegen nicht nur viel höher als bei Ankäufen in teuren Lagen. Zusätzlich können Bestandsinvestitionen eine positive Wirkung auf die regionalen Wohnungsmärkte entfalten und den Unternehmenswert nachhaltig steigern, wie das Beispiel des börsennotierten Wohnungsunternehmens TAG Immobilien AG zeigt.
2016 sind Wohnungen und Häuser in Deutschland um durchschnittlich 6,6 Prozent teurer geworden – der stärkste Anstieg seit mindestens zehn Jahren. Das ist das Ergebnis des Immobilienpreisindex, für den der Verband Deutscher Pfandbriefbanken (vdp) jährlich Kaufverträge auswertet. Die steigenden Preise auf dem Immobilienmarkt bekommen aber nicht nur Mieter und Häuslebauer zu spüren. Auch für die Unternehmen der Branche, die gemeinhin als Profiteure dieser Entwicklung gelten, erweist sich das hohe Preisniveau zunehmend als Investitionshemmnis. Denn je höher die Investitionssumme liegt, desto geringer fällt die erzielbare Rendite, also die Relation der zu erwartenden Miet- und Kaufpreissteigerungen zum Einkaufspreis, aus. In Städten wie Frankfurt, München oder Düsseldorf haben die Kaufpreise bereits ein Niveau erreicht, das eine langfristig orientierte Bewirtschaftung nicht mehr attraktiv macht. Wohin aber sollen Wohnungsunternehmen ausweichen, ohne zu große Risiken einzugehen?
Eine Alternative zu teuren Ankäufen bieten Investitionen in die Bestandsmodernisierung. Diese Ausgaben, auch CAPEX genannt (englisch für capital expenditure), sind ein wirkungsvolles Mittel, um auch ohne große Ausgabenprogramme hohe Renditen zu erwirtschaften. Sie steigern den Wert des Portfolios und damit den des Unternehmens nachhaltig. Allerdings sollten Bestandshalter vor der Investitionsentscheidung den jeweiligen Bestand und regionalen Wohnungsmarkt genau analysieren. Denn CAPEX-Maßnahmen müssen zum Standort passen, um erfolgreich zu sein. Wie das gelingen kann, zeigt das Beispiel der TAG Immobilien AG (TAG), ein im MDAX gelistetes Wohnungsunternehmen. Das Unternehmen bewirtschaftet rund 83.000 Wohnungen im Großraum Hamburg und Berlin, in der Region Salzgitter sowie in Thüringen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen.
Moderate Investitionen mit großem Effekt
Insgesamt rund 71,5 Millionen Euro investierte die TAG im Jahr 2016 in Modernisierung und Instandhaltung ihres Portfolios – 15,41 Euro pro Quadratmeter – und realisierte damit auf Basis des vergleichbaren Portfolios (like-for-like) ein attraktives Mietwachstum von 3,7%. Der Anteil für die Modernisierung (CAPEX) bezifferte sich auf rund 46,5 Mio. Euro bzw. rund 10 Euro pro Quadratmeter (s. Tabelle). Mit diesen CAPEX wurden etwa je zur Hälfte größere Wohnanlagen (20,3 Mio. Euro) oder zuvor leer stehende Wohnungen (17 Mio. Euro) sowie zu einem geringeren Teil Wohnungen bei Mieterwechsel (9,2 Mio. Euro) modernisiert. Bei der Modernisierung des Leerstands – übrigens vollständig aus Eigenkapital finanziert – erzielte die TAG eine Anfangsrendite von durchschnittlich knapp 50 Prozent der Investitionskosten. Das heißt: Die Refinanzierung der Investition ist nach einfacher Rechnung innerhalb von zwei Jahren möglich. Im Vergleich dazu: Bei Ankäufen der TAG beträgt die durchschnittliche Anfangsrendite derzeit rund 8 Prozent. Aber auch Modernisierungen im bewohnten Zustand und bei Mieterwechsel erzielten mit durchschnittlich acht bis zehn Prozent eine vergleichsweise hohe Anfangsrendite – trotz der Beschränkungen, die aufgrund von Mietrecht, Kappungsgrenzen und ortsüblichen Marktmieten bestehen.
Der Beitrag von CAPEX zur Wertschöpfung zeigt sich auch beim Blick auf einige Kennzahlen des Unternehmens: 2016 hatten die CAPEX-Maßnahmen mit rund sieben Mio. Euro zum operativen Jahresergebnis (FFO I) in Höhe von 97 Mio. Euro beigetragen. Den weitaus größten Anteil daran hatte die Modernisierung der Leerstandswohnungen. Die CAPEX-Maßnahmen erwirtschafteten insgesamt ein zusätzliches Mietergebnis von 10,4 Mio. Euro, das etwa 4 Prozent der gesamten Mieteinnahmen im Jahr 2016 entspricht.
Maßnahme |
Investition in EUR Mio. |
Anfangsrendite (Durchschnitt) |
Großmaßnahmen (z.B. Modernisierung ganzer Wohnblöcke) |
20,3 |
10,0 % |
Modernisierung von Wohnungen |
|
|
|
17,0 |
47,5 % |
|
9,2 |
9,5 % |
Gesamte Modernisierungsaufwendungen |
46,5 |
|
FFO-Effekt in EUR Mio. |
7,1 |
|
Zusätzliches Mietergebnis in EUR Mio. |
10,4 |
|
Tabelle: CAPEX-Maßnahmen und ihr Effekt auf den FFO 2016 (Quelle: TAG Immobilien AG)
CAPEX als Teil der Unternehmensstrategie
Entscheidend für den positiven Effekt der CAPEX ist die Portfoliostrategie der TAG: Das Wohnungsunternehmen konzentriert seine Investitionen auf die A-Lagen der B-Städte bzw. die B-Lagen der A-Städte. Mit dieser sogenannten „ABBA-Strategie“ hat die TAG frühzeitig in Märkte investiert, die vor einem Jahrzehnt noch in der Anfangsphase ihrer Entwicklung standen. So wurde das Portfolio in den Jahren 2010 bis 2012 von etwa 4.000 auf nahezu 70.000 Wohnungen ausgebaut. Schwerpunkt dieses Wachstums waren Standorte in Ostdeutschland, die dem Unternehmen Investitionen in sehr guten Mikrolagen zu aus heutiger Sicht hoch attraktiven Kaufpreisen ermöglichten.
Heute profitieren von der wachsenden Wohnraumnachfrage zunehmend auch die kleineren und mittelgroßen Städte. In Chemnitz, Halle an der Saale oder Salzgitter ist der Bevölkerungsrückgang passé, die Städte wachsen wieder. Durch die steigende Nachfrage sind die Kaufpreise in vielen ostdeutschen Mittelstädten in den vergangenen fünf Jahren um bis zu 30 Prozent angestiegen, und auch die Mieten stiegen vielerorts um bis zu zweistellige Prozentbeträge. Gleichzeitig verfügen diese Städte noch über vergleichsweise hohe Leerstände, bei denen es sich häufig um ältere, nicht vermietbare Flächen handelt. Genau hier setzt die TAG mit gezielten Modernisierungsmaßnahmen an, um die Wohnungen attraktiver zu machen und so den Leerstand wirksam zu reduzieren. Innerhalb des vergangenen Jahres ist es dem Wohnungsunternehmen durch ein aktives Vermietungsmanagement und gestützt durch die CAPEX-Maßnahmen gelungen, die Leerstandsquote bei Wohnungen von 7,7 auf 6,1 Prozent zu reduzieren.
Besonders erfolgreich war der Leerstandsabbau in der Region Salzgitter. Hier verringerte sich die Zahl leer stehender Wohnungen im Unternehmensbestand innerhalb von nur zwölf Monaten von 12,1 auf 7,5 Prozent. Das Wachstum der regionalen Wirtschaft und der verstärkte Zuzug in die Stadt bildeten günstige Voraussetzungen für diesen Rückgang. Mit gezielten Investitionen in die Modernisierung gelang es, die Leerstandswohnungen wieder attraktiv zu machen und dem wachsenden Wohnungsmarkt in Salzgitter zur Verfügung zu stellen. 2016 investierte die TAG in der Region Salzgitter 7,8 Mio. Euro in CAPEX-Maßnahmen. Dieser Wert wurde im Gesamtportfolio nur noch von der Region Chemnitz mit 8,1 Mio. Euro übertroffen.
Nahaufnahme: Ein Beispiel aus Freiberg/Sachsen
Ein anderes Beispiel aus dem sächsischen Freiberg zeigt in der Nahbetrachtung, welche Wirkung CAPEX-Maßnahmen entfalten können. Die 40.000 Einwohner zählende Universitätsstadt im Erzgebirge gehört zu den aufstrebenden Mittelstädten in Ostdeutschland. 2014 erwarb die TAG dort die Wohnanlage „Am Mühlteich“ mit insgesamt 128 Wohnungen. Im Rahmen einer Innensanierung wurden sieben Wohnungen vollständig modernisiert. Sie erhielten neue Sanitärobjekte, Fußböden, Zimmertüren, Anstrich und Tapeten. Die Investitionssumme belief sich auf 9.600 Euro pro Wohnung und damit auf insgesamt 67.200 Euro. Finanziert hat die TAG diese Maßnahmen ausschließlich mit Eigenkapital. Alle Wohnungen konnten unmittelbar nach Abschluss der Sanierung, die pro Wohnung nur etwa vier Wochen dauerte, vermietet werden. Damit ging die Rechnung auch auf der Ertragsseite auf: Den investierten 67.000 Euro standen aufs Jahr gerechnet Einnahmen in Höhe von rund 33.000 Euro entgegen. Die erzielte Rendite belief sich somit auf nahezu 50 Prozent der Investitionssumme. Diese CAPEX-Maßnahme trug wesentlich dazu bei, dass der Leerstand in der gesamten Wohnanlage von anfänglich mehr als zehn Prozent zum Zeitpunkt des Ankaufs auf aktuell 2,3 Prozent zurückging. Die Mieten sind dafür in den vergangenen drei Jahren nur moderat gestiegen – insgesamt um durchschnittlich 32 Cent/m² auf aktuell 4,82 €/m² nettokalt. Dies entspricht einem jährlichen Mietenanstieg von etwas mehr als zwei Prozent. Ein Beleg dafür, dass die TAG wie auch andere große Wohnungsunternehmen keine „Luxussanierungen“ in ihren Beständen durchführen, sondern überwiegend das einfache bis mittlere Preissegment bedienen.
Fazit
Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Preisanstiegs in vielen Regionen stellen CAPEX eine interessante Alternative zu Ankäufen und Neubau dar. Das Beispiel der TAG Immobilien AG zeigt, dass selbst moderate CAPEX den operativen Unternehmenserfolg signifikant steigern und zu einer nachhaltig positiven Wertschöpfung im Unternehmen beitragen können – sofern sie strategisch und gezielt eingesetzt werden. Unter diesen Voraussetzungen ist internes Wachstum auch ohne große Investitionsprogramme möglich. Hier gilt die Regel: Viel investieren bringt nicht immer viel. Denn Investitionen in Bestände mit hohem Leerstand lohnen sich nur dann, wenn die einzelne Maßnahme zum jeweiligen Standort passt. Die Investitionsstrategie der TAG hat zudem den Effekt, dass die steigende Nachfrage nach Wohnraum bedient und Leerstände abgebaut werden. Das revitalisiert die Quartiere und stabilisiert die regionalen Wohnungsmärkte. Rund 1.000 vormals leerstehende Wohnungen für eine breite Bevölkerungsschicht führt die TAG derzeit jährlich dem Markt zu. Hier gehen wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung Hand in Hand.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von TAG Immobilien AG
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung, Dezember 2017