Was Anleger beachten müssen
Die Logistikimmobilie als Anlageklasse ist zwar komplex, andererseits schöpft sich gerade aus diesem Umstand ihr Potenzial, denn so bietet sie innerhalb des Logistikimmobiliensegments institutionellen Anlegern die Möglichkeit zur Diversifizierung. Mit entsprechendem Know-how bezüglich der unterschiedlichen Standortfaktoren und Anforderungen lässt sich hier eine durchaus positive Performance erzielen. Wichtigster Gradmesser ist die Akzeptanz der Kommunen. Je geringer die Akzeptanz, desto geringer der künftige Wettbewerb und das Vermietungsrisiko! Im Norden ist dabei die Akzeptanz aufgrund der wichtigen Seehäfen traditionell stark, was nach Süden hin abnimmt. Hier hingegen sind die Grundstückspreise höher, was sich an den Logistiknoten der Flughafenstandorte beobachten lässt. Schließlich gilt es, bei der klassischen Logistikimmobilie Abschied zu nehmen von üblichen Standards; vielmehr bieten unterschiedliche Leistungstiefen den Mehrwert.
Die Ausschüttungsversprechen festverzinslicher Anlageklassen sind im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld kaum noch zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund investieren institutionelle Anleger zunehmend auch in Immobilien. Mit ihnen lassen sich bei vergleichsweise moderatem Risiko noch hohe Renditen erzielen. Speziell Logistikimmobilien bringen oft eine bessere Performance als andere Nutzungsarten. Oftmals fehlt es Investoren jedoch an der nötigen Sachkenntnis, um Investments richtig beurteilen zu können.
Gradmesser für den Erfolg einer Logistikimmobilie
Die Bedeutung der Logistik wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Dafür sorgen nicht zuletzt die Wachstumszahlen im E-Commerce und die Einführungneuer Technologien im Zuge der Industrie 4.0. Anleger sind daher gut beraten, sich intensiv mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Es gilt, die Bedürfnisse der Kommunen mit den richtigen Standortfaktoren und schlussendlich den Bedürfnissen der Unternehmen in Einklang zu bringen. Ein erster wichtiger Gradmesser für den Erfolg einer Logistikimmobilie ist die Akzeptanz seitens der Kommunen. Ihnen obliegt die Planungshoheit mit Blick auf die unterschiedlichen Raumnutzungen. Besonders bei flächenintensiven Nutzungsarten wie Logistikimmobilien lassen sich aus der Akzeptanz wichtige Rückschlüsse auf die künftige Wettbewerbssituation am lokalen Markt ziehen. Häufig gilt: Ist die Akzeptanz gering, können Eigentümer von Logistikimmobilien mit weniger Neuausweisungen und daher auch weniger Wettbewerbern rechnen. Entsprechend sinkt das Vermietungsrisiko und es ist mit stabilen Erträgen zu rechnen.
Grundsätzliches Nord-Süd-Gefälle
Ob und wann Kommunen den Zuschlag erteilen, ist regional unterschiedlich und hängt vom Standort und der Infrastruktur ab. Grundsätzlich lässt sich dabei ein Nord-Süd-Gefälle beobachten: lm Norden ist die Akzeptanz der Logistikimmobilien traditionell stark. Dort erfüllen Seehäfen eine wichtige Gateway-Funktion: Über den Seeweg kommen Waren nach Deutschland und werden von den Häfen aus weiterverteilt. Umgekehrt nutzen zum Beispiel die Automobil- und Maschinenbauindustrie im Süden den Norden zum Export. Entsprechend hoch ist dort der Bedarf nach geeigneten Logistikzentren. Gerade in Hamburg, besonders aber in Bremen und Bremerhaven versprechen sich Kommunen zudem neue Arbeitsplätze und Steuereinnahmen durch Logistikansiedlungen. So müssen beispielsweise Logistikimmobilien im Hamburger Stadtgebiet je nach Größe eine Mindestzahl an qualifizierten Arbeitsplätzen schaffen, um eine Genehmigung zu erhalten.
West und Ost: Umschlagplätze und Güterverteilung
Ähnlich begehrt ist die Branche im Westen. In Nordrhein-Westfalen wurde zwischenzeitlich sogar mit Plakaten für neue Ansiedlungen geworben. Bisher werden viele westliche Ballungsgebiete über niederländische Logistikzentren etwa in Rotterdam versorgt. Ihr Vorteil: Die Umschlagplätze in den Niederlanden sind teilweise preislich günstiger als beispielsweise in Hamburg. Die Stärken des Ostens liegen hingegen in der Automobilindustrie, im E-Commerce sowie seiner Schlüsselfunktion für die Güterverteilung nach Osteuropa.
Produzierende Unternehmen in Süddeutschland
Ein gegenteiliges Bild zeigt sich im Süden Deutschlands. Dort präferieren Kommunen eher produzierende Unternehmen, idealerweise aus dem Hochtechnologiesektor. Das hat zwei Gründe: Zum einen wird die Logistikbranche häufig mit Niedriglöhnen in Verbindung gebracht - ein Trugschluss, zumal die Industrie immer häufiger Leistungen an Mehrwertlogistiker mit Sitz in Deutschland auslagert. Entsprechend wächst auch hier der Bedarf nach gut qualifizierten Arbeitskräften. Ein weiteres Vorurteil besagt, bei Logistikimmobilien handele es sich um Flächenfresser, die gute, vor allem landwirtschaftlich genutzte Böden verbrauchen. Dabei sind kleinere Lager je nach Zweck sogar sinnvoller, beispielsweise bei der Last-Mile-Logistik im E-Commerce oder als Pufferlager, um Überkapazitäten in Stoßzeiten managen zu können.
Grundstückspreise im Süden höher
Geht es um Grundstückspreise, verläuft das Gefälle in die genau entgegengesetzte Richtung. Das lässt sich sehr gut anhand der Logistikknoten deutscher Flughafenstandorte zeigen. So werden in Hamburg oder Berlin deutlich niedrigere Spitzenpreise für Grundstücke erreicht als im südlichen Stuttgart oder München. Selbst der Flughafen Frankfurt am Main, einer der größten Logistikknoten weltweit, bildet hier keine Ausnahme. An der hohen Nachfrage ändert das wenig. Noch immer gibt es Investoren, die per se den Süden favorisieren und dort entsprechend die Preise in die Höhe treiben. Das hat auch mit den Eigentumsverhältnissen am Grundstück zu tun. lm Norden sind Erbbaurechte oder Mietverhältnisse gängiger als im Süden. Manche Investoren schrecken hier zurück - auch wegen der Finanzierungsmodalitäten und weil sich lnvestmentprodukte abseits des Realeigentums vermeintlich schwerer weiterveräußern lassen. Vor allem Anleger aus Süddeutschland favorisieren (Stichwort: Häuslebauer-Mentalität) das klassische Eigentum. Ausländischen Investoren, beispielsweise aus Großbritannien, liegen Erbbaurechte oder Mietverhältnisse schon eher. Das hat historische Ursachen. In England wurden Grundstücke historisch bedingt häufig von der Monarchie zur Pacht oder im Erbbaurecht vergeben.
Anforderungen an die Logistikimmobilie
Geht es um die klassische Logistikimmobilie, richtet sich das Augenmerk vieler Investoren immer noch auf die Zahl der Rampen und, je nach regionalem Bedarf, auf die Multifunktionalität der Logistikimmobilie. Entspricht die Immobilie auf dem Papier nicht den üblichen Standards, wird ein lnvestment oft vorschnell gemieden. Dabei zeigt sich in der Praxis, dass Rampen in vielen Fällen sogar kontraproduktiv sind. So ist etwa in der produktionsnahen Logistik des Südens häufig eher eine ebenerdige Be- und Entladung über Rolltore von Vorteil. Lm Norden wird die ebenerdige Lösung vor allem für die Be- und Entladung sperriger Seecontainer gewünscht. Oftmals unterschätzt wird auch der Bedarf an Temperaturschleusen für den Maschinenbau, mit denen thermische Veränderungen bei sensiblem Lagergut überbrückt werden: Sinken die Außentemperaturen, kann das Lagergut in den Schleusen vorgeheizt werden, um schädliche Temperatursprünge zu vermeiden. Immer gefragter sind auch Schleppdächer, die je nach Zweck zehn bis 15 Meter vor
die Halle gezogen werden, um einen besseren Schutz vor der Witterung zu bieten. Hinzu kommen unterschiedliche Leistungstiefen, die den Nutzern oft einen Mehrwert bieten, der weit über die reine Lagerung und das Verteilen von Waren hinausgeht.
Mehr als nur lagern und verteilen
Das Spektrum reicht von der sogenannten Third-Party-Logistik, die komplexe Lieferketten sowie darüber hinausgehende Dienstleistungen umfasst, bis hin zur Fourth-Party-Logistik, für die keine Lagerhalle gebraucht wird, weil sie ausschließlich das Know-how etwa für das Fuhrparkmanagement oder das Rechnungswesen zur Verfügung stellt. Fest steht: Die Anlageklasse ,,Logistikimmobilie" ist komplex. Und eben vor diesem Hintergrund hat sie weiterhin Potenzial - auch, weil sie dadurch eine Diversifizierung innerhalb des Logistikimmobiliensegments erlaubt. Wie gut sich eine Investitionsentscheidung auswirkt, hängt jedoch davon ab, ob sich Anleger der unterschiedlichen Standortfaktoren und Anforderungen bewusst sind.
In Zusammenarbeit mit Stefan Harder, Bereichsleiter Industrie/Lager/Logistik, Grossmann & Berger GmbH
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Bankhaus Ellwanger & Geiger KG
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung Ausgabe 10/2015