Formen von Immobilien-Investmentfonds nach dem KAGB
Das KAGB stellt der Immobilien-Investmentfonds-Branche verschiedene Rechtsformen für Immobilien-AIFs zur Verfügung. Die wesentlichen Trennlinien verlaufen dabei zwischen offenen und geschlossenen AIFs sowie zwischen Publikums-AIFs und Spezial-AIFs.
Ein AIF ist ein offener AIF, wenn die Anleger oder Aktionäre mindestens einmal pro Jahr das Recht zur Rückgabe gegen Auszahlung ihrer Anteile oder Aktien aus dem AIF haben; Mindesthaltefristen und die Möglichkeit der Aussetzung oder Beschränkung der Rücknahme der Anteile oder Aktien werden hierbei nicht berücksichtigt. Alle AIFs, die nach diesen Grundsätzen nicht offen sind, sind geschlossene AIFs.
Ein Spezial-AIF ist ein AIF, in den nur professionelle Anleger (d.h. Anleger, die über ausreichende Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen, um ihre Anlageentscheidungen selbst treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen beurteilen zu können) und semiprofessionelle Anleger investieren dürfen. Semiprofessionelle Anleger sind Anleger, die (a) mindestens 10 Millionen Euro Investmentvermögen investieren oder (b) mindestens eine Investitionssumme von 200.000 Euro (aber weniger als 10 Millionen Euro) anlegen und die erklären, dass sie sich über die Risiken der Investition bewusst sind, wobei die KVG oder ihre Vertriebsgesellschaft den Sachverstand, die Erfahrung und die Kenntnisse des Anlegers zu bewerten hat. Mögliche Kriterien sind dabei die von diesem Anleger in der Vergangenheit getätigten Geschäfte, sein (materielles) Gesamtvermögen und seine berufliche Tätigkeit. Schließlich sind auch bestimmte Mitarbeiter und Geschäftsleiter von bestimmten AIF-Verwaltungsgesellschaften und Investmentgesellschaften semiprofessionelle Anleger, soweit sie in „ihre“ Gesellschaft bzw. Fonds investieren. Alle anderen AIFs sind Publikums-AIFs.
Geschlossene Rechtsformen
An geschlossenen AIFs stehen die Investmentkommanditgesellschaft (InvKG) sowie die Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital (InvAG mfK) zur Verfügung.
Die InvAG mfK ist im Kern eine „normale“ Aktiengesellschaft, auf die (mit einigen Ausnahmen) die Vorschriften des Aktiengesetzes anwendbar sind. Das Aktienrecht ist für seine Formstrenge bekannt, und insbesondere die rigiden Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften lassen die Rechtsform der InvAG mfK recht schwerfällig erscheinen. Auch eine Rückgabe der Anteile/Herabsetzung des Kapitals ist sehr aufwendig. Die InvAG mfK wird daher in der Praxis wohl nur für geschlossene Publikums-AIFs und auch dort sicher nur im Ausnahmefall in Betracht kommen, insbesondere dann, wenn die Anteile am AIF börsenfähig sein sollen.
Die flexiblere der beiden für geschlossene AIFs zur Verfügung stehenden Rechtsformen ist ohne Zweifel die (geschlossene) InvKG. Die InvKG ist eine Kommanditgesellschaft nach dem Handelsgesetzbuch. Für ihre innere Verfassung gilt das HGB, stellenweise modifiziert durch das KAGB. Die Anleger sind an der InvKG direkt als Kommanditisten beteiligt; bei einer Publikums-InvKG kann die Beteiligung auch mittelbar über einen Treuhandkommanditisten erfolgen.
Offene Rechtsformen
Nach dem ersten Entwurf des KAGB waren zunächst gar keine offenen Immobilien-AIFs vorgesehen. Insbesondere sollten auch die bisher durch Investmentgesetz regulierten Immobilien-Sondervermögen zukünftig nicht mehr zulässig sein. Begründet wurde dies unter anderem mit dem Argument, dass illiquide Vermögenswerte wie Immobilien für einen offenen Fonds nicht geeignet seien. Diese geplante Abschaffung des Produkts offenes Immobilien-Sondervermögen ist in der Branche auf viel Unverständnis gestoßen und wurde im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren revidiert.
Offene Immobilien-AIFs sind damit nun auch nach KAGB zulässig, augenscheinlich jedoch nur als Immobilien-Sondervermögen, und zwar sowohl als Publikums-Sondervermögen als auch als Spezial-Sondervermögen.
Die Regelungen für die Immobilien-Sondervermögen nach dem KAGB entsprechen im Großen und Ganzen den Regelungen des Investmentgesetzes in seiner letzten Fassung.
Bewertung und Vergleich der verschiedenen Rechtsformen
Publikums-AIFs können als Sondervermögen (offen) oder als InvKG oder InvAG mfK (beide geschlossen) aufgelegt werden. Mangels Börsenfähigkeit der Kommanditanteile (bzw. der Rechte gegenüber dem Treuhandkommanditisten) wird die Wahl bei der Auflage eines Publikums-AIFs regelmäßig zwischen der Rechtsform des Sondervermögens und der InvAG mfK zu treffen sein. Da die Verkehrsfähigkeit der Anteile eines Sondervermögens nach den Regelungen des KAGB im Vergleich zum Investmentgesetz schon stark herabgesetzt ist, wird die Möglichkeit einer Veräußerung der Anteile über die Börse möglicherweise in der Zukunft eine verstärkte Bedeutung erlangen.
Bei Spezial-AIFs wird die Anzahl der AIFs in der Rechtsform der InvAG mfK sicher sehr überschaubar bleiben. Diese Rechtsform ist im Vergleich zur InvKG wesentlich unflexibler und hat gegenüber dieser im Spezialfondsbereich keine erkennbaren Vorteile.
Bei einem Vergleich des Spezial-Sondervermögens mit der geschlossenen InvKG hat die InvKG zunächst Vorteile, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung. Während für die Spezial-Sondervermögen weiter eine Finanzierungs- und Belastungsgrenze von 50% gilt, unterliegt die InvKG keiner starren Finanzierungsgrenze, so dass, soweit die BaFin nicht im Einzelfall eine Beschränkung des Leverages verfügt, Spezial-AIFs mit einem Leverage von mehr als 50% möglich sind.
Die InvKG ist zudem rechtsfähig und kann Träger von Rechten und Pflichten sein. Die Vermögenswerte des AIFs können daher im Fall der InvKG von der InvKG selbst erworben werden. Die InvKG kann auch selbst die zur Finanzierung notwendigen Darlehen aufnehmen. Bei Sondervermögen ist das weiter durch die KVG durchzuführen, die damit auch den Vertragspartnern aus den entsprechenden Verträgen haftet. Die Rechtsform bietet somit sowohl der KVG (keine eigene Haftung) als auch den Anlegern (z.B. flexiblere Finanzierung) gegenüber dem Sondervermögen Vorteile.
Anteile an einem Sondervermögen sind dafür allerdings liquider als Kommanditanteile an der geschlossenen InvKG, was für manche Anlegergruppen, insbesondere Versicherungen, aufgrund der Regelungen des § 54 Versicherungsaufsichtsgesetz möglicherweise ein wichtiges Argument sein wird.
Hinzu kommt eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Anteilen an einem Sondervermögen und Kommanditanteilen an einer InvKG. Trotz leichter Vorteile einer InvKG im Hinblick auf die praktische Handhabbarkeit dieser Rechtsform steht zu erwarten, dass bestimmte Anlegergruppen aus regulatorischen und/ oder steuerlichen Gründen weiter eine Anlage in Anteilen an Sondervermögen bevorzugen werden.
Gemischte Immobilienfonds in der Rechtsform der offenen Spezial-lnvKG
Offene inländische Investmentvermögen, die das bei ihnen angelegte Geld in Immobilien anlegen, dürfen nur als Sondervermögen aufgelegt werden, § 91 Abs. 3 KAGB. Die Definition von Immobilien hat sich im Vergleich zur Definition des Investmentgesetzes nicht verändert und umfasst nach wie vor „Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und vergleichbare Rechte nach dem Recht anderer Staaten“.
Ein Immobilien-AIF in der Rechtsform einer offenen Spezial-InvKG erscheint damit nicht möglich. Dabei würde diese Rechtsform jedenfalls einen großen Teil der Vorteile der offenen und der geschlossenen Rechtsformen in sich vereinen. Als InvKG hätte ein solcher Spezial-AIF Rechtsfähigkeit und unterläge nicht den Bestimmungen über die Finanzierungsgrenzen für Sondervermögen, sondern den ungleich flexibleren allgemeinen Bestimmungen für Spezial-AIFs. Gleichwohl wäre ein solcher AIF jedoch ein offener Fonds und als solcher für viele Anlegergruppen in regulatorischer Hinsicht besser geeignet als die geschlossene InvKG.
Obwohl dies möglicherweise nicht die Intention des Gesetzgebers war, erscheint ein solcher AIF jedoch nach dem Wortlaut des Gesetzes möglich, wenn die Anlagebedingungen des AIFs entsprechend gefasst werden.
Unzulässig sind gemäß § 91 Abs. 3 KAGB offene InvKGs, die das angelegte Geld in Immobilien anlegen. Fraglich ist, ob damit „nur in Immobilien“ oder „auch in Immobilien“ anlegen gemeint ist.
Die besseren Argumente sprechen dabei für Ersteres. Anders als für Publikums-AIFs gibt es für Spezial-AIFs keinen Numerus clausus von Arten (für Publikums-AIFs in § 214 KAGB geregelt) und zulässigen Anlagegegenständen. Hinsichtlich Letzterem bestimmt das Gesetz lediglich, dass der Verkehrswert der Anlagegegenstände ermittelbar sein muss und dass diese nach dem Grundsatz der Risikomischung und im Einklang mit den Liquiditätsanforderungen des AIFs im Bestand zu halten sind. Letzteres wird man dabei dem hier diskutierten „gemischten Immobilienfonds“ nicht per se absprechen können, erklärt doch das Gesetz auch (offene) Immobilien-Sondervermögen prinzipiell für zulässig.
Da ein solcher AIF wegen der Regelung des § 214 KAGB auch nur als Spezial-AIF möglich wäre, ist auch aus Anlegerschutzgründen keine einschränkende Gesetzesauslegung angezeigt. Schließlich würde eine einschränkende Auslegung dazu führen, dass allgemeine offene AIFs, auch Spezial-AIFs, überhaupt keine Immobilien erwerben dürften, auch nicht im geringen Umfang zur Beimischung. Eine solche Intention des Gesetzgebers lässt sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus der Gesetzesbegründung ableiten.
Vor diesem Hintergrund erscheint daher ein AIF in der Rechtsform der offenen Spezial-InvKG möglich, der nach seinen Anlagebedingungen neben Immobilien auch in weitere Vermögensgegenstände investiert. Zu denken wäre dabei z.B. an Darlehensforderungen aus Immobilienfinanzierungen, Genussrechte an Immobiliengesellschaften und insbesondere an Immobilien, die über steuerlich optimierte Treuhandstrukturen, z.B. Jersey-Funds oder australische MIT-Strukturen, gehalten werden. Solche Treuhandstrukturen gelten nicht als Immobilien und häufig auch nicht als Immobiliengesellschaften und waren daher nach bisheriger Rechtslage als Anlagegegenstände für Immobilien-Sondervermögen unzulässig.
Ein solcher AIF, der offen und als InvKG selbst rechtsfähig ist, dabei keinen starren Finanzierungsgrenzen unterliegt und in alle Arten von immobilienbezogenen Vermögensgegenständen investieren darf, könnte für viele Anleger interessant sein.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von King & Spalding LLP, Frankfurt am Main
Erstveröffentlichung: Deutscher AnwaltSpiegel Spezial-Immobilienkapitalmarkt 2013