Rechnungsmanagement in der Immobilienbranche
Liquidität ist für Unternehmen nicht nur in Zeiten von Corona essenziell und muss schnell und effektiv gesichert sein. Zentralisierte Dokumente, die auch im Home-Office jederzeit verfügbar sind, spielen dabei eine ebenso große Rolle wie die effiziente Bearbeitung von Rechnungen. Doch damit sieht es in der deutschen Immobilienwirtschaft schlecht aus: Wie das Beratungsunternehmen RUECKERCONSULT in einer im April veröffentlichten Umfrage ermittelte, bewertet ein Großteil der Unternehmen – darunter Projektentwickler, Bestandshalter, Property Manager und Bauunternehmen – das eigene Rechnungsmanagement als mäßig bis wenig effizient.
Ineffizientes Rechnungsmanagement deutscher Immobilienunternehmen
Das Gros zahlreicher Prozesse des Rechnungswesens in deutschen Immobilienunternehmen wird heute noch manuell abgewickelt. Medienbrüche zwischen Papier und Datei bzw. ERP und Software bestimmen das Bild. Im händischen Rechnungsworkflow vergehen zwischen dem Eingang der Belege und der Auszahlung Erhebungen zufolge manchmal bis zu 50 Tage. Manuelle Datenextraktion und -anreicherung, die Kontierung anhand von unübersichtlichen Excellisten und eine teils mehrstufige interne Prüfung – all dies verursacht in den meisten Unternehmen einen enormen Zeit- und Kostenaufwand. Dies nehmen die Unternehmen auch selbst wahr. Nur 38 Prozent beurteilen den Verarbeitungsprozess von Rechnungen im eigenen Haus als gut oder sehr gut. Mehr als die Hälfte nutzt nach eigenen Angaben Microsoft Office oder SAP, der Rest greift auf eigene Lösungen zurück. Diese scheinen jedoch nur bedingt zu funktionieren: Nur jedes dritte Unternehmen ist mit der jeweils genutzten Software zufrieden.
Rechnungsflut verschlingt Personalkapazitäten
Traditionelle, manuelle Lösungen werden dem gestiegenen Rechnungsvolumen in der Immobilienwirtschaft nicht mehr gerecht. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen verzeichnet bis zu 500 Eingangsrechnungen monatlich, jedes Dritte sogar 500 bis 3.000. So ist es nicht verwunderlich, dass das Rechnungswesen auch ein enormes Fehlerpotenzial birgt. Schon jetzt nimmt das Rechnungsmanagement durch den aufwendigen manuellen Prozess erhebliche Personalkapazitäten in Anspruch. In jedem dritten Unternehmen sind fünf bis zehn Prozent der Beschäftigten mit Eingangs- und Ausgangsrechnungen beschäftigt. Ganze 13 Prozent der befragten Unternehmen investieren dabei über 500 Stunden pro Monat in das Rechnungsmanagement.
Künstliche Intelligenz als möglicher Ausweg
Eine mögliche Lösung für ein effizientes Rechnungsmanagement bildet spezialisierte Software auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI). Diese Tools überprüfen und sortieren mittels KI die eingehenden Dokumente und erstellen Vorschläge zur Weiterverarbeitung und Kontierung. Der Einsatz KI-basierter Systeme ermöglicht, Beispielrechnungen aus der Praxis zufolge, bis zu 85 Prozent Zeitersparnis, bis zu 75 Prozent geringere Kosten pro Beleg und bis zu 50 Prozent weniger Mahnungen durch verzögerte Abläufe. Und – essenziell in den vergangenen Monaten – das alles ist auch aus dem Home-Office problemlos möglich.
KI ist das geeignete Instrument zur sortierten Aufbereitung aller vorhandenen Daten. Erst die intelligente Kategorisierung und Ablage hebt die bis dato versteckten und ungenutzten Datenschätze. Gerade das Rechnungsmanagement ist ein geeigneter Startpunkt für Unternehmen, in denen die Digitalisierung noch in den Kinderschuhen steckt. Repetitive Prozesse und eine einheitliche Dokumentenstruktur sind die ideale Basis für KI-basierte Lösungen, die einen großen Pool an Trainingsdaten benötigen. Mit jeder eingespielten Rechnung steigert sich die Effizienz der Technologie, dank maschinellen Lernens.
Die Corona-Krise deckt - mehr denn je - den großen Digitalisierungs(nachhol)bedarf in vielen Teilen der deutschen Immobilienwirtschaft auf. Doch sie hat auch etwas Gutes: Digitale Lösungen haben in den vergangenen Monaten durch radikal veränderte Arbeitsbedingungen an Akzeptanz gewonnen. Smarte Lösungen dafür sind längst verfügbar – sie müssen „nur noch“ etabliert werden.
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Erstveröffentlichung: Juli 2020 in "IVV - Immobilien vermieten & verwalten"