Warum Versicherer Immobilien-Spezialfonds lieben
Immobilien-Spezialfonds und Versicherungen passen aus vielen Gründen gut zusammen: Das Vehikel erfüllt alle spezifischen Anforderungen der Assekuranz hinsichtlich Regulierung, Mitspracherechte, Reporting und Flexibilität. Besonders wichtig im Niedrigzinsumfeld: Die Fonds dürfen fremdfinanzieren und können so die Rendite erhöhen.
Das anhaltende Niedrigzinsumfeld stellt für Versicherer eine erhebliche Herausforderung dar. Die Assekuranz reagiert darauf mit einem regelrechten Run auf Immobilien. Laut Ernst & Young stieg die aufsichtsrechtliche Immobilienquote von 6,1 Prozent im Jahr 2011 auf 9,3 Prozent im Jahr 2016. Von den 9,3 Prozent entfallen 7,3 Prozent auf direkt gehaltene Immobilien und 2,0 auf indirekte Immobilieninvestments. In absoluten Zahlen hält jede Versicherung laut Ernst & Young im Durchschnitt Immobilien im Volumen von 3,5 Milliarden Euro, davon entfallen rund 750 Mio. Euro auf indirekt gehaltene Immobilien. Diese Entwicklung dürfte sich weiter fortsetzen. Fast alle Versicherungen erwarten laut Ernst & Young ein lang anhaltendes Niedrigzinsumfeld.
Bei den indirekten Immobilieninvestments ist ein Vehikel bei der Assekuranz mit Abstand am beliebtesten: der offene Immobilien-Spezialfonds (Spezial-AIF) nach deutschem Recht. 50 Prozent aller von Ernst & Young befragten Versicherungen gaben an, 2016 in Immobilien-Spezialfonds investieren zu wollen. Zum Vergleich: In offene Immobilien-Spezialfonds nach Luxemburger Recht wollen nur 25 Prozent der Versicherungen investieren. Warum sind die offenen Immobilien-Spezialfonds so beliebt?
Der vielleicht wichtigste Grund dafür ist, dass Versicherer bei indirekten Immobilieninvestments einen großen Vorteil haben, der die Rendite pusht: Die Fonds arbeiten mit Fremdkapital und dürfen laut Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ihre Investments bis zu 50 Prozent fremdfinanzieren. Halten die Versicherer die Immobilien direkt, dürfen sie – von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen – nur Eigenkapital einsetzen. Dies drückt die Rendite der Direktanlagen und ist ein starker Anreiz, in Spezialfonds zu investieren.
Standardisierte Anlagebedingungen erleichtern den Versicherern die Investition
Ein weiterer großer Vorteil des Immobilien-Spezialfonds ist, dass das Vehikel mit dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) und der Anlageverordnung (AnlV) konform ist. Die Anbieter von offenen Immobilien-Spezialfonds verwenden eine standardisierte Anlegervereinbarung und standardisierte Anlagebedingungen, die das Rechtsverhältnis zwischen Fonds und dem Anleger regeln. Diese Dokumente sind VAG-konform und basieren auf Mustern, die zudem auch mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgestimmt sind. Das heißt: Die Versicherungen haben es mit einem bekannten Investment zu tun, das alle für sie relevanten regulatorischen Anforderungen erfüllt. Langwieriger Prüfaufwand, ob sie überhaupt in die Struktur investieren dürfen, entfällt.
Im Kern legen die Anlagebedingungen u.a. folgendes fest: Eine konkrete Auflistung der zugelassenen Vermögensgegenstände, Vorgaben zur Kreditaufnahme (gesetzliche Grenze bei 50 Prozent), Grenzen zur Anlage in Derivaten sowie Regelungen zur Ausschüttung. Zudem gibt es genaue Vorgaben zur Mindestrisikostreuung, zu den Modalitäten der Anteilscheinrücknahme und eine abschließende Aufstellung aller Vergütungen, die die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) vom Fonds erhält.
Solvency II zählt Spezialfonds zur Immobilienquote und begünstigt sie damit
Neben dem VAG ist für die Assekuranz auch das europäische Regelwerk für Versicherungen, Solvency II, von sehr großer Relevanz. Solvency II legt das Eigenkapital fest, das die Versicherer als Risikopuffer für ihre Investitionen vorhalten müssen. Grundsätzlich gilt: Je höher die Risikopositionen, desto unattraktiver das Investment, weil es mehr Eigenkapital bindet. Offene Immobilien-Spezialfonds fallen qua Vehikel in die Immobilienquote des Sicherungsvermögens der Versicherungen. Dies ist ein Vorteil, denn die Eigenkapitalunterlegung beträgt dann 25 Prozent auf den Nettovermögenswert. Zum Vergleich: Andere Anlageklassen wie beispielsweise Aktien müssen mit 39 Prozent oder sogar mehr Eigenkapitalunterlegt werden.
KAGB-Regulierung minimiert Risiken
Neben dem VAG und Solvency II auf Versicherungsebene ist das KAGB auf Fondsebene das grundlegende Regelwerk, das den rechtlichen Rahmen vorgibt. Aus Sicht der Versicherer hat das KAGB mit seinen umfassenden Vorgaben einen stark risikominimierenden Effekt. So ist das Vermögen des Fonds bei Insolvenz der KVG gesichert. Darüber hinaus reduziert die Verwahrstellenpflicht das Risiko. Diese sieht vor, dass alle Vermögensgegenstände eines Fonds von der Verwahrstelle kontrolliert und alle Geschäftsvorgänge genehmigt werden müssen. Beispielsweise tragen alle Konten und Grundbücher des Fonds einen Sperrvermerk der Verwahrstelle. Über das Vermögen kann nur mit Zustimmung der Verwahrstelle verfügt werden. Des Weiteren sieht das KAGB vor, dass die Manager der KVG aufsichtsrechtlich zertifiziert sind und dass die KVG ein umfassendes internes Risikomanagement vorhält. Dies bedeutet, dass Risiken kontinuierlich identifiziert, gemessen, überwacht und gesteuert werden müssen. Auf organisatorischer Ebene heißt das für die KVG, dass sie ein Internes Kontroll System (IKS) vorhalten muss. Dieses fußt auf vier Säulen: Ein Compliance-, ein Geldwäsche- und ein Datenschutzbeauftragter sowie eine Interne Revisionsfunktion. Diese umfassenden Vorgaben aus dem KAGB führen unter dem Strich zu einer sehr großen Akzeptanz der Immobilien-Spezialfonds bei Versicherungen.
Gebühren bei Spezialfonds im Vergleich niedrig
Ein weiteres Argument pro Immobilien-Spezialfonds sind die Gebühren. Die laufenden Verwaltungskosten sind im Vergleich zu anderen Immobilienfondsgattungen – beispielswiese offene Immobilienpublikumsfonds oder geschlossene Publikums-AIF – niedrig. Zudem entfallen die hohen Ausgabeaufschläge bzw. anfänglichen Weichkosten. Vielleicht noch wichtiger aus Sicht der Investoren ist jedoch, dass sie bei der Gebührengestaltung mitverhandeln können. Dies führt dazu, dass die Gebühren oft so gestaltet sind, dass eine hohe Interessensgleichheit zwischen Investor und Fondsanbieter besteht. In der Praxis heißt das: Die KVG bekommt nur eine Vergütung, wenn der Fonds wie versprochen performt. Dies kann auch sehr nachhaltig vereinbart werden, beispielsweise dergestalt, dass die gesamte Vergütung überhaupt erst nach Beendigung des Fonds an den Anbieter fließt.
Versicherer wollen Mitsprache
Neben den Gebühren sind für die Versicherungen die Mitspracherechte im Fonds von großer Bedeutung. Generell findet die Mitsprache der Anleger über den Anlageausschuss statt. Je nach Anlegeranzahl im Fonds haben dort entweder alle Anleger oder nur die großen Anleger Sitz und Stimme. Der Ausschuss stimmt in der Regel allen Ankäufen, Verkäufen, der Aufnahme von Fremdkapital sowie allen größeren baulichen Maßnahmen – beispielsweise einer Nachverdichtung oder einem Refurbishment – zu. Wesentlich ist zudem die Mitbestimmung über die Auszahlungen. Wir beobachten derzeit den Trend, dass das Bedürfnis nach Mitsprache bei Versicherungen erheblich zunimmt. Tendenziell werden die Mitbestimmungs- und Informationsrechte immer ausgiebiger wahrgenommen. Dies geht soweit, dass die Versicherungen einzelne Immobilien vor dem Ankauf besichtigen.
Des Weiteren schätzt die Assekuranz die große Flexibilität von Immobilien-Spezialfonds, was die Anzahl der Investoren angeht. Beispielsweise sind Individualfonds für nur einen Investor möglich. Bei einem Individualfonds setzt ein spezialisierter Fondsanbieter eine vorher abgestimmte Strategie für diesen Investor um. Fonds mit den oben beschriebenen umfangreichen Mitsprache- und Kontrollrechten lassen sich am ehesten mit einer Anzahl von weniger als zehn Investoren realisieren. Vor allem Versicherungen investieren gerne in Fonds, mit einer kleinen Anzahl von Co-Investoren, die aber alle aus dem Versicherungsbereich stammen. Eine wichtige Rolle spielt dabei oft, dass sich die handelnden Personen auf Investorenseite persönlich kennen. Bei Fonds mit mehr als zehn Investoren kann sich die Mitsprache der Investoren komplizierter gestalten.
Reportings auf Versicherer zugeschnitten
Die Fondsanbieter haben sich auch bei der Gestaltung ihrer Reportings auf die Anforderungen von Versicherern eingestellt. In der Vergangenheit handelte es sich dabei um das so genannte VAG-Reporting, dies wird jedoch vom Solvency-II-Reporting abgelöst. Die Deutsche Investment KVG erstellt derzeit beispielsweise noch beide Reporting-Typen. Das Solvency-II-Reporting verwendet die Assekuranz dann wiederum für ihr Reporting, das sie an die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde (EIOPA) leiten muss. Auch für das Solvency-II-Reporting hat der BVI gemeinsam mit anderen Verbänden Templates entwickelt, die die Spezialfondsanbieter nutzen (Tripartite-Templates). Das Reporting ist sehr umfangreich und umfasst alle Vermögenspositionen des Fonds (Look-Through-Ansatz). Dazu zählen u.a. alle Immobilien, jedes einzelne Darlehen, die liquiden Mittel, alle Forderungen etc..
Wir sehen seit einigen Jahren einen Trend zu einer stärkeren Diversifikation der Spezialfondslandschaft. Es gibt vermehrt Anbieter, die Fonds mit nur einer Nutzungsart anbieten, also reine Büro-, Einzelhandels- und Wohnimmobilienfonds. Zudem gibt es auch Nischenfonds, die zum Beispiel nur in Parkhäuser, Hotels oder Logistikobjekte investieren. Institutionelle können die Beteiligungen dann nach dem „Bausteinprinzip“ kombinieren. Wir beobachten, dass bei Versicherungen derzeit vor allem Wohnimmobilien im Fokus stehen und auch – nach einer eher schwächeren Phase – verstärkt wieder Büroimmobilien.
Insgesamt passen Versicherungen und offene Spezialfonds sehr gut zusammen. Die Fonds erfüllen die umfassenden regulatorischen Voraussetzungen, die die Assekuranz benötigt. Zudem wollen viele Versicherer sich nicht selbst um die Verwaltung der Immobilien kümmern – sei es weil es Ihnen zu aufwändig ist, sei es, weil sie nicht über die personellen Ressourcen und das Know-how verfügen. Der vielleicht wichtigste Grund für Versicherungen, weiter in Spezialfonds zu investieren, ist jedoch der Renditedruck, unter dem sie stehen. Spezialfonds können durch ihre Flexibilität – insbesondere durch die Möglichkeit, Fremdkapital einzusetzen –, moderne Strukturen und ein spezialisiertes Management höhere Renditen erzielen als andere Vehikel und Direktinvestments.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Deutsche Investment Kapitalanlagegesellschaft
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung, August 2016