26.07.2016

Vergesst die Bürogebäude nicht!

Innovation und Attraktivität als Schlüssel

Andreas Wende, Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Büroimmobilien; COO and Head of Investment, Savills plc
Andreas Wende

Der neueste Ausschuss des ZIA bündelt nunmehr die Themen, die von Beginn an auch im Focus des Verbandes lagen: Die Büroimmobilien. Dabei zeigen die aktuellen Trends der Immobilienwirtschaft deutlich, dass sich der ZIA auch hier noch weiter einbringen muss, damit die Büroimmobilien nicht vergessen werden – obwohl diese sowohl aus der Investmentsicht als auch aus der kommunalpolitischen oder stadtentwicklungspolitischen Perspektive wichtige Rollen übernehmen.

Büroimmobilien – Investmentobjekt, Produktionsfaktor und Arbeitsplatz Im Februar 2016 trat zum ersten Mal der jüngste ZIA-Ausschuss für Büroimmobilien in Berlin zusammen, um in Zukunft gemeinsam die hohe Bedeutung mit mannigfaltigen Bezügen zur Volkswirtschaft aufzuzeigen. Mehr als 14 Millionen Deutsche arbeiten in Büros. Das heißt: Jeder dritte deutsche Erwerbstätige ist Büronutzer. Und die Anzahl der Bürobeschäftigten wird weiter steigen. Allein in den sog. A-Städten nahm diese im Jahr 2015 um 1,85 Prozent zu und wird im Jahr 2016 um 1,47 Prozent weiter zulegen. Büroimmobilien als „Produktionsstätten“ sind damit eines der wichtigen Fundamente der Wertschöpfung und wirtschaftlichen Stärke unserer Gesellschaft. Dennoch werden Büroimmobilien in der Öffentlichkeit und Politik häufig zu wenig oder falsch wahrgenommen. In der Stadtplanung werden Arbeitsquartiere mitunter sogar verdrängt.

Dabei zeigte bereits der kaum ein halbes Jahr alte Herbstdiskurs der Immobilienweisen auf, wie wichtig es ist, in den Innenstadtquartieren auch Büroimmobilien, vor allem an den großen Verkehrsachsen, vorzusehen. Die Entwicklung und Erstellung von Büroflächen durch Projektentwickler ist in den vergangenen acht Jahren in dem Maße zurückgegangen, nämlich von 9 Mio. m² (2008) auf unter 6 Mio. m² (2015), wie die Entwicklung von Wohnflächen von unter 6 Mio. m² auf knapp 17 Mio. m² angestiegen ist. Daraus aber den Schluss zu ziehen, dass die Nachfrage nach Wohnen schlicht mehr zugenommen hat als nach Büroflächen, kann kaum ausschlaggebend sein.Denn im Zehnjahreszeitraum zwischen 2004 und 2014 kamen per Saldo 370.000 Bürobeschäftigte in den sieben A-Städten als Flächennachfrager auf den Markt. Vielmehr führt also eine zu einseitige Fokussierung auf den Wohnungsbau dazu, dass zukünftig Flächenengpässe die Wirtschaftsentwicklung der Städte hemmen könnten. Dabei stehen Büroimmobilien nach wie vor als Anlageobjekte hoch im Kurs. Gemessen am Investmentvolumen sind Büroimmobilien die wichtigste Anlageklasse. Im Jahr 2015 wurden 26,1 Mrd. Euro transagiert und der Büroflächenumsatz in der Vermietung betrug 4,93 Mio. m² MF/G. Die Zeichen sind angesichts der anhaltend eher positiven Entwicklung Deutschlands und der geringen Fertigstellungen auf Stabilität eingestellt.

Trends in der Entwicklung aufspüren – Innovationspotential nutzen

Diskutiert wurden und werden deshalb der aktuelle Bedarf nach Büroimmobilien und das zu geringe Angebot. Es muss folglichauch in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich gemacht werden, dass es noch immer Bedarf an neuen Büroimmobilien gibt – vor allem in den etablierten A-Städten und dass damit auch ein wichtiger Beitrag zu Smart Cities geleistet werden kann. Die zentrale Botschaft an Verwaltung und Politik zielt auf den derzeitigen Nutzungskonflikt „Wohnen vs. Büro“ in den Innenstädten ab. Dieser muss insbesondere an infrastrukturell besonders guten Lagen (z.B. Verkehrsknotenpunkten) in Zukunft auch hin und wieder zugunsten der Büroimmobilien entschieden werden. Dabei ist weltweit ein Trend zur Nutzungsmischung (mit z.B. Hotel/Einzelhandel) festzustellen, der sich in Deutschland beispielsweise beim Zoofenster oder im Upper West zeigt. Insbesondere Berlin zeigt ein hohes Potential, da das Verhältnis von lokalem Bürowert und Einwohnerzahl deutlich unterdurchschnittlich ist.

Weitere wichtige Trends der Branche wie Coworking-Spaces-Konzepte, innovative Bürokonzepte und die zielgruppenspezifischen Anforderungen der Corporates werden in Zukunft eine gewichtige Rolle spielen. So konnte bereits in der ersten Sitzung am Beispiel von WeWork derartige Ansätze diskutiert werden. Dabei wurde eines nochmals klar: Neue Arbeitsplatzmodelle, Nutzungswelten und die Digitalisierung werden unsere Bürolandschaften nachhaltig verändern. Erfolgreich sein werden jene Marktteilnehmer, die frühzeitig die Trends erkennen und in ihren Flächen umsetzen. Hier wollen wir unsere Unternehmen unterstützen.

Überreguliertes Umfeld für Büroimmobilien gefährdet Produktivitätssteigerung

Ein Kernproblem des Büroimmobilien-Segments ist das unsichere regulatorische Umfeld für Mieter, Vermieter und Investoren. Zahlreiche neue und bestehende Regulierungsansätze verunsichern die Branche, verteuern neue sowie bestehende Büroflächen und hemmen notwendige Investitionen und Innovationen in dem Segment. Letztendlich führt das zu einer Gefährdung der Produktivitätssteigerung der deutschen Industrie. Der Ausschuss wird sich deshalb unter anderem auch der erneuten Verschärfung der EnEV zum Januar 2016, die zu einer weiteren Verteuerung der Herstellungskosten führt und weiteren neuen klimapolitischen Restriktionen widmen. Zudem können neue Finanzmarktregulierungsstandards und Standards wie IFRS 16 oder Ansätze des Baseler Ausschusses zur Überarbeitung der Risikogewichte bei der Kreditgewährung durch die Banken zu einer Verunsicherung von professionellen Anlegern führen. Hier wird der Ausschuss ansetzen und die Interessen der Branche auf politischer und öffentlicher Ebene gemeinsam mit den weiteren Ausschüssen des ZIA vertreten.

Der Ausschuss hat sich damit ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm vorgenommen. Angesichts des hohen Engagements und der signalisierten Bereitschaft für bestimmte Themen Vorarbeiten zu übernehmen ist jedoch sichergestellt, das im
Laufe der nächsten Berichtsperiode einige interessante Arbeitsergebnisse präsentiert werden können.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht, Juni 2016