Im April wurde bekannt, dass die Hotelkette Maritim im Zuge der Corona-Pandemie zu Notverkäufen gezwungen ist. Für Investoren von Hotelimmobilien bleibt die Frage offen, welche Umnutzungsoptionen sich im Zweifel für in Not geratene Objekte bieten. Vielfältige Lösungsansätze ergeben sich hierbei in nahezu allen Wohnformen – Ein kurzer Einblick in Umnutzungspotenziale sowie deren Vor- und Nachteile.
Der durch die Corona-Krise verursachte Rückgang bei Hotelübernachtungen wird zu einer Neustrukturierung am Hotelmarkt führen. Wohnwirtschaftliche Umnutzungen nicht mehr marktfähiger Hotels bieten sich an. Denn einerseits führt die sich ändernde Gesellschaft zu neuen Bedürfnissen auf dem Wohnungsmarkt, die erst teilweise abgedeckt werden. Auf der anderen Seite besitzen Hotelgebäude aufgrund ihrer Struktur und vielfältigen Installationen eine geeignete bauliche Struktur für die Umnutzung in traditionelles Wohnen aber auch in Serviced Apartments, Co-Living, Mikro-Apartments sowie in Senioren-Gemeinschaften und neuartige Cluster WGs.
Serviced Apartment
Als eine Form des gewerblichen Wohnens sind Serviced Apartments dem Hotelsegment ähnlich. Während sich Hotelangebote sich mit ihrem Short-Stay–Anegot vornehmlich an Touristen wenden, reicht das Angebot von Serviced Apartments, je nach Zielgruppe von Short-Stay bis zur mittleren Aufenthaltsdauer von mehreren Monaten. Es handelt sich bei Serviced Apartments typischerweise um kleine, vollständig eingerichtete Wohnungen, die um ein Serviceangebot wie Wäschewaschen, Einkaufen bis hin zum Gassigehen ergänzt werden. Für eine Umnutzung in Serviced Apartments ist es in der Regel notwendig, Hotel-Zimmer zusammenzulegen und mit einer kleinen Küche auszustatten. Größere Einheiten bieten Platz für Paare und Familien.
Diese Wohnform weist in Krisenzeiten eine höhere Resilienz als Hotels auf. Im Betrieb ist die Nutzung hoteleigener Serviceeinrichtungen möglich. Auch eine Teilumnutzung des Hotels ist denkbar. Die Zusammenlegung der meist kleinen Hotelzimmer und die Ergänzung um eine Küche sind jedoch mit Umbaukosten und gegebenenfalls einer aufwändigen Reversibilität verbunden. Ein grundsätzliches Marktrisiko besteht darin, dass mit einer Angebotsausweitung im Segment Serviced Apartments zu rechnen ist. Hierdurch besteht die Gefahr eines Überangebots beziehungsweise sinkender Auslastung.
Abbildung: Struktur Hotelumnutzung in Serviced Apartments, Quelle: Wüest Partner
Traditionelles Wohnen
Die Resilienz traditioneller Wohnnutzung, die hohe Transparenz der Wohnungsmärkte und die hohe Wohnraumnachfrage in den Metropolen und Oberzentren sprechen für eine Umwidmung der Flächen. Begrenzte Vermietungs- und Leerstandsrisiken, geringere Betriebskosten, höhere Ertragsfaktoren und der Wegfall des Betreiberrisikos sind hierbei als Vorteile zu nennen. Dem gegenüber stehen unter anderem hohe Umbaukosten aufgrund des Rückbaus der Strukturen, Kosten für eine mögliche Ergänzung von Balkonen und ein zu entwickelndes Serviceangebot oder Nutzungskonzept für das Erdgeschoss. Um einen umfangreichen und aufwändigen Abbruch vorhandener Strukturen zu verhindern, ist die Planung möglichst kleiner Wohnungen, jedoch maximal die Zusammenlegung zweier Hotelzimmer, ratsam. Zu beachten ist, dass gegenüber einer Hotelnutzung Mietzinspotenziale sinken. Gegebenenfalls steht das vorhandene Baurecht einem Wechsel von gewerblicher zu wohnwirtschaftlicher Nutzung entgegen, v.a. bei Hotels in gewerblichen Gebieten.
Abbildung: Struktur Hotelumnutzung in Traditionelles Wohnen, Quelle: Wüest Partner
Senioren-Gemeinschaft
Für eine Umnutzung ehemaliger Hotels in Senioren-Gemeinschaften spricht der hohe demografische Bedarf an altersgerechten Wohnformen. Die Zahl der Personen im Rentenalter wird sich gemäß der neunten Bevölkerungsprognose vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) bis 2040 bundesweit um 4,1 Millionen (23%) erhöhen. Eine Zusammenlegung in barrierefreie Apartments bietet sich für ältere Einzelpersonen und Paare an. Die Wohneinheiten werden um eine kleine Küchenzeile ergänzt. Zudem sind pro Geschoss Gemeinschaftsflächen zu planen.
Bei dieser Nutzergruppe ist eine hohe Mietzahlungsbereitschaft zu erwarten, denn im Alter steigt der Bedarf an gemeinschaftlichen Angeboten. Allerdings ist durch die Zusammenlegung von Zimmern und Zerstörung der Strukturen auch bei dieser Nutzungsform mit hohen Umbaukosten zu rechnen. Für die Flächen im Erdgeschoss gilt es, ein Nutzungskonzept, idealerweise ein altersgerechtes Serviceangebot, zu entwickeln.
Abbildung: Struktur Hotelumnutzung in Senioren-Gemeinschaft, Quelle: Wüest Partner
Co-Living
Eine Variante mit geringen Umbaukosten ist die Nutzungsform des Co-Livings. Bewohner dieser Wohnform haben ein starkes Community-Bedürfnis. Hotelzimmer werden hierbei als möblierte Mikroapartments mit Nasszellen häufig an ein junges, internationales Publikum vermietet. Im zentralen Bereich lassen sich durch Zusammenlegung Gemeinschaftsküchen und Aufenthaltsräume schaffen.
Co-Living-Konzepte weisen in der Regel eine hohe Belegungsdichte und ein relativ hohes Mietertragspotenzial durch Möblierung und kleinteilige Einheiten auf. Gegenüber dem Hotelbetrieb sind die Betriebskosten geringer. Die Vermietungs- und Leerstandsrisiken liegen im mittleren Bereich. Bei Eigenbetrieb entfällt zudem das Betreiberrisiko. Dem gegenüber stehen eine geringere Aufenthaltsdauer von in der Regel 6 bis 18 Monaten und ein entsprechend höherer Verwaltungsaufwand. Zudem fallen gegebenenfalls Kosten für eine Ergänzung um Balkone an und es gilt, ein Nutzungskonzept beziehungsweise Serviceangebot für die Flächen im Erdgeschoss zu entwickeln.
Abbildung: Struktur Hotelumnutzung in Co-Living, Quelle: Wüest Partner
Mikro-Apartments
Ebenfalls eine Variante mit begrenzten Umbaukosten und damit einer relativ einfachen Reversibilität sind Mikro-Apartments. Hierbei werden Hotelzimmer als möblierte Mikroapartments einzeln vermietet und um eine Kochnische ergänzt. Vereinzelt können größere Apartments für Paare durch Zusammenlegung von zwei Flächen erstellt werden.
Mikro-Apartments weisen ebenso wie Co-Living-Angebote in der Regel eine hohe Belegungsdichte und ein relativ hohes Mietertragspotenzial durch die Möblierung und Vermietung kleinteiliger Einheiten auf. Die Grundstruktur der Flächen kann hierbei erhalten bleiben, allerdings ist ein Kücheneinbau notwendig. Auch bei diesem Wohnkonzept gilt: Bei Eigenbetrieb entfällt das Betreiberrisiko. Die Betriebskosten sinken gegenüber dem Hotelbetrieb. Zusätzliche Kosten fallen in der Regel für eine Ergänzung von Balkonen an. Auf der Risikoseite sind die geringere bis mittlere Aufenthaltsdauer und ein damit höherer Verwaltungsaufwand zu nennen. Zudem ist vielerorts mit einem zunehmenden Wettbewerb am Markt der Mikroapartments zu rechnen, einige Märkte gelten bereits als gesättigt.
Abbildung: Struktur Hotelumnutzung in Mikro-Apartments, Quelle: Wüest Partner
Cluster-WGs
Als wohl jüngstes Wohnkonzept unter den hier aufgeführten Wohnnutzungen ist die Cluster-WG zu nennen. Dieser Wohnungstyp besteht aus mehreren privaten Wohneinheiten sowie Gemeinschaftsräumen, die unmittelbar an die Wohneinheiten anschließen. Für die beispielhafte Umnutzung ist die Schaffung von zwei bis drei großen WG-Wohnungen pro Geschoss notwendig sowie die Einrichtung einer Gemeinschaftsfläche mit Küche pro WG-Wohnung (grün markierte Flächen). Die einzelnen WG-Zimmer bleiben hierbei unverändert.
Diese Wohnform verfügt in der Regel über eine hohe Belegungsdichte bei einem mittleren Umbauaufwand. Bei Eigenbetrieb des Wohnkonzeptes entfällt auch hier das Betreiberrisiko. Die Betriebskosten sind gegenüber dem Hotelbetrieb ebenfalls geringer. Auf der Risikoseite sind die Faktoren zu nennen, welche auch bei Co-Living- und Mikro-Apartments aufgeführt werden. Zudem handelt es sich bei Cluster-WGs um eine neuartige, größtenteils unerprobte Wohnform.
Abbildung: Struktur Hotelumnutzung in Cluster-WGs, Quelle: Wüest Partner
Fazit: Derzeit entstehen interessante Wohnformen, die für Hotelumnutzungen in Frage kommen. Jedoch ist bei allen Umnutzungsoptionen eine individuelle Prüfung des Marktes, Standorts und Objekts dringend erforderlich.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Wüest Partner
Erstveröffentlichung: Wüest Partner Blog