25.10.2022

Tag der geschlossenen (Hotel-) Tür

Aktuelle Trends am Hotelmarkt

Hannibal DuMont Schütte, Geschäftsführer, STAYERY - BD Apartment GmbH
Hannibal DuMont Schütte

Der Widerspruch könnte größer kaum sein: Trotz der stark eingebrochenen Umsatz- und Übernachtungszahlen in den vergangenen knapp zwei Jahren dürfte 2022 zu einem Rekordjahr bei den Hoteleröffnungen werden. Denn pandemiebedingt wurden 2020/21 viele Fertigstellungen verschoben und die Häuser eröffnen zu einem Zeitpunkt, an dem der Personalmangel die Reiseeinschränkungen als größte Herausforderung des Beherbergungsgewerbes abgelöst hat: Laut einer im Juni publizierten Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) suchen mehr als 60 Prozent der gastgewerblichen Betriebe Fach- und Hilfskräfte.

Damit kündigt sich im Hotelbereich an, was am Flughafen oder am Bahnhof bereits längst Realität ist: Die Menschen wollen zwar wieder reisen, viele Angebote müssen aber eingeschränkt oder gestrichen werden, weil die Mitarbeiterdecke für einen hinreichenden Service deutlich zu dünn ist. Entwickler und Investoren, die ein Hotel in der Pipeline haben, sollten daher das jeweilige Konzept noch einmal überdenken. Am Personalmangel im Gastgewerbe wird sich jedenfalls so bald nichts ändern und ob beispielsweise Firmen in Zeiten mobilen Arbeitens bei Geschäftsreisen weiterhin auf das klassische Hotel zurückgreifen, scheint fraglich. Es ist zur Norm geworden, kurzweilige Geschäftstermine in einem Onlineformat stattfinden zu lassen. Der Verzicht auf vermeidbare Reisen ist zudem fester Bestandteil vieler Kosten- und Nachhaltigkeitsstrategien. Anderseits hingegen gilt der Kunden- beziehungsweise Mitarbeiterkontakt weiterhin als unverzichtbar. Das ist  insbesondere in der gemeinsamen Projektarbeit oder beim Onboarding neuer dezentral arbeitender Kollegen der Fall. Dank dieser Trends werden die getätigten Geschäftsreisen immer länger und Long-Stay-Aufenthalte nehmen signifikant zu. Mit einem Wachstum von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal waren Gäste, die 28 Tage und länger bleiben, das am schnellsten wachsende Segment von Airbnb im zweiten Quartal 2022.

Zum erwartbar rückläufigen Geschäft mit den Kurzaufenthalten gesellen sich die Kosten als weiteres Risiko des klassischen Hotelbetriebes: Wer im Gastbereich gutes Personal gewinnen und halten will, muss unter den gegebenen Rahmenbedingungen deutlich höhere Gehälter zahlen als gewohnt. Das bedeutet einen erheblichen Druck auf die möglichen Margen der Hotellerie, der sich auch auf die Ertragschancen der Eigentümer auswirken dürfte. Es empfiehlt sich also sowohl als Investor als auch als Betreiber, rechtzeitig auf Beherbergungskonzepte umzusteigen, die weniger personalintensiv als ein klassisches Hotel sind, welches ohne ein Restaurant- oder Barangebot und möglichst durchgehend besetzten Empfang kaum funktioniert.
Denn eins ist im letzten Halbjahr gewiss geworden: Unternehmen und Mitarbeiter:innen wollen und können auf Geschäftsreisen nicht verzichten. Zugleich haben Mitarbeiter:innen auch die Möglichkeit kenngelernt, Reisen und Arbeiten miteinander zu verbinden. Der Begriff Workation drückt das Lebensgefühl einer ganzen Generation mobiler Fachkräfte aus. Insbesondere in den innerstädtischen Lagen haben daher vor allem diejenigen Anbieter eine Perspektive, die neben der zunehmenden digitalen Affinität ihrer Nutzer auch das flexible Arbeits- und Reiseverhalten sowie die Ansprüche mobiler Professionals berücksichtigen.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von STAYERY
Erstveröffentlichung: Immobilien Zeitung, September 2022

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