14.04.2016

Strafsteuer fürs Energiesparen

Rechtsunsicherheit bei Mieterstrommodellen

Werner Verdenhalven, Partner, Trinavis GmbH & Co. KG
Werner Verdenhalven

Ein wichtiger Baustein der Energiewende ist der Ausbau der regenerativen Stromerzeugung. Der Umstieg auf erneuerbare Energien soll die energetisch bedingten Emissionen verringern und somit den Klimawandel entschleunigen. Erneuerbare Energien benötigen keine Rohstoffquellen, die in Energie umgewandelt werden müssen, wodurch sie unbegrenzt zur Verfügung stehen. Zu den erneuerbaren Energien zählen u.a. Wasserkraft, Windkraft, Geothermie und Solarenergie. Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, bis zum Jahr 2025 den Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen am Bruttostromverbrauch auf 40 bis 45 Prozent und bis 2050 auf mindestens 80 Prozent zu erhöhen. Dass erneuerbare Energien im Trend liegen, beweisen die Zahlen: Im Zeitraum 1990 bis 2014 erhöhte sich der Anteil der erneuerbaren Energiequellen am Stromverbrauch von 3,4 Prozent auf 27,4 Prozent.[1]

Einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leistet die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft durch die Optimierung der Energieerzeugung im Gebäudebereich, sei es nun durch den Einsatz von Photovoltaik-Anlagen oder durch die Nutzung von Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Im Rahmen der dezentralen Stromerzeugung etablieren sich zunehmend Mieterstromprojekte, bei denen Strom innerhalb des Gebäudes ohne Nutzung des Netzes der allgemeinen Versorgung an Mieter geliefert wird. Mittlerweile gehört es infolge der stetigen Änderung der technischen Erfordernisse bereits zum sozialtypischen Verhalten der Vermietung, Strom und Wärme an den Mieter zu liefern. Doch trotz dieses großen Potentials für die Energiewende bestehen bei Mieterstromprojekten weiterhin Hemmnisse aufgrund der steuerlichen Auswirkungen.

Steuerliche Auswirkungen
Grundsätzlich stellt die Vermietung und Verpachtung von Grundbesitz eine private Vermögensverwaltung mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Wird die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken innerhalb eines gewerblichen Betriebs ausgeübt, unterliegen die daraus erzielten Einkünfte der Gewerbesteuer. Allerdings müssen weitere besondere Umstände hinzutreten, um der Tätigkeit des Vermieters einen gewerblichen Charakter zu geben. An diesem Punkt stellt sich für die Praxis die wesentliche Frage, unter welchen Umständen der Betrieb einer Photovoltaik-Anlage oder KWK-Anlage und die anschließende Stromlieferung an die Mieter zur Gewerbesteuerpflicht führen können.

Üblicherweise ist unter einer immobiliengeprägten privaten Vermögensverwaltung die Nutzung von Vermögen durch Ziehung der Früchte aus zu erhaltenen Substanzwerten zu verstehen. In den Einkommensteuer-Hinweisen 2014 sind die unschädlichen Nebentätigkeiten aufgeführt, die nicht zur gewerblichen Infizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung führen. Ausschlaggebend für diese Einordnung ist, dass im Vordergrund der Aktivität die Erzielung laufender Einnahmen aus einem mehr oder weniger konstanten Immobilienbestand steht und die Bereitstellung einer einheitlichen gewerblichen Organisation in den Hintergrund tritt (vgl. Richtlinie 15.7 der Einkommensteuer-Richtlinien 2012). Bei Vorliegen dieser Voraussetzung gehören zum Beispiel auch die Vermietung möblierter Zimmer einschließlich ihrer Nebenleistungen wie die Reinigung der Räume und die Gestellung des Frühstücks zur Vermögensverwaltung (vgl. Hinweis 15.7 (2) der Einkommensteuer-Hinweise 2014). Ebenso wenig kann eine gewerbliche Tätigkeit bereits aufgrund einer umfangreichen Vermietung von Grundbesitz oder aus dem Abschluss von Mietverträgen mit zahlreichen Mietern angenommen werden (vgl. Hinweis 15.7 (2) der Einkommensteuer-Hinweise 2014).

Trotz dieser weiten Auslegung des Begriffs der Vermögensverwaltung wird die Lieferung von Strom und Wärme an die Mieter bisher als schädliche Tätigkeit ‎angesehen. Dies ist umso mehr unverständlich, als dass die Nutzung von Strom und Wärme für das errichtete Gebäude im Anforderungskatalog des Förderstandards KfW-Effizienzhaus 40 Plus (ab 1. April 2016) maßgeblich vorausgesetzt wird und folglich vom Bund als förderungswürdig anerkannt worden ist. Bei Inanspruchnahme des Förderstandards KfW-Effizienzhaus 40 Plus würde somit für den Vermieter die gewerbliche Infizierung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung drohen und zu einer wirtschaftlich bedenklichen Lage führen. Infolge der steuerrechtlichen Konsequenzen sind Mieterstromprojekte derzeit sowohl für private Vermieter als auch für Wohnungsunternehmen nur durch die Gründung von Tochterunternehmen, die den Betrieb und den Stromverkauf an die Mieterschaft übernehmen, wirtschaftlich tragbar. Diese gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen sind aber nicht nur äußerst kompliziert und kostspielig, sondern nach wie vor mit rechtlichen Risiken behaftet.

Daher setzt sich der BFW im Rahmen des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen, in dem alle wichtigen Akteure aus Bund, Ländern, Kommunen und Verbänden vertreten sind, für eine Ergänzung der Einkommensteuer-Hinweise 2014 um die Lieferung von Strom und Wärme an die Mieter als unschädliche Nebentätigkeit ein. Dadurch kann die gewerbliche Infizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausgeschlossen und Rechtssicherheit geschaffen werden.



[1] Vgl. Statistisches Bundesamt, Indikatoren zu Umwelt und Ökonomie, 2015.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Trinavis GmbH & Co. KG
Erstveröffentlichung: The Property Post, April 2016