Der Anwendungsbereich des KAGB
Die zentrale Definition des KAGB ist die des „Investmentvermögens“. Gemäß § 1 Abs. 1 KAGB liegt ein Investmentvermögen vor, wenn folgende Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sind:
Nur solche Marktteilnehmer, die Alternative Investmentfonds (AIFs, dies sind solche Investmentvermögen, die keine Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren [OGAW] sind, § 1 Abs. 3 KAGB) verwalten, werden vom KAGB reguliert. Im Gegensatz zum Investmentgesetz, welches im Wesentlichen an formale Kriterien anknüpfte, führt das KAGB (wieder) einen materiellen Fondsbegriff ein.
Analyse der Tatbestandsmerkmale und Wege aus der Regulierung
Im Folgenden sollen die vorgenannten Tatbestandsmerkmale im Einzelnen untersucht werden. Dabei soll ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, wie Anleger ggf. die Anwendbarkeit des KAGB - und damit einen erheblichen administrativen Mehraufwand - vermeiden können. Es wird jedoch auch gezeigt werden (am Beispiel von Versicherungen als Anleger), dass es für Marktteilnehmer zum Teil vorteilhaft bzw. sogar zwingend geboten ist, dem Anwendungsbereich des Gesetzes zu unterfallen.
Begriff
Der Begriff des „Organismus für gemeinsame Anlagen“ ist der OGAW-Richtlinie entnommen. Er bietet seinem Wortlaut nach kaum Anhaltspunkte, um den Begriff des AIFs einzugrenzen. Gemäß dem Diskussionspapier der ESMA vom 23.02.2012 hinsichtlich „Key Concepts of the Alternative Investment Fund Managers Directive and Types of AIFM“ („Diskussionspapier“), dort Ziffer 28, soll ein entscheidender Punkt sein, ob das Vehikel durch Handel mit den gehaltenen Vermögensgegenständen seinen Anlegern Ertrag generiert (dann ein AIF) oder ob es auf eigene Rechnung handelt und durch professionelle Verwaltung der gehaltenen Vermögensgegenstände einen Mehrwert schafft. Diese Auslegungs-„hilfe“ muss man als ausgesprochen misslungen betrachten. Dies deshalb, weil die Frage der Geschäftsstrategie (langfristiges Halten und Verwalten von Assets versus Handeltreiben mit Vermögensgegenständen) vermischt wird mit dem weiteren Tatbestandsmerkmal (siehe unten), ob zum Nutzen der Anleger gehandelt wird oder auf eigene Rechnung, wobei bei Letzterem der Anlegernutzen lediglich ein Reflex ist. Beides hat nur sehr bedingt miteinander zu tun.
Dem Tatbestandsmerkmal wird man jedoch entnehmen können, dass Konstruktionen, bei denen ein unmittelbarer Zugriff des Anlegers auf die Vermögensgegenstände möglich ist, nicht als AIFs zu betrachten sind. Sogenannte Managed Accounts fallen daher nicht in den Anwendungsbereich des KAGB.
Einsammeln von Kapital
Das Tatbestandsmerkmal schließt jedenfalls solche Sachverhalte aus, bei denen die Initiative vollumfänglich von den Anlegern ausgeht. Sofern sich zwei oder mehr Personen zusammentun und selbst initiativ für eine gemeinsame Anlage entscheiden, stellt das ggf. geschaffene kollektive Anlagevehikel keinen AIF dar. Damit sind z.B. solche Joint Ventures, die nicht auf die Kapitaleinsammlung von Dritten ausgerichtet sind, vom Anwendungsbereich des KAGB ausgeschlossen. Dies steht grundsätzlich im Einklang mit Erwägungsgrund Nr. 8 (am Ende) der AIFM-Richtlinie, wonach Joint Ventures offenbar vollumfänglich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sein sollen. Offensichtlich liegt in diesem Tatbestandsmerkmal einiges Potential, den Anwendungsbereich des KAGB zu vermeiden. Vor Umgebungsversuchen ist jedoch - nicht zuletzt aufgrund der möglichen strafrechtlichen Konsequenzen - nachdrücklich zu warnen. Zwar mag im Nachgang zu einem einzelnen Investment nicht mehr detailliert nachvollziehbar sein, von welcher Seite die Initiative zu der Anlage ausgegangen ist, und somit im Einzelfall für eine Nichtanwendbarkeit des KAGB erfolgreich argumentiert werden können. Wird jedoch für wiederkehrende Investments eine entsprechende Infrastruktur implementiert, so dürfte es nicht mehr plausibel sein zu argumentieren, dass vollständig ohne Vertriebsanstrengungen sämtliche Anleger aus eigenem Antrieb dem Initiator eine Investition vorgeschlagen hätten.
Anzahl von Anlegern
§ 1 Abs. 1 Satz 3 KAGB regelt ausdrücklich, dass dieses Tatbestandsmerkmal auch dann gegeben ist, wenn die Anlagebedingungen, die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag des Organismus für gemeinsame Anlagen die Anzahl möglicher Anleger nicht auf einen Anleger beschränken. Sofern tatsächlich lediglich ein Anleger vorhanden ist und auch keine weiteren hinzukommen sollen, besteht somit faktisch ein Wahlrecht hinsichtlich der Anwendbarkeit des KAGB. Gegebenenfalls ist es aufgrund dieses Tatbestandsmerkmals auch möglich, Family-Offices bis zu einem gewissen Grad vom Anwendungsbereich des KAGB auszunehmen. Gemäß Erwägungsgrund 7 der AIFM-Richtlinie sollen Family-Offices grundsätzlich nicht als AIFs betrachtet werden. Der Entwurf des KAGB erwähnt jedoch Family-Offices an keiner Stelle. Man wird argumentieren können, dass aufgrund der inneren Verbundenheit einer Familie und der darauf beruhenden - anzunehmenden - Interessengleichheit im Falle eines Family-Offices trotz einer faktischen Personenmehrheit nicht von einer Mehrzahl von Anlegern im Sinne des KAGB auszugehen ist. Für Multi-Family-Offices dürfte eine solche einschränkende Auslegung dagegen nicht möglich sein.
Bestehen einer Anlagestrategie
Auch die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals bereitet Schwierigkeiten. Letztlich wird jedes Vehikel für gemeinsame Anlagen seine Investitionen auf der Basis eines wie auch immer gearteten Plans tätigen, der als Anlagestrategie bezeichnet werden kann. Das Diskussionspapier legt diverse Kriterien fest, nach denen sich das Vorliegen einer Anlagestrategie bestimmen lässt. Letztlich soll es darauf ankommen, dass die Anlagestrategie bereits im Zeitpunkt der Investitionsentscheidung der einzelnen Anleger in den Grundzügen festgelegt ist und ihnen zumindest offengelegt wurde.
Erfolgt dies nicht - sogenannter Blind Pool -, soll das KAGB offenbar nicht anwendbar sein. Die Schwierigkeiten einer entsprechenden Vermeidungsstrategie werden im faktischen Bereich liegen: Um Anleger von einer derartigen Anlage zu überzeugen, muss ein sehr weitreichendes Vertrauen dieser Anleger in den Initiator bestehen. Rechtspolitisch kann man sich in diesem Zusammenhang jedoch durchaus fragen, ob es tatsächlich sinnvoll ist, Anlegern in dieser Fallkonstellation den Schutz der Regulierung zu versagen.
Anlage zum Nutzen der Anleger
Die Abgrenzungskraft dieses Tatbestandsmerkmals ist zweifelhaft. Grundsätzlich wirkt sich jede erfolgreiche Tätigkeit eines Anlagevehikels positiv zugunsten seiner Anleger aus, sei es aufgrund der Ausschüttung der erzielten Gewinne oder im Falle der Thesaurierung durch den Wertzuwachs der Anteile an dem Vehikel. Als anerkannt darf mittlerweile wohl gelten, dass es nicht entscheidend für die Einordnung des Anlagevehikels als AIF ist, welche der vorgenannten Alternativen hinsichtlich der Gewinnverwendung gewählt wird. Daher bleibt nur, die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals für den Fall zu verneinen, dass die Anleger gar nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang - weder mittelbar noch unmittelbar - am wirtschaftlichen Erfolg des Anlagevehikels beteiligt sind. Dies kann im Fall einer Strukturierung der Anlegerbeteiligung als Genussrecht oder Namensschuldverschreibung gegeben sein, aufgrund derer dem Anleger „lediglich“ eine feste Verzinsung unabhängig von der Wertentwicklung der Vermögensgegenstände des Anlagevehikels zusteht.
Dieses Tatbestandsmerkmal war im ursprünglichen Entwurf des KAGB vom 20.07.2012 nicht enthalten, sondern wurde erst in die Folgefassung vom 30.10.2012 aufgenommen. Seine Aufnahme macht die Probleme bei der Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale des Investmentvermögens mehr als deutlich. Offenbar wurde befürchtet, dass gewöhnliche werbend tätige Unternehmen als Investmentvermögen anzusehen sein könnten. Ob mit der Einfügung dieses Tatbestandmerkmals tatsächlich mehr Klarheit geschaffen wird, bleibt abzuwarten. Auch dieses Tatbestandsmerkmal enthält unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Konkretisierung es zu Zweifelsfragen und Abgrenzungsschwierigkeiten kommen dürfte.
Konsequenzen der Nichteinhaltung der Vorschriften des KAGB/Auslegung des Begriffs des Investmentvermögens nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen
Bei der Umsetzung von Strategien zur Vermeidung der Anwendung des KAGB ist Vorsicht geboten. Ist ein Initiator der irrigen Auffassung, dass die Vorschriften des KAGB auf seine Investitionsvehikel keine Anwendung fänden, und setzt die Vorgaben des KAGB dementsprechend nicht um, betreibt er das Geschäft einer Kapitalverwaltungsgesellschaft ohne entsprechende Erlaubnis, was den Straftatbestand des § 339 Abs. 1 Nr. 1 KAGB erfüllt und mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden kann.
Die Strafbewehrtheit einer derartigen Tätigkeit hat im Übrigen eine Rückwirkung auf die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des „Investmentvermögens“: Nach Artikel 103 Abs. 2 GG muss das unter Strafe gestellte Verhalten präzise bestimmt sein, um dem Normadressaten ein gesetzeskonformes Handeln überhaupt möglich zu machen. Kapitalverwaltungsgesellschaften sind nach § 17 Abs. 1 KAGB Unternehmen, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, inländische Investmentvermögen, EU-Investmentvermögen oder ausländische AIFs zu verwalten. Der Begriff des „Investmentvermögens“ ist folglich für die Frage der Strafbarkeit nach § 339 Abs. 1 Nr. 1 KAGB unmittelbar relevant. Daher ist aufgrund Verfassungsrechts eine einschränkende Auslegung der weitgefassten Tatbestandsmerkmale des Begriffs des Investmentvermögens zwingend geboten.
Konzernklausel, § 2 Abs. 3 KAGB
Gemäß § 2 Abs. 3 KAGB kommen die Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuchs in Gänze nicht zur Anwendung, wenn und soweit AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften solche AIFs verwalten, die allein solche Anleger haben, die dem Konzernverbund der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft entstammen. Die Vorschrift setzt Art. 3 Abs. 1 der AIFM-Richtlinie um und folgt scheinbar der Logik, dass kein Anlegerschutz erforderlich sei und den Beteiligten der administrative Aufwand der Einhaltung der Vorschriften des KAGB erspart werden könne, wenn der Investor und die das Kapital verwaltende Einheit aus ein- und demselben Lager stammten. Die Vorschrift schafft jedoch insbesondere für Versicherungen Probleme. Diese lassen „ihre“ Spezialfonds oftmals ohne Drittbeteiligung von konzerneigenen Kapitalverwaltungsgesellschaften managen. Im Zusammenhang mit der Frage der Sicherungsvermögensfähigkeit stellt § 54 VAG i.V.m. der Anlageverordnung (vgl. § 54 Abs. 3 VAG) oftmals darauf ab, dass die kapitalverwaltenden Einheiten einer öffentlichen Aufsicht unterliegen, so z.B. § 2 Abs. 1 Nr. l 4c) AnlV hinsichtlich indirekter Immobilieninvestments. Es steht zu befürchten, dass aufgrund von § 2 Abs. 3 KAGB derartige eigenverwaltete Vehikel künftig nicht mehr der Aufsicht und Produktregulierung unterliegen und Versicherungen daher nicht mehr in derartige Vehikel - die sich jahrzehntelang bewährt haben - investieren können.
Fazit
Die Frage, welche Anlagevehikel ein Investmentvermögen darstellen, ist aufgrund der Unbestimmtheit der Tatbestandsmerkmale des Begriffs nicht leicht zu beantworten. Daraus ergeben sich gleichzeitig Chancen und Risiken für Initiatoren, die eine Anwendung der Vorschriften des KAGB vermeiden wollen. Chancen, weil die Unbestimmtheit der Tatbestandsmerkmale Spielräume für Vermeidungsstrategien eröffnet. Risiken, weil im Falle eines Scheiterns der entsprechenden Strategie eine Strafbarkeit der beteiligten Personen im Raum steht. Es ist Marktteilnehmern daher dringend anzuraten, im Rahmen der Umsetzung solcher Strategien kompetente juristische Beratung in Anspruch zu nehmen und eine erfolgreiche Implementierung sicherzustellen. In umgekehrter Hinsicht besteht bereits unmittelbar nach Inkrafttreten des KAGB schon wieder dringender Handlungsbedarf des Gesetzgebers. Es muss sichergestellt werden, dass Versicherungen die Investition in Spezialfonds künftig nicht unmöglich gemacht wird. § 2 Abs. 3 KAGB ist entsprechend zu ändern.
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Erstveröffentlichung: Deutscher AnwaltSpiegel Spezial - Immobilienkapitalmarkt 2013