Zusammenspiel von Taxonomie und Offenlegungsverordnung
Das Thema Nachhaltigkeit beziehungsweise ESG (ökologisch, sozial, Unternehmensführung) hält die Fondsbranche in Atem. Trotz der großen Präsenz in den Medien und in Veröffentlichungen bleibt das Thema in Bezug auf Immobilienfonds außerordentlich vage. Viele Marktteilnehmer fragen sich, wie diese ESG-konformen Fonds denn aussehen werden. Langsam kommt jedoch Licht ins Dunkel. Die vorliegenden EU-Verordnungen (Taxonomie und Offenlegung) lassen erste Schlüsse zu. Es liegt vor allem am Fehlen der zugehörigen Level-II-Verordnungen, dass das Bild noch immer Leerstellen hat.
Die genannten Verordnungen sind in diesem Prozess die beiden zentralen Regelwerke. Um das Zusammenspiel von Taxonomie und Offenlegungsverordnung zu verstehen, muss man folgendes wissen: Die Taxonomie ist ein Instrument, mit dem Nachhaltigkeit gemessen werden kann. Die Offenlegungsverordnung regelt, welche der gemessenen Informationen veröffentlicht werden müssen.
Zunächst muss angemerkt werden, dass es auch künftig noch nicht-nachhaltige Fonds geben wird. Das sind Vehikel, bei denen es auf Produktebene keine ESG-Ziele oder -Strategien gibt. Sie sind ausdrücklich nicht verboten. Der Anbieter muss nur offenlegen, dass sein Fonds keine Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt.
Bei den nachhaltigen Fonds führt die Offenlegungsverordnung zwei Gattungen ein: Die so genannten ESG-Strategiefonds und die Impact-Fonds. Erstere werden teilweise auch als Artikel-8-Fonds, letztere als Artikel-9-Fonds bezeichnet – nach den entsprechenden Artikeln der Offenlegungsverordnung.
ESG-Strategiefonds berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien
Werfen wir zunächst einen Blick auf die Strategiefonds: Diese Fonds beziehen ESG-Kriterien systematisch in die Anlageentscheidung ein. Sie formulieren eine Investmentstrategie, die darlegen muss, wie der Fonds die ökologischen und sozialen Eigenschaften, mit denen er wirbt, erreicht. Außerdem muss angegeben werden, welcher Teil der Kriterien bei Ankaufsentscheidungen verbindlich ist und welcher nicht. Des Weiteren muss transparent gemacht werden, wie die Nachhaltigkeitsstrategie laufend im Investment-Prozess umgesetzt wird. Ein Beispiel für Kriterien wäre der Ausschluss bestimmter als ESG-widrig wahrgenommener Tätigkeiten.
Impact-Fonds leisten einen aktiven Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit
Die zweite Kategorie bilden die sogenannten Impact-Fonds. Diese Fonds streben – neben finanzieller Rendite – aktiv ökologische oder soziale Ziele an. Beispiele sind etwa die Reduzierung des CO2-Ausstosses oder im Fall von Wohnimmobilienfonds ein größeres Angebot an bezahlbarem Wohnraum. Anders ausgedrückt: Während die Strategiefonds Nachhaltigkeit berücksichtigen, zielen die Impact-Fonds darauf ab, einen aktiven Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten.
Anwendungsbeispiele für Impact-Fonds listet die Offenlegungsverordnung in Artikel 2, Nummer 17 auf: Die wirtschaftliche Tätigkeit der Fonds muss zur Erreichung eines Umweltziels beitragen – gemessen an den Schlüsselindikatoren für Ressourceneffizienz bei der Nutzung von Energie, erneuerbarer Energie, Rohstoffen, für die Abfallerzeugung, und Treibhausgasemissionen oder für die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt etc. Beispiele aus dem Bereich Soziales sind Investitionen, die zur Bekämpfung von Ungleichheiten beiträgt oder den sozialen Zusammenhalt, die soziale Integration und die Arbeitsbeziehungen fördert et cetera.
Die Ausführungen zeigen: Die Vorgaben der EU sind anspruchsvoll. Final beurteilen kann man sie erst, wenn die noch ausstehenden Level-II-Verordnungen vorliegen. Des Weiteren zeichnet sich ab, dass es anfangs vermutlich erst einmal sehr wenige Immobilienfonds am Markt geben wird, die entweder zu den ESG-Strategiefonds oder den Impact-Fonds gehören.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Baker Tilly
Erstveröffentlichung: DasInvestment, Oktober 2020