06.03.2015

Showroom für den Onlinehandel

Neue Einkaufsgewohnheiten müssen geschickt integriert werden.

Georg Orlich, Director, CORPUS SIREO Holding GmbH & Co. KG
Georg Orlich

Der stationäre Handel hat es heute nicht leicht: Da müht man sich, dem Kunden die Waren ansprechend zu präsentieren, berät ihn ausführlich und dann setzt dieser sich zu Hause gemütlich an den Computer, um das Produkt preisgünstiger online zu kaufen. Vorher klickt er sich noch durch diverse Bewertungsportale. Dem Fachgeschäft im nahen Shoppingcenter kann das den Todesstoß versetzen, wenn es sich nicht an das neue Kundenverhalten anpasst.

Online muss in den Laden

Zurzeit geht man noch davon aus, dass erst 7 Prozent aller Einkäufe in Deutschland online abgewickelt werden, doch die Tendenz ist steigend. Da die Kunden instore, mobile und online immer mehr verbinden, müssen auch die Läden multi-channel werden. Das ist bei uns noch Zukunftsmusik, doch ein von eBay initiiertes Pilotprojekt zeigt, wo es langgehen könnte: Im Westfield San Francisco Centre fanden sich die Besucher statt vor herkömmlichen Schaufenstern vor „digital store fronts“ wieder, die wie riesige Touchscreens funktionierten, auf denen sich die Besucher durch ein Angebot von 100 Waren und deren Produktinformationen tippen und wischen konnten. Ohne den Laden zu betreten, konnten sie per SMS einkaufen. Die Waren wurden anschließend frei Haus geliefert. Das ist immerhin eine ausbaufähige Idee, die das analoge Einkaufen im Shoppingcenter um eine digitale und zugleich abwechslungsreiche Komponente erweitert.

Einkaufen oder Shoppen?

Einkaufen folgt dem konkreten Bedarf nach einem bestimmten Produkt. Die meisten stehen dabei unter Zeitdruck. Shoppen dagegen ist ein Freizeitvergnügen, das, so der Wunsch des Einzelhandels, in Lustkäufen endet. Auch im Erwerb von Produkten, die der Shopper vorher wahrscheinlich gar nicht auf dem Schirm hatte. Die Tendenz, aus purem Spaß durch Shoppingcenter zu flanieren, ist nicht neu, nimmt aber weiter zu. Darauf muss der Einzelhandel sich einstellen, indem er abwechslungsreiche Einkaufswelten schafft, die Eventcharakter haben. Eine glamouröse Inszenierung der Waren gehört dazu. Erste Einzelhändler sind dazu übergegangen, ihr Geschäft ehe als Showroom oder Galerie zu gestalten, weniger als Ort, an dem primär etwas verkauft wird. Im Geschäft kann der Kunde die Ware anschauen, anfassen, anprobieren. Diesen haptischen Kontakt kann das Internet nicht bieten, es ist der große Mehrwert des analogen Handels. Der profane Rest, das Bezahlen und der Transport der Waren nach Hause, wird ausgelagert.

Nicht nur Händler, sondern Dienstleister sein

Über den üblichen Service hinaus müssen sich die Einzelhändler heute einiges einfallen lassen, um ihre Kunden zu halten. Denn diese sind heute informierter und wissen oft bereits durch Internetrecherche, was früher Wissensvorsprung des Händlers war.

Eine Chance für den Händler besteht darin, individuell auf jeden Kunden einzugehen und ihn dadurch zu überraschen, dass seine Wünsche und Präferenzen bekannt sind. Gute Hotels arbeiten schon lange mit diesem Instrument der Kundenbindung. Wie schafft man das? Nach wie vor durch das Kundengespräch – und ein gutes Gedächtnis bzw. zunehmend auch durch In-Store-Analysen. Doch Vorsicht, Datenschutz und Privatsphäre sind ein hohes Gut, Nachlässigkeiten verbieten sich.

Ein letztes Stichwort: Customizing, also die individuelle Anpassung eines Produkts aus der Serienproduktion an die Bedürfnisse eines Kunden, wird durch neue Fertigungsmethoden immer einfacher. Und hier kann der Händler zu einem gefragten Dienstleister werden, der berät und den man beauftragen kann, genau das herstellen zu lassen, was den eigenen Bedürfnissen entspricht.

Ein Abgesang an den analogen Handel ist also fehl am Platz. Gerade Shoppingcenter haben hervorragende Chancen, wenn sie ihre Stärken ausbauen und neue Einkaufsgewohnheiten geschickt integrieren.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von CORPUS SIREO Asset Management Retail GmbH
Erstveröffentlichung: Februar 2015, Heuer Dialog

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