35 Millionen Gebäude müssen bis 2030 saniert werden
Die Immobilienbranche steht einer beispiellosen Reihe von Unsicherheiten gegenüber, die von makroökonomischen Bedingungen wie Inflation und hohen Zinsen bis zu sektorspezifischen Faktoren wie Kostendruck nach Jahren des Wachstums und steigenden regulatorischen Anforderungen reichen. Ein weiteres zentrales Thema stellt ESG dar, das über 90 Prozent der Immobilienunternehmer:innen als das Thema mit dem größten Einfluss auf die Branche bis 2050 (1) sehen. Trotz dieser hohen Priorität hat die Branche bisher keine signifikante Renovierungswelle in Gang gesetzt, wie sie von der EU angestrebt wird. Die Dringlichkeit dieser Situation wird durch die Tatsache unterstrichen, dass mehr als 35 Millionen Gebäude bis 2030 einer Renovierung bedürfen, und insgesamt mehr als 70 Prozent der Immobilien in Europa derzeit nicht als energieeffizient gelten (2).
Unzureichende Daten & Tools
Trotz der anerkannten Dringlichkeit einer umfassenden Renovierungswelle zur Erreichung des Netto-Null-Ziels bleibt die Immobilienbranche weit hinter den notwendigen Fortschritten zurück. Ein Kernproblem stellen Spreadsheets dar, die von mehr als 50 Prozent der Immobilienunternehmen weiterhin als primäres Planungstool genutzt werden (3). Die Detaillierung der Renovierungspläne erfolgt über manuelle, kosten- und zeitaufwändige Gebäudebegehungen durch Energieberater:innen. Diese Situation wird durch einen sich ständig ändernden regulatorischen Kontext und die einzigartigen Eigenschaften bzw. den Zustand der jeweiligen Gebäudes weiter erschwert.
Zudem behindern unzureichende Datenpunkte die Fähigkeit von Entscheidungsträger:innen, Maßnahmen zu ergreifen, die sowohl Unternehmensziele als auch ESG-Anforderungen erfüllen. Dieser Zustand wird durch die fragmentierte Datenlage verschärft:
● Nur 13 Prozent der Unternehmen haben Zugang zu aktuellen oder Echtzeit-Daten
● 88 Prozent der Unternehmen verteilen ihre Daten in fragmentierten Systemen und unterschiedlichen Teams
● 78 Prozent besitzen erst garkeine Daten- oder Technologiestrategie, die zeitnah Abhilfe verspricht (4)
In Summe führt das bisher etablierte Vorgehen dazu, dass energetische Sanierungen irrtümlicherweise oftmals als nicht profitabel angesehen werden (5). Die Folge ist ein Stillstand, der teils durch die Angst vor zu kostspieligen Maßnahmen, teils durch das Risiko, nicht langfristig ESG-konform zu sein, verursacht wird, und die Verantwortlichen im Immobilienunternehmen vor zusätzliche Herausforderungen stellt.
Eine Chancen für Immobilienunternehmen
Trotz der vielfältigen Herausforderungen bietet die Dekarbonisierung signifikante Chancen; Insbesondere in Zeiten, in denen der Neubau begrenzt ist, bietet die Optimierung des Bestands eine Gelegenheit, über Kosteneffizienz hinaus Mehrwert zu schaffen. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist das Preisdelta zwischen "grünen" "braunen" Immobilien, der kürzlich auf knapp 25 Prozent im Mittel wurde (6), mit Spitzenwerten von über 33 Prozent für den ländlichen Raum (7). Darin liegt die Möglichkeit, bei sorgsamer Planung und Umsetzung die Preisdifferenz zu nutzen und auch außerhalb von A-Lagen Werte zu schaffen. Darüber hinaus sanken die Preise für energetisch unzureichend sanierte Immobilien (Energieeffizienzklasse C und D) um -8,0 Prozent zwischen Mai 2022 und Mai 2023 (8) – Stillstand ist also nicht nur keine Option, sondern verringert sogar den Portfoliowert. Das eröffnet nicht nur Möglichkeiten im eigenen Bestand, über energetische Sanierung bereits heute Werte zu schaffen, sondern bei ausreichender Transparenz auch im Ankauf bzw. Verkauf von Immobilien, wo der Sektor derzeit, bis auf Opportunist:innen oder Value-Add Investor:innen, sehr zurückhaltend agiert.
Eine weitere Chance liegt im „Repurposing“, insbesondere von Bürogebäuden zu Wohngebäuden. Die Idee ist nicht mehr nur als Trend zu begreifen, sondern ist mittlerweile ein relevanter Teil aller Gebäude seitens der Eigentümer:innen für eine mögliche Nutzungsänderung vorgesehen (in UK ca. 1/3 aller Gebäude (14)). Dabei sind die Kosten des „Repurposing“ oftmals bekannt, jedoch die mit einem Wechsel der Nutzung verbundenen Anforderungen an die Dekarbonisierung und Kosten nicht. Bei ausreichender Transparenz zu den Gesamtkosten für Repurposing und Sanierung eröffnet dies eine deutlich bessere Entscheidungsfindung.
Was dafür bisher allerdings den meisten Unternehmen fehlt, sind die richtigen Tools. Diese sind oftmals vorhanden, aber die Adoption innovativer Tools und insbesondere die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) kommt in der Branche nicht so richtig in Fahrt. Die Ai-getriebene Dekarbonisierungs- und Sanierungssoftware von Optiml ist bisher die einzige Möglichkeit, Entscheidungsprozesse bei Gebäuden auf ein datengesteuertes Netto-Null-Ziel zu lenken und dabei Kostenfaktoren, Regularien sowie fast jeden Gebäudetyp (Wohn-, Gewerbe- und Leichtindustriegebäude) abzudecken.
Ein Beitrag des Gebäudesektors
Die Immobilienbranche steht mit der Dekarbonisierung nicht nur einer der größten Herausforderungen, sondern einem „Jahrhundertprojekt“ gegenüber. Die Lösungen (z.B. Dämmung, Wärmepumpen, neue Fenster) sind verfügbar und oft zu wettbewerbsfähigen Preisen erhältlich (13), doch erfordert die Umsetzung eine klare Strategie und Sanierungsplanung, welche verlässlich die Nachhaltigkeitsziele kosteneffizient erreicht. Dafür ist die Bereitschaft notwendig, neue Technologien zu nutzen und in diese zu investieren. Die Immobilienwirtschaft muss diesen Wandel als Chance begreifen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um nicht nur ihre eigene Position zu stärken, sondern auch einen Beitrag zum globalen Klimaschutz zu leisten. Die Zukunft des Immobiliensektors hängt auch davon ab, wie effektiv er Innovationen und KI nutzen kann, um die dringend benötigte Transformation zu realisieren.
Quellen:
1 “Emerging Trends in Real Estate”, PwC & Urban Land Institute (2024)
2 “A Renovation Wave for Europe - greening our buildings, creating jobs, improving lives”, European Commission (2020)
3 “Technology and the Future of Real Estate Investment Management”, University of Oxford Said Business School & pi labs (2021)
4 „Sanierungsquote im Sinkflug – Prognose für 2024: weiter schwach“, BuVEG (2024)
5 “A new way to decarbonize buildings can lower emissions – profitably” McKinsey Quarterly (2023)
6 „Wohngebäude mit schlechter Energiebilanz verlieren weiter an Wert“, JLL (2023)
7 „Marktdatenmonitor Wertsteigerung energieeffizienter Immobilien im Jahr 2023“, BuVEG (2023)
8 “Preise für unsanierte Immobilien fallen”, ImmoScout24 (2024)
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von OPTIML AG
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juni 2024