30.08.2023

Safety First

Neue Sicherheitsstrategien für Hoteleigentümer gegen kriselnde Betreiber

Tina Froböse, Managing Partner, Select Hotel Consulting GmbH
Jan Hellner, Partner, Dentons LLP
Tina Froböse

Steigende Inflation und galoppierende Energiekosten stürzen zahlreiche Hotelbetreiber in wirtschaftliche Nöte. Neben Zusatzkosten für Serviceleistungen versuchen Betreiber, die Mehrkosten auf Vermieterseite abzuladen – durch Revisionen etablierter Indexmieten. Bestandshalter und Fonds sind daher verstärkt aufgefordert, Sicherheitsstrategien in die Betreiberverträge einzubauen. Denn nur so können Eigentümer auch bei kriselnden Betreibern ihren Cashflow sicherstellen.

Betreibergesellschaften von Hotels sind aktuell mit erheblichen Mehrkosten im laufenden Betrieb konfrontiert. Genaue Zahlen liegen für Deutschland noch nicht vor, aber in Großbritannien beispielsweise haben sich die Betriebskosten von Hotels im Vergleich zum Jahresbeginn 2020 verdoppelt. Dies betrifft nicht nur die auch im Privatbereich spürbaren Mehrkosten für Heizung und Strom, sondern auch steigende Ausgaben für Lebensmittel und Personal. Welche Strategien verfolgen die Betreiber zur Entlastung? Die entstehenden Mehrkosten können einerseits auf die Gäste übertragen werden: So kursieren im Markt bereits erste Meldungen über Energiepauschalen für Hotelgäste oder Zusatzgebühren für zuvor im Zimmerpreis inkludierte Services.

Andererseits wird auch die Eigentümerseite zur Entlastung der Betreiber in Betracht gezogen. So bemühen sich einige Betreiber darum, das während der Corona-Pandemie erprobte Rechtsinstrument der „Störung der Geschäftsgrundlage“ erneut einzusetzen. Anfang 2022 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Pandemie als unvorhergesehenes Ereignis zu qualifizieren sei und im Einzelfall zu einer vorübergehenden Anpassung der Miet- und Pachtverträge führen könne. Rechtsgrundlage hierfür bildete Paragraph 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der als Ausnahme vom Prinzip der Vertragserfüllung eine Störung der Geschäftsgrundlage voraussetzt. Bedingungen, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses galten, waren angesichts staatlich verordneter Zwangsschließungen nicht mehr gegeben – eine in der damaligen Situation nachvollziehbare Entscheidung. Dementsprechend traten neben Stundungen und Pachtnachlässen vereinzelt vorübergehend auch (Teil-)Umsatzpachten an die Stelle der branchenüblich vertraglich vereinbarten Fixpachtzahlungen. Eine erneute Anwendung des Paragraphen wirft gleichwohl erhebliche juristische Zweifel auf. Denn für eine „Störung der Geschäftsgrundlage“ aus Inflationsgründen wären anhaltende jährliche Inflationsraten im deutlich zweistelligen Prozentbereich notwendig. Doch selbst in diesem Fall blieben Zweifel an der Anwendung, weil Phasen höherer Inflation historisch weder unvorhersehbar noch ein singuläres Extremereignis sind.

Indexmieten sind zudem – im Gegensatz zum Wohnsektor – in Hotelpachtverträgen seit Jahrzehnten durchaus üblich und ein Stück weit eine „Wette auf die Inflation“. Es wäre daher durchaus gegen den Geist der Indexklauseln, sich in Zeiten höherer, aber keinesfalls hyperinflationärer Preissteigerung auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Denn im früheren Umfeld geringer Inflation haben Hotelbetreiber über mehrere Jahre hinweg von den Indexmieten profitiert. Permanent niedrige Inflationsraten unter drei Prozent seit 2005 führten dazu, dass es gar keine oder nur geringe Anpassungen der Pacht gab. Der Einfluss der Eigentümerseite auf die Kosten des Betriebs ist aber auch deshalb begrenzt, weil die Betreiber ihre Energieversorgungsverträge und Verträge für sonstige Dienstleistungen üblicherweise selbst abschließen. Vorgaben zum Betrieb durch den Eigentümer sind unüblich. In laufenden Vertragsverhältnissen gibt es also für Betreiber aktuell kaum Spielraum für Miet- oder Nebenkostenreduzierungen oder sonstige Vergünstigungen durch den Vermieter. Auf Betreiberseite rückt daher aktuell der Gast als Kostenkompensator stärker in den Fokus. Dass hierfür ein bereits teilweise realisierter Spielraum besteht, zeigen die im internationalen Vergleich weiterhin günstigen Zimmerpreise in Deutschland. Zwar konnten die Preise im vergangenen Jahr deutlich um bis zu 20 Prozent erhöht werden. Die Zimmerraten deutscher Hotels bleiben aber gerade für Touristen und Geschäftsreisende aus Nordamerika und Asien im Vergleich zu ihren Heimatmärkten günstig.

Handlungsempfehlungen für Eigentümer

Doch auch nach Kompensation der Mehrkosten durch Erhöhung der Zimmerraten besteht gerade für kleine Betreibergesellschaften mit niedriger Kapitaldecke Gefahr. Bestandshalter und Fonds sind also gut beraten, vertragliche Sicherheitsvorkehrungen gegenüber Betreibern vorzunehmen. Regelmäßige KPI-Reportings des Betreibers sind notwendig, um frühzeitig auf Schieflagen aufmerksam zu werden und gegensteuern zu können. Drohen dennoch Mietausfälle, bieten die größte Sicherheit weiterhin die betreiberseitig ungeliebten, weil liquiditätsbindenden Barsicherheiten. Begünstigen dürfte dieses im Markt spürbar gestiegene Sicherungsbedürfnis auf Eigentümerseite die großen und bonitätsstarken Betreibergesellschaften. Sie bringen das notwendige Kapital mit, um ihren Expansionskurs im härter geführten Verdrängungswettbewerb aufrechtzuerhalten. Es wird daher perspektivisch wegen des Fokus auf Sicherheit eine weitere Verschiebung zu Gunsten dieser großen Player geben. Einen zusätzlichen Effekt auf die Betreiberauswahl dürfte neben der Bonität sicherlich auch das pandemische Zahlungsverhalten der Betreiber haben. Wer analog zu großen Retail-Mietern wie beispielsweise Adidas oder Deichmann sofort nach Beginn der Pandemie kommentarlos die Miete schuldig blieb, wird es im Beauty-Contest der Betreiberauswahl auch nach der Pandemie schwer haben, sich als verlässlicher Partner des Eigentümers zu präsentieren. 

Bankbürgschaften und harte Patronatserklärungen stellen einen weiteren denkbaren Sicherungsmechanismus für Eigentümer dar. Banken oder Konzernobergesellschaften verpflichten sich dabei gegenüber dem Hoteleigentümer zu einer Übernahme der Ausfallzahlungen. Zur Abrundung des Sicherheitenpakets ist in Neuverträgen ein Passus zur Zwangsvollstreckungsunterwerfung wegen des Räumungsanspruchs sinnvoll, damit der Eigentümer bei Zahlungsunfähigkeit seines Betreibers ohne Räumungsklage wieder Zugriff auf seine Immobilie bekommt.

Sicherheitsstreben wird zunehmen

Die Zeiten, in denen Bestandshalter und Fonds passiv agieren und Hotels sich quasi selbst überlassen konnten, sind fürs Erste vorbei. Der Einbruch des Transaktionsmarktes im Hotelsegment im letzten Quartal des Jahres 2022 in Kombination mit gleichzeitig gestiegenen Anforderungen von Investoren an die ESG-Konformität der Hotelimmobilie verlangen mehr Einsatz und Kompetenz im Asset-Management. Bei der Auswahl passender Betreiber wird die Bonität eine zunehmend bedeutsamere Rolle spielen. Für Betreiber wird das Kostenniveau zumindest mittelfristig hoch bleiben: Sie können sich über höhere Zimmerpreise, Rationalisierung von Betriebsabläufen und -kosten durch Digitalisierung und Clustering oder auch den Erwerb eigener Immobilienbestände als Owner-Operator gegen steigende Mieten absichern. Viele kleinere Hotels jedoch ohne nennenswerte Alleinstellungsmerkmale, allen voran in Randlagen, werden in den nächsten zwei bis drei Jahren eine schwierige und bisweilen existenzbedrohende Phase erleben. Preiserhöhungen werden in ihrem Fall nicht im notwendigen Umfang durchsetzbar sein, um den Kostenanstieg zu kompensieren.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Select Hotel Consulting GmbH & Dentons LLP
Erstveröffentlichung: Institutional Money, Mai 2023

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