Warum digitale Automatisierung nicht nur zu mehr Effizienz, sondern auch zu zufriedeneren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen kann.
Wenn in der Immobilienwirtschaft von Digitalisierung die Rede ist, stehen zumeist betriebswirtschaftliche und technische Aspekte im Vordergrund. Erhöhte Effizienz und schnellere Prozesse sind die erstgenannten Argumente, um die Digitalisierung in Unternehmen voranzutreiben. Doch dabei gerät außer Acht, welche Chancen digitale und automatisierte Arbeitsprozesse für die Personalentwicklung und jeden einzelnen Arbeitnehmer bieten. Nicht umsonst besteht in vielen Unternehmen ein ambivalentes Verhältnis zur Digitalisierung, das mitunter von der Befürchtung geprägt ist, Technologie stehe in wachsender Konkurrenz zu Arbeitsplätzen. Doch das muss nicht sein: Dort wo spezielle Software manuelle, sich häufig wiederholende und als monoton wahrgenommene Tätigkeiten übernimmt, entlastet sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und gibt ihnen Zeit für anspruchsvollere Aufgaben, die den persönlichen Qualifikationen entsprechen und die Motivation am Arbeitsplatz steigern.
Ineffiziente Buchhaltung in vielen Unternehmen
In fast allen Unternehmensbereichen der Immobilienbranche gibt es eine Vielzahl manueller Tätigkeiten, die auf heterogene Systemlandschaften, unterschiedliche Schnittstellen sowie daraus resultierende „Workarounds“ zurückzuführen sind. Diese Abläufe führen häufig zu kostenintensiven und zeitkritischen Engpässen im operativen Geschäft – und letztlich zu Frust im Team.
Beispiel Buchhaltung. Der Großteil der Prozesse in der Buchhaltung in deutschen Immobilienunternehmen läuft heute noch manuell. Medienbrüche zwischen Papier und Datei oder ERP-System und Software bestimmen den Alltag. Manuelle Datenextraktion und -anreicherung, die Kontierung anhand von unübersichtlichen Exceltabellen und eine teils mehrstufige interne Prüfung – all dies verursacht in den meisten Unternehmen einen enormen Zeit- und Kostenaufwand und führt zu einer chronischen Überlastung bei Buchhalterinnen und Buchhaltern.
Software-Roboter lösen manuelle Prozesse ab
Traditionelle Lösungen werden den heutigen Anforderungen an ein eine effiziente Unternehmensführung nicht mehr gerecht. Dies gilt für den Bereich der Buchhaltung, ebenso wie für jeden anderen Unternehmensbereich, in denen regelbasierte, wiederkehrende und massenhaft auftretende Arbeitsprozesse zu bewältigen sind. Beispielsweise bindet die Mietenbuchhaltung in einem bestandshaltenden Unternehmen durch den aufwändigen manuellen Prozess erhebliche Personalkapazitäten. So verbringen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pro Tag bis zu einer Stunde damit, sich im Banking-Programm einzuloggen, Daten von Kontoumsätzen herunterzuladen und ins eigene ERP-System zu überführen.
Dieses Problem können Software-Roboter lösen. Roboter sind eine Stufe weiter als klassische Softwaresysteme. Sie bedienen die vorhandenen IT-Systeme an Stelle der Mitarbeiter und stellen daher eine Alternative für redundante, wiederkehrende Tätigkeiten ohne wirkliche „Denkleistung“ dar. Auch unter dem Fachbegriff Robotic Process Automation (RPA) zusammengefasst, verrichten die Bots regelbasierte, klar strukturierte, sich häufig wiederholende und daher monotone Tätigkeiten, indem sie auf den Computern der Mitarbeiter menschliche Interaktionen nachahmen. Der Großteil der aktuell verfügbaren RPA-Software nutzt eine grafische Benutzeroberfläche, in der vordefinierte Bausteine eingefügt, miteinander verknüpft und verschoben werden, um den zu automatisierenden Prozess abzubilden. Die beschriebenen Bausteine entsprechen den Handlungen des Mitarbeiters, wie beispielsweise E-Mails aus einem Postfach lesen, den Inhalt interpretieren und in das ERP-System zu überführen. Aus ihnen wird der Werkzeugkoffer des Bots generiert, welcher diese Tätigkeiten in der ihm vorgegebenen Reihenfolge ausführt. Software-Roboter können sich zum Beispiel auch nachts im Banking-Portal anmelden, Zahlungsinformationen abrufen und im ERP-System ablegen.
Ein weiteres Beispiel für den sinnvollen Einsatz der Robotik ist die Veröffentlichung von Jahresabschlüssen im Bundesanzeiger. Software-Roboter übernehmen auch hier den Datentransfer vollautomatisiert und sparen den Teams im Unternehmen viel Zeit, die sie in sinnvollere Tätigkeiten investieren können.
Interne Kommunikation ernst nehmen
Was sich wie Science-Fiction anhört, ist in Wahrheit gar nicht so aufregend. Denn bei den Bots handelt es sich um nichts weiter als eine spezielle Software, für die weder die zugrunde liegenden Systeme noch die vorhandene Infrastruktur angepasst werden müssen. Stattdessen besteht eine wesentliche Herausforderung in der Praxis darin, die Einführung dieser Technologie innerhalb des Unternehmens gut zu kommunizieren und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betreffenden Bereichen an diese heranzuführen. Das übergeordnete Ziel sollte dabei sein, Ressourceneffizienz auf der einen und Entlastung für das Personal auf der anderen Seite als zwei Seiten einer Medaille zu vermitteln. Gelingt dies, wird die Technologie nicht als Konkurrenz, sondern als Aufwertung des eigenen Arbeitsplatzes verstanden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bringen sogar selbst Vorschläge ein, welche anderen Tätigkeiten im Unternehmen sinnvollerweise durch automatisierte Software erledigt werden können. Diese Erfahrung machen wir bei POLIS, seitdem wir Robotics in mehreren Anwendungen in der Buchhaltung eingeführt haben. Die Roboter kommen dort neben anderen Lösungen für den automatischen Rechnungsworkflow zum Einsatz.
Überdies hält sich der Aufwand für die Programmierung der Software-Roboter in Grenzen. Programmierkenntnisse sind zwar hilfreich, ansonsten können sich Mitarbeiter die Kenntnisse zur Bedienung der Software leicht aneignen. Sinnvoll ist hier zumindest eine eintägige Schulung, um das Programm kennen zu lernen. Anschließend daran sollte bis zu einem Quartal einkalkuliert werden, bis die Technologie fehlerfrei eingerichtet ist. Dieser Aufwand lohnt sich, denn nach erfolgreicher Einführung der Software-Roboter ist, wie am Beispiel Mietenbuchhaltung gezeigt, eine Zeitersparnis von bis zu einer Stunde pro Tag und Mitarbeiter möglich – ein wertvoller Zeitgewinn, der nun verstärkt für Gespräche mit Kunden, Dienstleistern oder innerhalb des Teams genutzt werden kann und sich allgemein positiv auf die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirkt.
Fazit:
Software-Roboter bieten ausgereifte Lösungen für die automatisierte und vollständig digitalisierte Datenverarbeitung, ohne dass es hierfür einer kostspieligen Programmierung von Schnittstellen bedarf. Mit RPA-Technologien lässt sich in der Buchhaltung, aber auch in vielen anderen Bereichen ein unmittelbarer Nutzen erzielen – sowohl für die Abläufe im Unternehmen als auch für den einzelnen Mitarbeiter. Angesichts des allgegenwärtigen Fachkräftemangels sollte die Immobilienwirtschaft digitale Lösungen verstärkt als Chance begreifen, das Personal von heutzutage unnötigem Aufgabenballast zu befreien und die Arbeitsplätze auf diese Weise attraktiver zu gestalten. Die Voraussetzungen dafür waren vielleicht noch nie so günstig wie jetzt: Denn durch die Corona-Pandemie ist die Frage nach der Qualität von Arbeit stärker in den Fokus gerückt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben das wertvollste Gut eines Unternehmens.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von POLIS Immobilien AG
Erstveröffentlichung: Immobilien und Finanzierung, Februar 2021