28.08.2015

Rahmenbedingungen für FOC

Was Center-Betreiber in Deutschland beachten sollten

Fabian Mühlen, Rechtsanwalt, Partner, DLA Piper UK LLP
Fabian Mühlen

Es fing als ein Trend in den Vereinigten Staaten in den frühen achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts an, die ersten Läden kamen dann gut zehn Jahre später nach Europa: Designer Outlet Center (DOC) oder Factory Outlet Center (FOC). Diese großen Fabrikverkaufszentren, die etwas abseits von großen Städten meist auf der grünen Wiese eröffnet werden, geben namhaften Markeninhabern die Möglichkeit, ihre Produkte zu günstigen Preisen an den Endverbraucher zu verkaufen. Allein im Jahr 2012 eröffneten drei neue Center, womit sich die Zahl der in Deutschland insgesamt vorhandenen Standorte von sechs auf neun erhöhte.

Doch dies ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange: Die Branche geht davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren noch bis zu 20 weitere Standorte hinzukommen könnten. Voraussetzung ist allerdings, dass auf dem Weg von der Planung bis zur endgültigen Eröffnung zahlreiche rechtliche Hindernisse erfolgreich überwunden werden.

Bei dem Begriff Factory Outlet Center (FOC) oder Designer Outlet Center (DOC) gilt es zu differenzieren: Anders als bei herkömmlichen Fabrik- oder Lagerverkaufsstätten verkauft der Hersteller die Waren hier nicht am Ort der Herstellung. Vielmehr zeichnet sich das FOC oder DOC in der Regel durch eine Kumulation von Ladeneinheiten (Outlet Stores) in einem oder mehreren Gebäudekomplexen (das Center) aus, in denen verschiedene Markenartikelhersteller ausgewählte Ware zu meist erheblich reduzierten Preisen an den Konsumenten verkaufen. Zu den angebotenen Waren gehören in der Regel Auslaufmodelle, B-Ware, Waren aus Produktionsüberhängen, Waren aus der Vorsaison, Sonderkollektionen, Retourwaren sowie Waren für Testzwecke. Zumeist handelt es sich bei den angebotenen Waren um Kleidung möglichst namhafter Hersteller oder Designer - vervollständigt um ein entsprechendes Angebot von Schuhen, Lederwaren, Accessoires und Haushaltswaren.

Planungsrechtliche Grundlagen

Die Gemeinden, die ein Outlet Center planen, erhoffen sich aus einer Vielzahl von Gründen einen positiven wirtschaftlichen Impuls. So werden in einem FOC/DOC in der Regel Marken angeboten, die zuvor in der Gemeinde nicht verkauft wurden. Dieses Alleinstellungsmerkmal in Bezug auf das Einzelhandelsangebot soll dem FOC neue Käuferschichten erschließen. In der Folge steigt das Besucheraufkommen der Gemeinde insgesamt, und es werden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Des einen Freud, des anderen Leid: Während sich die Gemeinde, in der das FOC angesiedelt werden soll, einen Gewerbesteuersegen und die damit verbundenen positiven Effekte erhofft, wehren sich die Nachbargemeinden gegen vermeintlich negative Auswirkungen. Um solche zu verhindern, müssen hohe planungsrechtliche Hürden überwunden werden.

Outlet Center werden im bauplanungsrechtlichen Sinne als Einkaufszentren eingeordnet (§ 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BauNVO). Das heißt, FOC sind außer in Kerngebieten nur in den für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Sondergebiete wiederum sind solche Gebiete, die sich wesentlich von den übrigen Baugebieten wie etwa Wohn-, Misch-, Gewerbe-, oder Industriegebieten unterscheiden. Ein Sondergebiet kann als solches von der Kommune in einem Bebauungsplan ausgewiesen werden. Dies kann auch im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes (vgl. § 12 BauGB) erfolgen, bei dem sich der Vorhabenträger (Investor oder Betreiber des FOC) mit der Gemeinde über das geplante Bauvorhaben abstimmt.

Raumordnungsverfahren

Problematisch ist hierbei meist, dass Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung anzupassen sind. Wird dies versäumt, ist der Bebauungsplan nichtig. FOC haben meist überörtlich Bedeutung, weshalb in der Regel ein Raumordnungsverfahren durchzuführen ist, in dem die Raumverträglichkeit von Planungen und Maßnahmen durch die zuständige Landesbehörde geprüft wird.

Es ist auch denkbar, dass ein FOC im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB errichtet werden soll, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Von dem Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung kann im Einzelfall jedoch abgewichen werden, zum Beispiel wenn die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Aufgrund des erheblichen Einzugsgebietes von FOC ist es nachvollziehbar, dass die Vorhaben nach dem Gesetz (§ 11 Abs. 3 BauNVO beziehungsweise § 34 Abs. 3 BauGB) keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der betroffenen Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- oder Landschaftsbild oder den Naturhaushalt haben dürfen. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass die Errichtung eines FOC häufig zu Streit führt, mit dem die benachbarten Gemeinden im Rahmen der Planung die Gerichte beschäftigen.

Bereits in den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans wird neben der maximalen Verkaufsfläche geregelt, welche Größe die verschiedenen Einzelhandelsbetriebe aufweisen dürfen. Darüber hinaus wird detailliert bestimmt, welche Besonderheiten die von den Mietern verkauften Waren aufweisen müssen (siehe oben). Letztlich wird in der Regel auch das Sortiment im Verhältnis zu den Verkaufsflächen definiert. So ist zum Beispiel denkbar, dass die  Behörde bei einem typischen FOC mit einer Größe von 20 000 Quadratmetern vorgibt, auf etwa zwei Dritteln der Fläche Herren-, Damen-und Kinderbekleidung, Wäsche/ Bademoden und Bekleidungszubehör anzubieten. Einen weitaus geringeren Anteil nehmen Flächen für Schuhe, Lederwaren und Sportartikel ein, während Wohneinrichtung, Glas, Porzellan, Keramik sowie Uhren und Schmuck nur einen untergeordneten Teil an der Verkaufsfläche beanspruchen dürfen. Abschließend wird festgelegt, in welchem Ausmaß Gastronomie- und Büroflächen in dem FOC zulässig sind.

Öffentlich-rechtliche Vorgaben

Der Eigentümer beziehungsweise die Betreibergesellschaft müssen streng darauf achten, dass diese öffentlich-rechtlichen Bestimmungen auch in den Mietvertrag Eingang finden. Daher sollte die Aufzählung von Waren im Bebauungsplan mit der in den Mietverträgen übereinstimmen. Oft ist es sinnvoll, diese öffentlich-rechtlichen Beschränkungen gegenüber dem Mieter offen zu legen, damit dieser versteht, woher die Einschränkungen des Warensortiments rühren. Zur Durchsetzung dieser Beschränkung und aus Abschreckungsgründen werden sich an dieser Stelle im Mietkontrakt auch Vertragsstrafen finden, die im Prinzip denen entsprechen, die der Betreiber oder Eigentümer zu erwarten hat, falls die Vorgaben aus dem Bebauungsplan nicht eingehalten werden.

Selbst in der Preisgestaltung seiner Waren ist der Mieter nicht frei: So kann ein Mindestnachlass zu den unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers vorgegeben werden. Letztlich ist eine Regelung sinnvoll, nach der der Mieter verpflichtet ist, ein Mindestmaß an Waren insgesamt anzubieten, damit der Kunde nicht vor leeren Regalen steht. Die Waren müssen der Zielgruppennachfrage entsprechen, und der Lagerbestand sowie die verfügbaren Größen sollten ausreichend und der Saison angepasst sein.

Es versteht sich von selbst, dass in diesem Zusammenhang der Mietzweck und die Nutzung der Mietsache innerhalb des Mietvertrages entsprechend präzise beschrieben und verpflichtend vorgegeben werden müssen, um einen Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften zu vermeiden. Dies gilt auch für eine Betriebspflicht des Mieters während der allgemeinen Ladenöffnungszeiten im FOC.

Unterschiedliche Interessen bei Mieter und Vermieter

Einen eher wirtschaftlichen Hintergrund haben meist Regelungen, die darauf abzielen, dass der Mieter nicht innerhalb eines bestimmten Umkreises weitere FOC eröffnen darf (Radius Restriction Competition Clause oder einfach Wettbewerbsverbot). Diese Vereinbarungen müssen sich nicht nur auf Läden im FOC beschränken, sondern können auch einzelne, sogenannte "stand-alone Factory Outlet Stores" beinhalten.

Auch die übrigen Regelungen kommen dem Vermieter zumeist nicht ungelegen: Häufig wird zwischen den Parteien eine Umsatzmiete vereinbart, so dass der Vermieter vom wirtschaftlichen Erfolg des Mieters profitiert. Sollte der Umsatz sich über einen bestimmten Zeitraum nicht wie erwartet entwickeln, können beide Seiten ein Interesse an einem diesbezüglichen Sonderkündigungsrecht haben, um sich von dem unliebsam gewordenen Mietvertrag zu lösen. Dem steht aus Vermietersicht auch nicht die Vereinbarung einer umsatzunabhängigen Mindestmiete entgegen.

Die Definition von "Umsatz" im Sinne des Mietvertrags ist dabei eine Wissenschaft für sich. Insbesondere die Fragen des Umgangs mit Geschenkgutscheinen (ist der Erwerb oder die Einlösung maßgeblich?), Mitarbeiterverkäufen oder Verkäufen über Internet-Terminals im Outlet Store, sind regelmäßig Thema bei den Vertragsverhandlungen.

Aber nicht nur der Vermieter wird versuchen, den Mietvertrag zu seinen Gunsten zu gestalten. Auch der Mieter möchte seine Interessen im Mietvertag geschützt sehen. So wird er in der Regel versuchen durchzusetzen, dass nur er das Recht hat, die von ihm angebotenen Produkte im FOC zu verkaufen. Oftmals wird er auch darauf bestehen, dass nur er bestimmte Waren aus der Gattung anbieten darf oder dass hierfür zumindest eine Beschränkung der Verkaufsfläche im Verhältnis zur Gesamtfläche eingehalten wird.

Wenn es seine Verhandlungsposition zulässt, wird der Mieter ganz allgemein versuchen, die Einhaltung eines bestimmten Branchenmixes durchzusetzen. Hierbei wird zwischen Übergabe des Mietobjekts und Mietzeit differenziert: Sollte nicht eine bestimmte Mindestquote an Mietflächen insgesamt zum Zeitpunkt der geplanten Übergabe oder etwas davor an Dritte vermietet sein, so kann der Mieter die Übergabe unter Umständen ablehnen. Zum Teil werden sogar Key Tenant Lists vereinbart, also Aufzählungen von ganz konkreten Co-Mietern, von denen sich eine gewisse Zugwirkung erhofft wird. Auch während der Mietzeit hat der Mieter ein Interesse an einem attraktiven Vermietungsgrad des FOC. Oft wird durchgesetzt, dass signifikanter Leerstand über einen gewissen Zeitraum den Mieter im Extremfall zur Kündigung berechtigt.

Geringe Marktsättigung

Unter Beachtung der typischen rechtlichen Fallstricke bieten FOC in Deutschland nicht nur für Mieter und Vermieter attraktive Chancen. Profiteur ist letztlich vor allem der deutsche Kunde, der für seinen Einkauf nicht mehr über die Grenze ins Nachbarland fahren muss. Nach Ansicht von Experten steht der Branche eine rosige Zukunft bevor, was nicht nur an der zurzeit noch geringen Sättigung des Marktes, sondern auch an der in Deutschland typischen Schnäppchenmentalität liegt.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von DLA Piper UK LLP, Frankfurt am Main
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung 04/2013