23.05.2023

Projektentwicklungen in der Krise

Mezzanine-Strukturen – Fluch oder Segen für die Seniorbank?

Dr. Anika Mitzkait, Partnerin, Greenberg Traurig Germany, LLP
Claudia Hard, Partnerin, Greenberg Traurig Germany, LLP
Dr. Anika Mitzkait

Bei der Finanzierung von Projektentwicklungen werden häufig mehrstöckige Strukturen gewählt, die neben einem Senior-Kredit an die Projektgesellschaft auch Mezzanine-Kapital umfassen. Dieses wird entweder auf  Projektgesellschaftsebene aufgenommen und vertraglich gegenüber dem Senior-Kredit subordiniert oder im strukturellen Nachrang an eine Holding-Gesellschaft ausgereicht, die die Mittel über Gesellschafterdarlehen an die Projektgesellschaft weitergibt. Die Mezzanine-Finanzierung ist in der Regel auch besichert. Neben Sicherheiten an den Anteilen der Projektgesellschaft fordert der Mezzanine-Geber regelmäßig auch eine nachrangige Grundschuld, welche ihm seitens der Senior-Bank teilweise auch zugestanden wird.

Derzeit unterliegen Projektentwicklungen großen Herausforderungen. Die Baukosten sind erheblich gestiegen und der Krieg in der Ukraine hat zu Lieferengpässen geführt. Daraus resultierende Verzögerungen erhöhen die Finanzierungskosten. Zusammen mit dem deutlich gestiegenen Zinsniveau sind häufig die einkalkulierten Reserven längst aufgebraucht. Zusätzliche Eigenmittel stehen nicht immer in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung. In einer solchen Krise steht das Verhältnis zwischen Mezzanine-Kapitalgeber und Senior-Bank auf dem Prüfstand.

Gläubigervereinbarung

Die Rechte und Pflichten zwischen dem Mezzanine-Kapitalgeber und der Senior-Bank sind grundsätzlich in der Gläubigervereinbarung geregelt. Zentrales Element ist die Vereinbarung des Nachrangs der Mezzanine-Forderungen. Wie der Nachrang ausgestaltet und durch welche Vereinbarungen er ergänzt wird, ist jedoch Verhandlungssache. Für die Senior-Bank gilt es sicherzustellen, dass ihre Rechte und Handlungsoptionen bis zu ihrer vollständigen Befriedigung nicht durch die Mezzanine-Finanzierung gefährdet oder eingeschränkt werden. Hierfür wird vertraglich vereinbart, dass der Mezzanine-Kapitalgeber bis zur Ablösung der Senior-Bank weder seine Forderungen geltend machen noch seine Sicherheiten durchsetzen darf, wenn auch teilweise zeitlich begrenzt. Kommt es zu einer Verwertungssituation, sollten aus Sicht der Senior-Bank die Mezzanine-Sicherheiten einer wirtschaftlichen Verwertung ihrer Sicherheiten nicht entgegenstehen oder diese erschweren. Darüber hinaus bestehen Senior-Banken regelmäßig auf ihr Recht, bei Mehrkosten des Projekts ihr Darlehen einschließlich der Senior-Grundschuld erhöhen zu dürfen. Dieses Recht zur Aufstockung des Senior-Darlehens ist für den Mezzanine-Kapitalgeber problematisch, da es die Werthaltigkeit seiner eigenen Position verwässert. Nicht selten war deshalb dieser Punkt bei der Verhandlung von Gläubigervereinbarungen erheblich umkämpft.

Erfahrungen mit Mezzanine-Strukturen

Schaut man sich Mezzanine-Strukturen im Rahmen einer Krise der Projektentwicklung an, zeigt sich ein interessanten Bild. Gerade in dem derzeitigen schwierigen Marktumfeld haben die Mezzanine-Kapitalgeber ein erhebliches Interesse an der Fertigstellung der Projektentwicklung. Lässt sich die Senior-Bank in der Regel auch über eine Verwertung des Grundstücks mit einem nicht fertig gestellten Bau befriedigen, bedeutet dies für den Mezzanine-Kapitalgeber meist einen erheblichen Ausfall. Senior-Banken berichten deshalb mehrheitlich über äußerst positive Erfahrungen mit Mezzanine-Strukturen: Kann der Investor Mehrkosten nicht selbst finanzieren, bietet der Mezzanine-Kapitalgeber häufig einen Partner, der die für die Fertigstellung der Projektentwicklung erforderlichen zusätzlichen Mittel bereitstellt. Für den Mezzanine-Kapitalgeber ist die Finanzierung der Mehrkosten häufig das beste Mittel, Verluste zu vermeiden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass von dem regelmäßig hart verhandelten Recht der Senior-Bank, Mehrkosten der Projektentwicklung durch eine Erhöhung des Senior-Darlehens zu finanzieren, in der Praxis selten Gebrauch gemacht wird. Meist ist es für die Senior-Bank wirtschaftlich nicht attraktiv, ihr Darlehen zu in der Gläubigervereinbarung festgeschriebenen Konditionen zu erhöhen. Das Recht auf Erhöhung des Senior-Darlehens dürfte vor allem dann eine Rolle spielen, wenn der Mezzanine-Teil der Finanzierung nicht mehr durch die vorhandenen Werte gedeckt wird.

Ist das Projekt dermaßen unter Wasser, dass der Mezzanine-Kapitalgeber kein Interesse mehr an einer Finanzierung der Mehrkosten hat, geht es für die Senior-Bank häufig nur noch um die bestmögliche Verwertung. Auch unter diesen Umständen machen sich einige Mezzanine-Kapitalgeber Blockademöglichkeiten zu Nutze und fordern als Gegenleistung für ihre Kooperation bei der Verwertung eine Beteiligung an den Verwertungserlösen der Senior-Bank. Gerade im Zusammenhang mit einer Verwertung durch freihändigen Verkauf des Grundstücks ist die Kooperation des Mezzanine-Kapitalgebers oft erforderlich: Der Verkauf kann nur vollzogen werden, wenn auch die nachrangige Grundschuld gelöscht wird. Selbst wenn diese vom Wert des Grundstücks nicht mehr gedeckt ist und die Senior-Bank grundsätzlich einen gesetzlichen Löschungsanspruch hat, kann der Mezzanine-Finanzierer die Senior-Bank durch eine Verzögerung der Löschung unter Druck setzen. Aus Sicht der Senior-Bank sollte deshalb in einer Gläubigervereinbarung für diesen Fall ein ausdrückliches an konkrete Voraussetzungen geknüpftes Recht auf Löschung der Nachranggrundschuld vorgesehen sein.

Die Ausgestaltung der Löschungsvoraussetzungen ist regelmäßig Gegenstand ausgiebiger Verhandlungen zwischen Senior-Bank und Mezzanine-Kapitalgeber. Angesichts der wesentlichen Folgen für beide Seiten erscheint es gerechtfertigt, hierbei erhebliche Aufmerksamkeit auf eine ausgeglichene, aber praktikable Regelung zu legen. Die Durchsetzung dieses Löschungsrechts kann abgesichert werden, indem die Nachranggrundschuld für die Senior-Bank als Sicherheitentreuhänder des Mezzanine-Kapitalgebers bestellt wird. Alternativ kann bei einer zugunsten des Mezzanine-Kapitalgebers bestellten Nachranggrundschuld die Löschungsbewilligung bereits anfänglich treuhänderisch bei der Senior-Bank hinterlegt werden.

Auch eine Verwertung von Anteilspfandrechten oder eine freihändige Veräußerung der Anteile an der Projektgesellschaft kann für die Senior-Bank attraktiv sein. Eine solche Verwertung setzt – neben der Löschung der Nachranggrundschuld – voraus, dass die Projektgesellschaft keine Mezzanine-Verbindlichkeiten mehr hat. Hier zeigt sich für die Senior-Bank der Vorteil einer strukturellen Subordination des Mezzanine-Kapitals. In diesen Konstellationen ist die Holding-Gesellschaft Schuldner der Mezzanine-Verbindlichkeit. Die Projektgesellschaft selbst schuldet lediglich die Rückzahlung des seitens der Holding-Gesellschaft ausgereichten Gesellschafterdarlehens, welche die Holding-Gesellschaft regelmäßig an die Senior-Bank sicherungsabgetreten hat und damit durch die Senior-Bank kontrolliert werden.


AUTOREN
Verfasserinnen des Gastbeitrags sind Dr. Anika Mitzkait und Claudia Hard, Partnerinnen bei der globalen Wirtschaftskanzlei Greenberg Traurig. Dr. Anika Mitzkait ist Partnerin im Bereich Finanzierungs- und Bankrecht. Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der Begleitung von nationalen und internationalen Finanzierungen von Immobilien aller Assetklassen. Claudia Hard leitet den Bereich Finanzierung & Banking in Deutschland und ist Co-Chair der globalen Praxisgruppe Finance. Sie ist spezialisiert auf große Immobilien-, Projekt- und Unternehmensfinanzierungen.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Greenberg Traurig Germany
Erstveröffentlichung: The Property Post, Mai 2023

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