Non-Core-Investments werden unterschätzt. Das galt vor allem lange für Wohnimmobilien abseits des Mainstreams.
Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass es keineswegs immer Neubau oder hochwertig sanierter Altbaubestand an Top-Standorten sein muss – viele der großen Deals der jüngeren Vergangenheit sind im Non-Core-Bereich angesiedelt. Selbst die lange aus Investorensicht eher belächelten, mit Vorurteilen belegten Plattenbauten sind mehr als salonfähig geworden.
Was genau heißt Non-Core? Nach unserem Verständnis fallen Wohnimmobilien in peripheren Lagen der großen attraktiven Städte darunter, aber auch gute Lagen in demografisch benachteiligten Regionen, die nicht zwangsläufig dem insgesamt negativen Trend bei der Bevölkerungsentwicklung folgen müssen. Meist handelt es sich um Nachkriegsbauten und unsanierte Bestände, die einen höheren, teilweise auch strukturellen Leerstand aufweisen. Die Fluktuation der Mieter ist tendenziell höher als bei Core-Objekten, außerdem sind Mietrückstände hier ein größeres Thema. In den Boomjahren zwischen 2005 und 2007 wurden vielfach Investitionen in diesem Segment getätigt – oft jedoch mit zu hoher Fremdfinanzierung und unrealistischen Businessplänen. Nach der Finanzkrise sind viele Investoren in die vermeintlich sicheren Core-Märkte geflüchtet, sofern sie bereit waren, die teilweise sehr hohen Preise zu zahlen. Hohe Preise wiederum wirken sich negativ auf die Risiko-Rendite-Relation aus.
Aus der Zurückhaltung vieler Investoren im Non-Core-Bereich folgt aber auch, dass der Wettbewerb weniger intensiv ist. Anleger, die dem höheren Risiko zum Trotz Non-Core-Investments tätigen wollen, kommen also tendenziell auch häufiger zum Zug. Ein häufig unterschätzter Vorteil von Non-Core-Wohnungsinvestments: Die Mieten schwanken teilweise deutlich weniger als im Core-Bereich. Entsprechend ist das Rückschlagpotenzial geringer sein als im Spitzensegment, also die Gefahr, dass die Mieten in schwachen Marktphasen einbrechen. Während Objekte im Premiumsegment bei einer Nachvermietung die Spitzenmiete oft nicht halten können – zumindest dann nicht, wenn die Nachvermietung ohne aufwändige Aufwertungsmaßnahmen erfolgen soll –, gilt dies für Non-Core-Objekte seltener.
Ein weiterer Punkt ist, dass das Spitzensegment im Immobilienbestand (nehmen wir als Beispiel den hochwertig sanierten Altbau) grundsätzlich im Wettbewerb zum Neubau steht – preislich sind beide im oberen Segment angesiedelt. Mit jedem Neubau wird der Wettbewerb folglich größer. Im unteren und mittleren Preissegment hingegen, in denen sich aufgrund des geringeren Mietniveaus Neubauten nicht rentieren, ist mittelfristig mit keiner deutlichen Ausweitung des Angebots zu rechen. Bei gleichbleibendem Angebot und perspektivisch steigender Nachfrage nach preiswertem Wohnraum bieten Immobilien im unteren und mittleren Mietpreissegment entsprechende Chancen auf gute Vermietbarkeit.
Wie bereits angedeutet, sind Plattenbauten als Beispiel für Investments im Non-Core-Bereich derzeit en vogue. Alleine in Berlin existieren knapp 260.000 Wohnungen in Plattenbausiedlungen, das sind beachtliche 14 Prozent des gesamten Wohnungsbestands. Von der enormen Anziehungskraft der Stadt für Investoren profitiert die Platte, zumal sie nicht nur aufgrund des Standorts Berlin, sondern auch aus bautechnischer Sicht reizvoll ist: Sie bietet Größenvorteile im Asset Management, bei einer eventuellen Sanierung und auch beim Property Management – woraus entsprechende Kostenvorteile in der Bewirtschaftungsphase entstehen. Zudem bieten Plattenbauten effiziente Grundrisse, so dass selbst vergleichsweise kleine Wohnungen familientauglich sein können. Der Nachfragekreis potenzieller Mieter wird so größer.
Oft ist zudem die Lage innerhalb der Stadt attraktiver, als dies auf den ersten Blick erscheint – in Berlin liegen die Fahrzeiten mit dem öffentlichen Personennahverkehr von den Plattenbaugebieten im Osten der Stadt zum Alexanderplatz zwischen 15 und 30 Minuten und damit zum Teil näher als die Entfernung Spandau-City West. Auch die infrastrukturelle Ausstattung ist häufig besser als angenommen. Die großen Plattenbausiedlungen wurden auf dem Reißbrett entworfen und auf der Grünen Wiese errichtet. Dabei entstanden in den Gebieten Subzentren für die Versorgung der Bewohner, die überwiegend fußläufig zu erreichen sind. Kindertagesstätten, Schulen, Sportanlagen und Ärztehäuser wurden flächendeckend integriert. Die vorhandene Infrastruktur wird meist nach wie vor genutzt, sie wurde zudem mittlerweile überwiegend saniert beziehungsweise modernisiert. Eine Berliner Tageszeitung postulierte kürzlich: Vielleicht habe es die Platte geschafft, Teil des großen Berlin-Mythos zu werden. Als Voraussetzung wird aber auch hier die Lage genannt.
Insgesamt gilt, dass Wohnimmobilien abseits der Core-Märkte, also abseits der stark nachgefragtem Wohnlagen und Wohnungstypen, längst kein Geheimtipp mehr sind. Non-Core-Wohnungsinvestments wie beispielsweise Plattenbauten können lukrative Alternativen zum Core-Objekt sein, wenn für den jeweiligen Standort die entsprechende Strategie gewählt wird – und das erhöhte Risiko eingepreist werden kann. Wir gehen davon aus, dass der Trend zum Non-Core-Investment anhält.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Ernst & Young Real Estate GmbH
Erstveröffentlichung: September 2014, Ernst & Young Real Estate Trends