Herausforderungen in der Assetklasse Nahversorgung
Viele Verbraucher haben in ihrem Konsumverhalten die Nachhaltigkeit im Blick – ganz besonders bei Lebensmitteln. Sie kaufen Bioprodukte, möglichst aus regionaler Herstellung und sparen bei der Verpackung. Doch auch die Supermärkte und Nahversorgungszentren selbst müssen nachhaltiger werden. Investoren achten vermehrt auf die Energieeffizienz im Neubau oder bei der Renovierung, setzen auf Solardächer und Grünflächen an den Märkten oder stellen E-Ladesäulen als Service für die Kunden zur Verfügung.
Der Lebensmitteleinzelhandel hat sich als Anker in der Krise erwiesen. Während temporäre Lockdowns und Hygienemaßnahmen den Onlinehandel im Bereich der Konsumgüter beflügelt haben, weist die E-Food-Branche in Deutschland einen sehr geringen Anteil von etwa 1,0 Prozent am gesamten Lebensmitteleinzelhandel auf. Supermärkte und Nahversorgungszentren sind dank ihrer langfristigen Mietverträge zu Lieblingen der Investoren geworden.
Diese Entwicklung zeigt sich auch auf dem Transaktionsmarkt: Seit Beginn des Jahres 2021 hat sich der Preisauftrieb für Objekte mit Nahversorgungsschwerpunkt deutlich beschleunigt. Für neue oder modernisierte Objekte werden Kaufpreisfaktoren zwischen dem 23- bis 25-fachen der Nettokaltmiete erzielt. Eine Abschwächung ist derzeit nicht erkennbar, denn immer mehr Investoren konzentrieren sich auf das krisenresiliente Marktsegment Nahversorgung. Während der Anlagebedarf der Kapitalanleger hoch ist, sinkt die Verkaufswilligkeit von Bestandsinvestoren und somit die Verfügbarkeit von Produkten auf dem Transaktionsmarkt. Doch nicht nur das geringe Angebot setzt die Investoren zunehmend unter Druck, sondern auch die regulatorischen Anforderungen. Gleichzeitig ändert sich das Einkaufsverhalten der Verbraucher.
Der Lebensmitteleinkauf galt für viele Verbraucher als notwendige Erledigung im Alltag. Doch in Zeiten von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen erfüllte der Gang in den Supermarkt auch eine soziale Funktion und brachte Abwechslung in den Tag – nicht nur für die ältere Bevölkerung. Die Menschen erlebten einen „entstrukturierten“ Alltag, die täglichen Mahlzeiten verlagerten sich von Restaurants und Betriebskantinen in die Wohnungen, Ernährungsdefizite ließen sich wegen geschlossener Einrichtungen nicht mehr so leicht durch Sport kompensieren, und damit stieg das Bewusstsein für gesunde, nachhaltige Lebensmittel. Eine Studie der Managementberatung Horváth & Partners untersuchte während der Lockdowns das Verbraucherbewusstsein und kam zu dem Ergebnis: Die Corona-Pandemie hat die Kunden besonders sensibilisiert für Regionalität, Fairness sowie Nachhaltigkeit und hat die Zahlungsbereitschaft für „grüne“ Produkte erhöht.
Nicht nur für Lebensmittelhersteller und Nahversorger gewinnt das Thema damit an Bedeutung. Auch Investoren haben erkannt, dass eine ESG-Konformität in der Assetklasse Nahversorgung mehr Resilienz gegenüber zukünftigen Krisen schafft. Doch wie können Supermärkte und Nahversorgungszentren nachhaltiger werden?
Die Assetklasse Nahversorgung birgt für Investment- und Asset-Manager besondere Herausforderungen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien. Über 90 Prozent der Mietflächen sind der direkten operationellen Kontrolle der Mieter zuzuordnen. Im Vergleich zu Multi-Tenant-Bürogebäuden mit größeren Allgemeinflächen ist der direkte Einfluss des Vermieters begrenzt und in großem Maße von Aktivität und Kooperation der Mieter abhängig.
Die Erfahrung der HIH Invest zeigt: Der Fokus der Asset-Manager muss auf der Kommunikation mit den Mietern der Nahversorgungsobjekte in ihren Portfolios liegen, um die Nachhaltigkeitsstrategien zu bündeln und z. B. gemeinsam die CO2-Bilanz eines Gebäudes zu verbessern. Für ihren offenen Spezial-AIF „Perspektive Einzelhandel: Fokus Nahversorgung“ setzt die HIH Invest auf die Integration von sogenannten „Green Clauses“ in den Mietverträgen. Beispielhafte Ziele dieser „grünen“ Mietverträge sind auch, die Mietflächen auf den Bezug von Ökostrom und CO2-neutralem Gas umzustellen. Dabei können die Mieter von Großkundenkonditionen profitieren, die die HIH Invest für ihre Portfolios aushandelt. Doch die Asset-Manager haben noch weitere Möglichkeiten, mit denen sie die Nachhaltigkeitsperformance verbessern können.
So gelingt durch die Erzeugung von Solarstrom ein direkter Beitrag zum Klimaschutz. Die überwiegend flachen Dächer von Handelsimmobilien sind bestens geeignet für die Errichtung von Photovoltaikanlagen. Allerdings gibt es eine Vielzahl an technischen und rechtlichen Hürden zu überwinden. Alternativ eignen sich die Dachflächen sehr gut für die Gestaltung von Grünflächen.
Eine weitere zentral durch die Asset-Manager zu steuernde Maßnahme ist die Aufstellung von E-Ladesäulen. Mit diesem Service können Nahversorger bei ihren Kunden punkten und zudem die Akzeptanz für Elektroautos erhöhen, weil entsprechende Ladekapazitäten ausgebaut werden. Die HIH Invest ist mit ihren Mietern im Austausch, bauliche Umsetzungen und erste Inbetriebnahmen für das Portfolio des Nahversorgungsfonds sind bereits in Planung. Zudem gibt es Initiativen großer Betreiber, wie beispielsweise Rewe, die selbständig E-Ladesäulen einrichten.
Den Asset-Managern fällt eine zentrale Rolle zu, Supermärkte und Nahversorgungszentren CO2-neutral zu gestalten. Sie fungieren als Schnittstelle zwischen den Investoren und den Nahversorgern und können durch zentral steuerbare ESG-Maßnahmen auch die Verbraucher direkt in den Klimaschutz einbinden.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von HIH Invest Real Estate
Erstveröffentlichung: The Property Post, Dezember 2021