Das Homeoffice ersetzt kein Büro
Die Corona-Pandemie ist der „schwarze Schwan“, den die Immobilienbranche seit Jahren gefürchtet hat. Der exogene Schock trifft die deutsche Wirtschaft am Ende einer nachlassenden, zehnjährigen Boomphase und kann als ein Beschleuniger der ohnehin anstehenden Rezession betrachtet werden. Damit entpuppten die sich abzeichnenden Entwicklungen, wie der begonnene Strukturwandel des Einzelhandels, die immer größer werdende Bedeutung des E-Commerce und die fortschreitende Digitalisierung, quasi über Nacht als ein Damoklesschwert insbesondere für die Segmente Hotel, Microliving und Studenthousing sowie für den Non-Food Einzelhandel. Aber was wird aus den klassischen Büros?
Die Lage zählt
Die dynamische Entwicklung des Büromarktes wurde im März 2020 mit einer gravierenden Situation konfrontiert. Doch während insbesondere CoWorking-Konzepte einem Härtetest unterzogen werden, bleibt der Bedarf nach Büroflächen weiterhin vorhanden. Zwar warten Unternehmen, die Flächenvergrößerungen für 2020 geplant hatten, jetzt erst einmal ab, wie sie durch die Krise kommen. Doch die geringen Flächenreserven sind auch künftig nicht im Stande den Bedarf zu decken. Laut bulwiengesa ist die Zahl der Bürobeschäftigten in den Jahren 2005 bis 2020 in Deutschland um rund zwei Millionen neue Büroarbeiter gewachsen, was einem zusätzlichen Büroflächenbedarf von rund 50 Millionen Quadratmetern entspricht. Gebaut wurden in dieser Zeit jedoch nur drei Millionen Quadratmeter. Schuld ist der Angebotsmangel an passenden Grundstücken. Das klassische Bürosegment scheint also mit einem blauen Auge durch die Krise zu kommen. Das Beratungsunternehmen Wüest Partner prognostiziert für die meisten Büros stabile Preise. Entscheidend ist hierbei die Lage: Während Mieten für nicht modernisierte Bürobestände und Flächen in Randlagen durchaus auch deutlicher sinken und es zu höheren Leerständen kommen kann, zeigen sich die Top-Lagen in robuster Verfassung. Lediglich die Preissprünge der letzten Jahre werden vorerst ausbleiben.
Jetzt ist Flexibilität gefragt
Während des Shutdowns, mit geltendem Kontaktverbot, Abstandsregeln, geschlossenen Schulen und Kitas, war für viele Büroarbeiter das Homeoffice die einzige Option, der beruflichen Tätigkeit weiter nachgehen zu können. Damit wurde die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch zu einer Herausforderung. Jetzt, wo Lockerungen ein Stück mehr Alltag ermöglichen, muss uns dennoch bewusst sein: Die Corona-Pandemie und die gemachten Erfahrungen werden die Nachfrage von Unternehmen und Mitarbeitern in puncto Büroflächen verändern.
Die wachsende Akzeptanz des Homeoffice bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass der Büroflächenbedarf zurück geht. Das mobile Arbeiten wird auch künftig einen wichtigen Teil der Infrastruktur von Unternehmen darstellen, genauso wie die Flexibilität, darauf in der Fläche zu reagieren. Vielen Mitarbeitern ist die Option auf Homeoffice genauso wichtig wie die Möglichkeit zur Präsenz im Büro. Auch das Prinzip des Desksharing findet nicht überall Anhänger. Denn viele Büros schätzen einen eigenen Arbeitsplatz nach wie vor. Und kompensieren nicht auch die Abstandsregeln mögliche Flächenreduzierungen? Wie Unternehmen mit diesen Veränderungen umgehen, wird sich zeigen.
Jetzt heißt das Zauberwort Mobilität! Die sich wandelnden Arbeitswelten und NewWork-Konzepte haben den Bürosektor bereits vor der Pandemie geprägt. Mit COVID-19 hat dieser Flexibilitätsanspruch einen enormen Bedeutungsschub erhalten. Mobile Trennwände beispielsweise spielen künftig eine wichtige Rolle. Gebäude mit vermietbaren Flächen von 200 Quadratmetern bis 600 Quadratmetern pro Vermietungseinheit, haben dabei klare Vorteile. Hierbei handelt es sich meistens um innerstädtische Gebäude mit einer Gesamtfläche von 2.500 bis 5.000 Quadratmetern. Solche Immobilien sind sowohl für mehrere Mieter, als auch als Single Tenant Objekt geeignet. Bei diesen Gebäuden im CBD der Top-7 rechnen wir mit einer weiterhin starken Nachfrage.
Fakt ist: Die Pause in der Flächennachfrage geht auf die Einschränkungen dieser Krise zurück und wird daher nur temporär sein. Corona bedeutet also nicht das Ende der Büros. Büroimmobilien bleiben ein attraktives Investment, wenn sie sich unseren veränderten Anforderungen anpassen.
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Erstveröffentlichung: Fondsbuch, November 2020