03.07.2018

Neue offene Immobilienfonds

„Das Vertrauen der privaten Anleger ist zurückgekehrt“

Michael Schneider, Geschäftsführer, INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Michael Schneider

Für Privatanleger sind offene Immobilienfonds eine der wenigen Möglichkeiten, schon ab 50 Euro in Immobilien zu investieren. Allerdings geriet die Anlageklasse in Folge der Finanzkrise selbst in eine Krise. Jetzt kommen zum ersten Mal wieder mehrere neue Fonds für Privatanleger auf den Markt. Sollten Anleger in die neuen Fonds investieren?

Lange galten die offenen Immobilien-Publikumsfonds als Anlegers Liebling. Privatinvestoren können über die Fonds mit kleinen Summen – bereits ab 50 Euro – in Immobilien investieren. Sie erreichen damit zwar nur eine eher moderate, aber dafür sehr stabile Wertentwicklung mit regelmäßigen Auszahlungen.

Die Finanzkrise hat alles verändert: In den Jahren nach 2008 mussten offene Immobilienfonds mit einem Vermögen von rund 20 Mrd. Euro abgewickelt werden. Die Anleger verloren zum Teil auch Geld und die Fonds schienen als Investment für Privatanleger endgültig abgemeldet. „Überlebende“ der Krise waren die großen Fondsanbieter mit Bankenhintergrund.

Dieses Bild hat sich in den vergangenen beiden Jahren jedoch signifikant aufgehellt. Nach einer Dürreperiode, die auf die Krisenjahre folgte, kommen nun wieder neue offene Immobilienfonds für Privatanleger auf den Markt. Sowohl etablierte Fondshäuser wie Deka Immobilien als auch Newcomer in Sachen offene Immobilienfonds wie Swiss Life Asset Managers legten neue Fonds auf.

In den vergangenen drei Jahren wurden insgesamt zehn neue offene Immobilienfonds aufgelegt und angekündigt, davon sechs mit kleinen Mindestanlagesummen, sodass sie wirklich für Privatanleger in Frage kommen. Die anderen vier richten sich an semi-professionelle Anleger wie beispielweise Stiftungen oder sehr vermögende Privatpersonen.

Konstruktionsfehler sind behoben

Was haben Privatanleger von den neuen Fonds zu halten? Zunächst einmal ist festzuhalten, dass der Gesetzgeber einige Konstruktionsfehler der Fonds, die mit zur Krise beigetragen haben, behoben hat. Anleger können ihre Gelder seit 2013 nicht mehr täglich abziehen. Diese kurzfristige Verfügbarkeit hatte die Fonds im Zuge der Finanzkrise in Liquiditätsnöte gebracht.

Heute müssen Investoren ihre Anteilscheine anfänglich mindestens zwei Jahre halten. Hinzu kommt eine Rückgabefrist von mindestens einem Jahr. Dadurch hat das Fondsmanagement ausreichend Reaktionszeit für die Liquiditäts- und Fondssteuerung. Eine weitere Lehre, die aus der Krise gezogen wurde, ist die strikte Trennung von institutionellen und privaten Geldern. Der schnelle Abzug von großen Summen aus den Fonds durch institutionelle Investoren hatte 2008 maßgeblich zur Schließung und – nach alter Gesetzlage – automatischen Zwangsliquidation mehrerer Fonds beigetragen.

Neue Fonds treffen auf wachsende Kundennachfrage

Darüber hinaus ist es begrüßenswert, dass mit den neuen Produktinitiativen das Oligopol der großen vier Fondsanbieter und deren nur begrenztes Fondsangebot aufgebrochen wird und die Anleger wieder aus einer breiten Produktpalette wählen können – zumal auch private Anleger Immobilienanlagemöglichkeiten suchen, die den erhöhten gesetzlichen Anlegerschutzvorgaben entsprechen.

Hinzu kommt: Viele der neuen Fonds haben eine deutlich stärkere strategische Fokussierung als die Fonds alter Machart. Die Fonds aus der Zeit vor der Krise investieren alle überwiegend in Büroimmobilien, ergänzt zu einem kleineren Teil um die Nutzungsarten Handel und Logistik. Die neuen Fonds investieren dagegen teilweise in ausgewählte Nutzungsarten wie zum Beispiel Wohnen. Andere haben einen spezifischen, geografischen Zuschnitt und investieren beispielsweise nur im Freistaat Bayern oder nur in Nordamerika. Sie bilden somit attraktive Produktergänzungen zu den eher generalistisch aufgestellten großen Bestandsfonds.

Ankauf von neuen Objekten aktuell größte Herausforderung

Die wohl größte Herausforderung der neuen Fonds ist derzeit der Ankauf von Immobilien. Die Fonds müssen ihre Portfolios in einer Marktphase aufbauen, die von hohem Nachfrageüberhang und hohen Immobilienpreisen geprägt ist. Dies birgt das Risiko, dass die Fonds teuer einkaufen und in schwächeren Marktphasen ggf. Abwertungen vornehmen müssen. Allerdings ist in der Praxis zu konstatieren, dass die meisten neuen Fonds sehr selektiv ankaufen und ihre Portfolios vergleichsweise langsam aufbauen. Darüber hinaus sind sie bestrebt, mit ihren Spezialisierungen attraktive Investmentchancen zu identifizieren.

Anleger sollten sich das Startportfolio eines Fonds – in der Regel gehen neue Fonds mit einem kleinen Startportfolio an den Markt – genau anschauen. Wie ist die Relation von Mieteinnahmen und Kaufpreis? Wie sind die Restlaufzeiten der Mietverträge? Ein Vorteil bei offenen Immobilienfonds ist, dass diese Informationen öffentlich zugänglich sind und in den halbjährlich zu veröffentlichenden Geschäftsberichten eingesehen werden können. Außerdem sollten sie einen Blick auf den Track Record der Management-Gesellschaft werfen und sich ein Bild davon machen, wie die Gesellschaft den Zugang zu Objekten sicherstellen will.

Dazu ein Beispiel. Der Wohnimmobilienexperte Industria Wohnen ist seit über 60 Jahren am Markt und managt Immobilienfonds mit einem Investmentvolumen von insgesamt rund zwei Milliarden Euro. Im Jahr 2015 legte das Haus einen ersten offenen Wohnimmobilienfonds für Privatanleger auf. Guten Zugang zu neuen Immobilien für den Fonds hat Industria Wohnen aus seiner langfristigen und umfassenden Geschäftstätigkeit.  

Renditen im Schnitt zwischen 2,0 und 3,0 Prozent

Welche Renditen können Anleger erwarten? Betrachtet man die Gesamtbranche, liegt die durchschnittliche Rendite bei einem Betrachtungszeitraum von zehn Jahren bei 2,5 Prozent pro Jahr und bei einem Fünfjahreszeitraum bei 2,7 Prozent pro Jahr. Die neuen Fonds liegen sogar aktuell noch darüber. Angesichts weiterhin hoher Kaufpreise (und damit sinkenden Immobilienrenditen) ist im Schnitt eher mit leicht sinkenden als mit steigenden Renditen zu rechnen. Zu dieser Entwicklung leistet auch das Niedrigzinsumfeld einen Beitrag: Denn die Fonds investieren nicht nur in Immobilien, sondern halten einen Teil der Gelder in liquiden Mitteln vor – für Anteilsrückgaben, Ausschüttungen, Bewirtschaftung der Objekte etc. Diese Gelder bringen derzeit allerdings keine Zinsen bzw. generieren sogar Kosten und  verwässern die Immobilienfondsrendite.

Fazit: Das Vertrauen privater Anleger in offene Immobilienfonds ist zurückgekehrt. Das zeigen die sehr hohen Mittelzuflüsse im Milliardenbereich in den vergangenen Jahren. Die neuen Fonds sind eine attraktive Option für Privatanleger – zumal viele der Altfonds derzeit keine bzw. nur geringe neue Anlegergelder mehr annehmen. Dennoch sollten Anleger das Startportfolio, die Fondsstrategie und den Track Record der Anbieter kritisch würdigen und auch untereinander vergleichen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Erstveröffentlichung: Das Investment, Mai 2018

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