02.05.2016

Run auf Zertifikate

Nachhaltigkeit als Gewinnfaktor im Risikomanagement

Ralf F. Bode, Geschäftsführer, atmosgrad° GmbH
Ralf F. Bode

Der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeitsanforderungen und Risikomanagement in der Immobilienwirtschaft wird vor dem Hintergrund des stark steigenden Anteils zertifizierter Objekte immer deutlicher. In den letzten sechs Monaten ist der zertifizierte Büroflächenbestand in den sieben deutschen Immobilienhochburgen um 7% gestiegen (CESAR von JLL, Sept. 2014), und aus 423.000 m2 neuer Büroflächen wurden 38% zertifiziert. Der Anteil von 13% zertifizierter Bürofläche am Gesamtflächenbestand von Frankfurt am Main und weiter steigende Zahlen vor allem in der Zertifizierung von Bestandsobjekten belegen die Relevanz des Themas.

Green Building und Zertifizierung sind inzwischen zum festen Bestandteil immobilienwirtschaftlicher Zukunftsstrategien geworden. Unter Green Building wird allgemein das Bauen energie- und ressourceneffizienter nachhaltiger Immobilien im Sinne ökologischer, sozialer und ökonomischer Werte verstanden. Zertifizierung ist darüber hinaus der formale Prozess der Dokumentation Bewertung und Auszeichnung von Nachhaltigkeit in Gebäuden.

Immer geht es um den Nachweis von Qualitäten und die Transparenz von Gebäudeeigenschaften. Flächeneffizienz und Lebenszykluskosten beispielsweise, beschreiben die ökonomische Seite, während Kriterien wie thermischer Komfort und Innenraumluftqualität den Nutzerkomfort unmittelbar bestimmen. Diese Qualitäten beeinflussen die Vermietbarkeit und damit die Werthaltigkeit und letztlich die Zukunftsfähigkeit der Gebäude. Die Risiken von Immobilien werden zukünftig auch bestimmt durch erhöhte Transparenzanforderungen von Immobilieninvestoren, Aktionären und Öffentlichkeit. Investoren nutzen die über die Zertifizierungskriterien nachgewiesene Nachhaltigkeit bereits als Risikomanagement-Tool und Vertriebsargument. Nutzern fällt es leicht, durch die Anmietung von Green Buildings ihre „Corporate Social Responsibility“ zu belegen und das Zertifikat in der Kommunikation zu nutzen.

Mit dem Zertifikat wird die Frage beantwortet, ob die Qualität eines Gebäudes auch in einigen Jahren noch tragfähig ist und ein gutes Investment darstellt. Wichtig ist deshalb die Kommunikationsfunktion in Richtung potenzieller Käufer: Die wesentlichen Informationen zum Objekt sind in einer Urkunde gebündelt und die unzähligen Ordner für eine technischen Due Diligence können zunächst im Archiv bleiben. Auch für die Portfoliosteuerung des Eigentümers ist die Zertifizierungsurkunde ein wertvolles Instrument. Der Portfoliomanager findet darin Informationen jenseits der Mietrendite, die seine Entscheidungen zu Investment oder Verkauf beeinflussen sollten: Die Frage, ob ein Haus auch übermorgen noch vermietbar ist, kann damit nachvollziehbar in die Rendite/Risiko-Relation eingehen.

Durch strategisches Immobilienmanagement und der Einbeziehung dieser Anforderungen öffnet sich der Teufelskreis aus alt, älter, unvermietbar. Green Building zwingt dazu, über Objektstrategien nachzudenken und zu handeln. Dies gilt sowohl für den Neubau als auch für den Bestand.

Zertifizierungssysteme sind darauf ausgerichtet, in der Projektphase genutzt zu werden, so die Verlässlichkeit der Planungsprozesse zu erhöhen und damit schon in der Entwicklungsphase Risiken zu reduzieren. Die Kriterienkataloge funktionieren als Checkliste für Bauherr und Planungsteam und bieten eine Fülle von Ziel- und Vergleichswerten aus Best Practice – Projekten, an denen sich eine zeitgemäße Immobilie messen lassen muss. Der Bauherr bekommt damit Leitlinien der Nachhaltigkeit und gleichzeitig ein Diagnosetool mit Benchmarks für die Arbeit der Fachleute. Richtig eingesetzt ist das Zertifikat Grundlage für Vermarktungskampagnen ebenso wie für „grüne Mietverträge“ als Handlungsgrundlage für das Zusammenspiel von Mieter und Vermieter.

Gewerbliche Immobilien stehen immer intensiver auf dem Prüfstand, die Nutzer prüfen auf Ihre Anforderungen, die Investoren prüfen auf Marktfähigkeit und die Banken müssen im Hintergrund die Werthaltigkeit sicherstellen. Deshalb wird es bald schon kaum noch eine Technische Due Diligence geben, in der neben den üblichen Dokumenten wie Baugenehmigungen und Altlastenuntersuchungen nicht auch die Urkunde des Nachhaltigkeitszertifikats abgefragt wird.

Risikomanagement und Zertifizierung hängen in der Objektstrategie unweigerlich miteinander zusammen. Wenn die Weichen hier richtig gestellt werden, dann können Immobilienunternehmen sich dadurch profilieren und erhalten Wettbewerbsvorteile. Offenheit und Transparenz spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Nachhaltigkeit wird sich als ein entscheidender Wettbewerbsfaktor zeigen. Wie der amerikanische Green Building-Vorreiter Jerry Yudelson treffend formuliert: „Wer nicht mitmacht, hat schon verloren!“

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von atmosgrad
Erstveröffentlichung: Newsletter der CORESIS Management GmbH 12/2014