Steuer- und Marktexpertise gefragt
Der Hotelmarkt in Deutschland bleibt privat dominiert. Schätzungen zufolge befinden sich rund 60 Prozent der über 10.000 Hotels hierzulande im Eigentum von Familienunternehmen. Zu den Akteuren im Privathotelsektor zählen nicht nur Individualbetriebe, sondern auch Betreibergesellschaften mit einer Handvoll bis hin zu 20 Hotels. Betreiber in der Privathotellerie sind häufig seit mehreren Generationen am Standort vertreten – und stehen nicht nur angesichts der aktuellen Marktlage vor einem Investitions- oder gar Verkaufsdruck, sondern zusehends auch aufgrund fehlender Nachfolge. Dabei ergeben sich nicht nur steuerliche Herausforderungen, sondern es lauern auch Fallstricke bei der Suche nach einem geeigneten Käufer.
Die Gründe für den Verkauf eines Privathotels sind vielfältiger Natur: Private-Equity-Gesellschaften kaufen sich in funktionierende Gesellschaften ohne operative Änderung, aber mit hohem Wachstumspotenzial ein, wie es zuletzt Aurelius Wachstumskapital mit der Berliner Privathotelgruppe Lindemann belegte. Staatsfonds aus dem arabischen Raum erwerben bereits seit einigen Jahren zuvor privat geführte Objekte des Luxussegments im DACH-Raum. Ein wesentlicher Verkaufsgrund wird zusehends die mangelnde Nachfolge in Betrieben, die seit mehreren Generationen in der Region verankert sind. Wohlgemerkt: Es handelt sich nicht um Notverkäufe, die Objekte sind wirtschaftlich erfolgreich. Über eine mangelnde Rentabilität können sich die größeren Privathoteliers gerade nicht beklagen. Tatsächlich wuchs nach Berechnungen von Union Investment der Anteil investmentfähiger Hotels außerhalb von Städten und Kettenhotellerie auf 25 Prozent der insgesamt 400.000 Hotelzimmer in Deutschland.
Steuerlicher Musterprozess in der Nachfolge
Grundsätzlich erfolgt die Nachfolgeregelung bei Privathotels in einem Dreiklang, der sich von der allgemeinen Unternehmensnachfolge nicht unterscheidet. Am Anfang steht die Bedürfnisermittlung des Inhabers zur Klärung der Frage, ob eine gestaffelte oder auch nur teilweise Übergabe der Vermögenswerte erfolgen soll. Daran anschließend erfolgt die Bewertung des Portfolios zur steuerlichen Bemessung, ehe es dann im finalen Schritt zur Übertragung auf den Erwerber und zur steuerlichen Festsetzung durch das Finanzamt kommt. Um eine Nachfolge steuerlich zu optimieren, bieten sich Schenkungen anstelle von Erbregelungen an. Frei von Erbschaft- und Schenkungsteuer bleibt die Übergabe bis zu der sogenannten Großerwerbsgrenze von 26 Millionen Euro, wenn der Betrieb bestimmte Anforderungen erfüllt. Diese Grenze unterschreiten die meisten Privathoteliers.
Die nicht-begünstigten Werte des Betriebs wie z.B. Wertpapierdepots oder bestimmte Finanzmittel können nur sehr eingeschränkt erbschaftsteuerfrei übertragen werden. Anders gesagt: Wenn neben den Hotels alle Vermögenswerte in die Nachfolge einfließen sollen, muss genau geprüft werden, welches Vermögen von der Erbschaftsteuerbefreiung profitieren kann.
Eine Verlagerung der Gesellschaften ins Ausland, um eine geringere Steuerlast zu erreichen, ist in der Regel nicht zielführend, wenn sowohl der Schenker als auch der Beschenkte ihren Hauptwohnsitz und das größte Steueraufkommen in Deutschland haben. Auch die Gesellschaftsform des Hotelunternehmens hat unterschiedliche steuerliche Auswirkungen. Personengesellschaften wie Kommanditgesellschaften (KG, GmbH & Co. KG) oder Offene Handelsgesellschaften (OHG) sind grundsätzlich als steuerliche Mitunternehmerschaft begünstigungsfähig, sodass eine realistische Chance auf die Verschonung für betriebliches Vermögen bei der Erbschaftsteuer besteht. Bei der klassischen GmbH gilt die 25%-Grenze: Sobald der Erblasser oder Schenker Gesellschaftsanteile am Nennkapital über dieser Grenze hält, kann die Übertragung unter bestimmten Voraussetzungen ebenso erbschaftsteuerfrei sein.
Im Schenkungsfall entfällt regelmäßig die Grunderwerbsteuer, solange das vollständige Grundstück an den Nachfolger geschenkt wird. Wichtig ist hierbei, dass es sich um eine unentgeltliche Übertragung handelt ohne einschränkende Zusatzklauseln wie Nießbräuche.
Marktexpertise als notwendiges Kriterium
Außerhalb der steuerrechtlichen Komponenten ist der Verkaufsprozess in der Privathotellerie an Kommunikations- und Marktaspekte gebunden. Da es um die Veräußerung eines häufig generationenübergreifenden Lebenswerkes geht, ist die behutsame Beachtung persönlicher Interessen von entscheidender Bedeutung. Es bedarf einer profunden Marktkenntnis, um Konzepte und Bonität möglicher Investoren und Betreiber unabhängig zu beurteilen. Nur über spezialisierte Berater gelingt zum einen der Zugang zu geeigneten Kaufinteressenten. Zum anderen kann das bestehende Hotelkonzept auf dessen Eignung für externe Betreibergesellschaften und Hotelmarken überprüft und aufbereitet werden. Diese Expertise kann bei der Selektion eines passenden neuen Betreibers eine angemessene Berücksichtigung finden, um auf diese Weise eine marktfähige Miete beziehungsweise einen angemessenen Verkaufspreis bestimmen zu können
Zu den weiteren spezifischen Serviceleistungen zählt die Zusammenstellung aller relevanten Informationen für Bewertung und Due-Diligence, d.h. der sorgfältigen Ankaufsprüfung. Laufende Verträge, Grundrisspläne, Versicherungspolicen und operative Kennzahlen werden hierbei ebenso beleuchtet wie mögliche Refurbishment-Maßnahmen im Zuge einer energetischen Optimierung der Immobilie. Der Hotelinvestmentmarkt ist ein Nischensegment mit einer vergleichsweise überschaubaren Anzahl von Akteuren. Seine Usancen gilt es zu kennen, um den Wert einer funktionierenden Hotelimmobilie zu bewahren.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Select Hotel Consulting & Rödl & Partner
Erstveröffentlichung: The Property Post, April 2024