11.03.2021

Meilenstein der ESG-Regulierung

Hannah Dellemann, ESG-Beauftrage, INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Michael Schneider, Geschäftsführer, INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Hannah Dellemann

Mit der Offenlegungsverordnung trat am 10. März die erste wichtige Etappe der europäischen ESG-Regulierung in Kraft. Seitdem müssen Nachhaltigkeitsinformationen auf Webseiten, in Verkaufsprospekten und Berichten veröffentlicht werden. Was sich ändert und welche Regulierungsschritte noch kommen.

Gestern – am 10. März 2021 – trat mit der Offenlegungsverordnung der erste große Meilenstein ESG-Regulierung der Europäischen Union (EU) in Kraft. ESG steht für die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit Ökologie (E), Soziales (S) und Governance (G). Alle Finanzmarktteilnehmer darunter auch Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGs) müssen mit diesem Tag die Vorgaben der Verordnung umsetzen. Die Verordnung verpflichtet zu mehr Transparenz in Sachen Nachhaltigkeit. Grundsätzlich müssen KVGs jetzt an drei Stellen Angaben zur Nachhaltigkeit ihrer Produkte machen – auf der Homepage, in den vorvertraglichen Informationen und in den regelmäßigen Berichten.

Ziel der Offenlegungsverordnung ist es, dem Anleger Transparenz über die Nachhaltigkeit eines Investments zu verschaffen. Er soll sich vor der Anlageentscheidung ein Bild machen können, welche Folgen seine Investition für Klima, Soziales und Unternehmensführung hat. Für die KVGs bedeutet das allerdings einen großen Aufwand. Sie müssen ihre Webseiten, Verkaufsprospekte und Anlegerinformationen sowie die Berichte anpassen.

Informationen zu ESG auf Gesellschafts- und Produktebene bereitstellen
Was sieht die Verordnung genau vor? Ab dem 10. März 2021 müssen alle Finanzmarktteilnehmer erläutern, wie sie mit Nachhaltigkeitsrisiken umgehen, und zwar auf Gesellschafts- und auf Produktebene. Eine Stelle, an der darüber Transparenz hergestellt werden muss, ist die Homepage des Unternehmens. Dort muss jede KVG Informationen zu Strategien zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken bei Investitionsentscheidungsprozessen bereitstellen. Beispielsweise muss dort angegeben werden, wie Nachhaltigkeitsrisiken gemessen und gewichtet werden.

Des Weiteren müssen Angaben zur Nachhaltigkeit in den vorvertraglichen Informationen – das sind die Wesentlichen Anlagebedingungen (WAI) und der Verkaufsprospekt – und in den regelmäßigen Halbjahres- und Jahresberichten gemacht werden. Wenn ein Finanzprodukt mit ökologischen oder sozialen Merkmalen beworben wird, müssen dazu genauere Angaben gemacht und erklärt werden, wie diese Merkmale erfüllt werden. Wenn beispielsweise mit einer Reduzierung der CO2-Emissionen geworben wird, muss transparent dargestellt werden, inwiefern die angestrebte Reduktion zu den Pariser Klimazielen beiträgt.

Offenlegungsverordnung tritt nur teilweise in Kraft
Allerdings gibt es bei der Offenlegungsverordnung in einigen zentralen Punkten Unklarheiten. Die EU hat beim Gesetzgebungsprozess ihren eigenen Zeitplan nicht eingehalten. Am 10. März trat nur der Text der Verordnung selbst in Kraft (Level 1). Die Ausführungsbestimmungen (Level 2) sollten eigentlich zum Jahresende 2020 final beschlossen werden. Da sie jedoch immer noch nicht vorliegen, müssen sie voraussichtlich erst Anfang 2022 angewendet werden.

Mit dem 10. März 2021 trat also nur ein erster Teil der Verordnung in Kraft. Alles, was die Marktteilnehmer bis dahin nach aktuellem Regulierungsstand erstellen, muss noch einmal angepasst werden. Voraussichtlich zum 01.01.2022 müssen alle offengelegten Informationen gemäß den Vorgaben der finalen Level 2 Ausführungen ganz oder in Teilen erneut überarbeitet werden. Auf Produktebene bedeutet dies, dass insbesondere für Artikel 8 (Strategie) und Artikel 9 (Impact) nach der Offenlegungsverordnung aktuell nicht final geklärt ist, welche Voraussetzungen sie zukünftig zu erfüllen haben. Auch die Prospektierung und die Anlegerinformationen werden hinsichtlich der ESG-Aussagen nochmals überarbeitet werden müssen. Für die KVGs bedeutet das erheblichen Mehraufwand.
Fazit: Für die Marktteilnehmer bedeutet dieses versetzte Inkrafttreten vor allem Doppelarbeit, die ein vernünftiges Timing der regulatorischen Vorgabenabläufe hätte vermeiden können. Diesen Kollateralschaden müssen die betroffenen Markteilnehmer tragen.

 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Intreal
Erstveröffentlichung: TPP, März 2021

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