Wie Europa eine neue Regulierung einführt – und damit fast richtig liegt
Menschen rund um den Globus zu verbinden und ihnen zu ermöglichen, überall zu leben und zu arbeiten und verschiedene Kulturen zu erleben, Grenzen zwischen Nationen abzubauen und Respekt zwischen den Menschen zu schaffen, wird eine integrativere, nachhaltige Welt mit weniger Angst und Kriegen schaffen. Das ist das Versprechen der Europäischen Union – und das sollte deshalb zum echten Handlungsmaßstab für europäische Binnenmarktpolitik sein. Man sollte es Menschen so einfach wie möglich machen, nicht nur in Europa zu reisen, sondern auch temporär zu wohnen.
Touristische Ferienwohnungsvermietung ist in vielen Metropolen Europas zum Ärgernis geworden. Gerade in den ohnehin angespannten Wohnungsmärkten sorgen touristische Angebote für soziale Verdrängung oder dafür, dass vielfach regulärer Wohnraum durch Vermietung an Touristen dem Markt entzogen wurde, was es sowohl der lokalen Bevölkerung als auch Zuziehenden erschwerte, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
EU schlägt eine neue Regulierung vor
Um diesem Umstand zu begegnen, hat die EU-Kommission bereits im März 2020 die "Short-Term-Rental-Initiative" ("STR") gestartet. In einem langen Assessment – einschließlich öffentlicher Konsultation mit Stakeholdern in ganz Europa – sollte geprüft werden, inwieweit Übernachtungsmöglichkeiten den Austausch innerhalb Europas befördern oder behindern, welche Rolle touristische Vermietungen spielen und ob es eine Regulierung von Plattformen braucht, um eine höhere Transparenz auf dem Markt zu gewährleisten.
Vor wenigen Wochen präsentierte die EU-Kommission nun das Ergebnis. Auf den ersten Blick stapelt die Behörde tief. Denn zunächst scheint es nur um Informationsgewinnung und Erhöhung der Transparenz von kurzfristiger Vermietung zu gehen. Dazu sollen Angebotsplattformen monatlich Daten über die Vermietung (Anzahl der Nächte, Personalien der Gäste, etc.) an die lokalen Behörden übermitteln. Ferner sollen die Plattformen sicherstellen, dass die erforderlichen Registrierungsnummern im Rahmen des Angebots ausgewiesen werden, damit die Behörden stichprobenartig untersuchen können, ob es sich um touristische oder reguläre Vermietung handelt und so erzielte Gewinne vorenthalten werden. Das klingt vernünftig – und ist es letztlich auch.
Im öffentlichen Konsultationsverfahren hatten sich schließlich 97,5 Prozent aller Anbieter und 88 Prozent der lokalen Behörden, die sich an der Befragung beteiligt haben, genau für eine solche Transparenzoffensive ausgesprochen. Denn eine verhältnismäßige Regulierung schafft in den Augen aller Sicherheit und Akzeptanz. Insoweit ist der Vorschlag der EU-Kommission nicht nur richtig, sondern in weiten Teilen auch gelungen.
Auf den zweiten Blick kommt es an
Wenn man dann ein bisschen genauer hinschaut, dann hat die „STR“ an manchen Stellen jedoch leider ziemlich überschießenden Charakter. So müssten Plattformen für Kurzzeitvermietungen nach diesen Plänen künftig auch Pflichten des „Digital Market Acts“ anwenden. Diese ebenfalls sinnvolle Verordnung wurde erst kürzlich erlassen, um gigantische Weltplattformen wie Google, Amazon & Co. zu regulieren. Dabei geht es darum, dass diese großen Plattformen schlicht in manchen Bereichen eine monopolistische Gatekeepter-Funktion einnehmen, etwa wenn Amazon bestimmte Suchergebnisse vorfiltert oder priorisiert und damit automatisch andere Angebote, die genauso gut auf eine Suchanfrage passen könnten, benachteiligt. Um mehr Fairness walten zu lassen, hat die EU-Kommission unter Mitwirkung des Parlaments und des Rats ziemlich scharfe Bedingungen an das Listing, an den Datenschutz, an die Datenweitergabe mit Behörden und vieles weitere mehr eingeführt. Bei Verstoß gegen Regeln wird eine Geldbuße von 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes und/oder Zwangsgelder i.H.v. 5 Prozent des durchschnittlichen Tagesumsatzes verhängt. Der Digital Market Act gilt aus guten Gründen nur für die acht größten Plattformen der Welt.
Ziemlich versteckt im STR-Verordnungsvorschlag findet nun jedoch eine Verknüpfung zwischen der sinnvollen Transparenzoffensive der STR-Verordnung und des Digital Market Acts statt, indem plötzlich kleinere Plattformen mit denselben Auflagen belegt werden. Der Digital Market Act „durch die Hintertür“ bedeutet demnächst eine unnötige Bürde für kleinere und mittlere Plattformbetreiber.
Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Zeitwohnen und touristischen Angeboten
Auch hat die STR derzeit noch Schwierigkeiten, touristische Beherbergungen sauber von Zeitwohnen zu unterscheiden. Hier ließe sich ebenfalls nachbessern. Der EU wäre am ehesten geholfen, würde sie das Mietrecht im Rahmen ihrer Möglichkeiten harmonisieren. Einheitliche Kriterien für die temporäre Vermietung möblierter Wohnungen, würde viele Probleme wie etwa die Abgrenzung zu Ferienwohnungen lösen.
Im Zentrum sollte zunächst stehen, ab wann tatsächliche Vermietung (sinnvoll) vorliegt und was als touristische Vermietung (zu regulieren) gilt. Folgende Kriterien für reguläre Vermietung sind denkbar:
1. Verlegung des Lebensmittelpunkts in die angemietete Zeitwohnung
2. Bezahlung und Abschluss des Mietvertrags in Monaten (Mindestmietdauer 1 Monat)
3. Anmeldung am neuen Wohnort
4. Keine touristischen Dienstleistungen (Restauration, tägliche Reinigung etc.)
5. Voraussetzungen für das Führen eines regulären Haushalts sind gegeben (Größe, Ausstattung)
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Erstveröffentlichung: TPP, Dezember 2022