29.11.2016

Marktradar Dezember 2016

Höhere Zinsen in den USA sind wahrscheinlich

Francesco Fedele, CEO, BF.direkt AG
Prof. Dr. Steffen Sebastian, Lehrstuhl für Immobilienfinanzierung (Real Estate Finance), IREBS Institut für Immobilienwirtschaft
Francesco Fedele

Höhere Zinsen in den USA sind wahrscheinlich

Im Verlauf des Novembers sind in Deutschland die langfristigen Zinsen erstmals wieder gestiegen. Der zehnjährige Zinsswap, der zu Monatsbeginn noch bei 0,49 Prozent lag, ist in den darauffolgenden Wochen auf 0,72 Prozent gestiegen. Zum Monatsende lag der Wert bei 0,66 Prozent. Das ist zwar immer noch sehr niedrig, aber – nach leichten Zinssteigerungen im September und Oktober – doch der erste nennenswerte Zinsanstieg. Viele Marktteilnehmer, darunter auch Bankenvertreter, führen dies auf die Wahl von Donald Trump zum neuen US-Präsidenten zurück und befürchten weitere Zinssteigerungen. Als Begründung wird unter anderem eine Aussage aus dem Wahlkampf genannt, wonach Trump im Falle eines Wahlsieges die Präsidentin der US-amerikanischen Nationalbank, Janet Yellen, entlassen wolle. Das wird so einfach aber nicht möglich sein. In der letzten Ausgabe des Marktradars hatten wir geschrieben, dass die Präsidentschaftswahl in den USA unabhängig von ihrem Ausgang keinen unmittelbaren Einfluss auf die Immobilienmärkte in Deutschland haben wird. An unserer Einschätzung hat sich durch die überraschende Wahl von Donald Trump grundsätzlich nichts geändert.

Das Federal Reserve System (Fed) ist zwar eine Bundesbehörde, was dem Präsidenten einige Rechte einräumt. Aber die US-amerikanische Zentralbank ist – ähnlich der Deutschen Bundesbank – eine von der Regierung weitgehend unabhängige Behörde. Zudem greift das in den USA übliche System der Check and Balances auch hier. So kann der US-amerikanische Präsident zwar einen neuen Kandidaten für den Vorstand der Notenbank nominieren, dieser muss aber vom Senat bestätigt werden. Die Berufungen erfolgen grundsätzlich für 14 Jahre, also bewusst deutlich länger als die Amtszeit von Präsident und Parlament. Natürlich könnte die Gesetzgebung über die Federal Reserve geändert werden. Hierzu ist aber wiederum der Kongress und nicht der Präsident zuständig. Trotz der Mehrheit der Republikaner in beiden Kammern wird ein Gesetz, das die Zentralbank den Anweisungen des Präsidenten unterstellt, kaum umsetzbar sein. Maximal kann Trump also nach dem Ende der 2018 aus dem bestehenden Vorstand einen neuen Kandidaten für den Vorsitz der Fed ernennen. Hierzu braucht er die Zustimmung des Kongresses nicht.

Finanzbarometer

Zinsentwicklung

Die langfristigen Zinsen sind im November erneut gestiegen. Der Zehn-Jahres-Zinsswap betrug am Monatsanfang 0,49 Prozent und stieg bis zum Monatsende auf 0,66 Prozent. Der Sechs-Monats-Euribor gab hingegen zum Monatsende nochmals leicht nach und sank auf von -0,213 auf -0,219 Prozent. Der Drei-Monats-Euribor sank ebenfalls von -0,313 auf -0,314.

Ausblick

Höhere Zinsen würden dem angekündigten Konjunkturprogramm von Trump wiedersprechen und den hochverschuldeten Haushalt deutlich belasten. Mutmaßlich sind diese Aussagen mehr Wahlkampf- als tatsächliche Regierungsstrategie. Dennoch ist die Reaktion des Marktes auf die erhöhte Unsicherheit unerkennbar. Zudem ist davon auszugehen, dass die Fed Anfang Dezember die Leitzinsen weiter erhöht. Die Auswirkungen auf die Zinsen, insbesondere im langfristigen Bereich sind ungewiss. Zwar ist damit zu rechnen, dass unmittelbar nach der Zinserhöhung aus anderen Märkten Mittel abgezogen werden und verstärkt in den USA angelegt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass damit automatisch in Deutschland die Zinsen steigen. Es ist vielmehr zu erwarten, dass sich die Wirkungen insbesondere im Wechselkurs niederschlagen, d.h. der Wert des Euros gegenüber dem Dollar wird sinken. Dies verteuert unsere Importe und verbilligt unsere Exporte. Teurere Importe können sich direkt in einer höheren Inflation niederschlagen. Niedrigere Exportpreise können stimulierend auf die Konjunktur wirken, allerdings nur in exportabhängigen Branchen und nur insoweit, wie die höheren Importpreise nicht verteuernd wirken.

Erst wenn sich also mit entsprechender Zeitverzögerung die Inflation in Europa erhöht, ist damit zu rechnen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) auch hierzulande einen weniger expansiven Kurs verfolgt und eine Steigerung sowohl der kurzfristigen wie auch langfristigen Zinsen anstrebt. Wir rechnen dennoch nicht mit sinkenden Zinsen. Insofern ist es sinnvoll, langfristige Investment nunmehr auch langfristig abzusichern. Eine Änderung der expansiven Geldpolitik der EZB halten wir hingegen kurzfristig für wenig wahrscheinlich.


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Erstveröffentlichung: The Property Post, November 2016