oder die Folgen fehlender Visionen
Die Wohnungspolitik spielt in den Wahlprogrammen der Parteien durchaus eine Rolle, aber die vorgeschlagenen Maßnahmen sind insgesamt unbrauchbar, den Markt wirklich zu entspannen. Es fehlen die Vision in der Wohnungspolitik und der Wille, den Wohnungsbau in den Städten wirklich anzuregen.
Die Mieten in den deutschen Ballungsräumen steigen weiter, sie sind Ausdruck einer hohen Nachfrage und eines zu geringen Angebots. Darin sind sich alle Experten und auch die Politik einig. Allein, wie dieser Missstand zu beseitigen ist, wird nur unzureichend adressiert. Dass man Wohnungsmangel nicht beheben kann, indem man Mieten versucht einzufrieren, zeigen die vielfältigen Erfahrungen aus dem Ausland. Außerdem wird der Markt durch Mietstopps letztlich schwerer zugänglich, weil Vermieter an Selbstnutzer verkaufen und Mieter besser nicht mehr umziehen, da Wohnungen eben kaum zu finden sind. Dennoch wollen CDU, SPD, Grüne und Linke an der Mietpreisbremse festhalten, nur die FDP will sie abschaffen. Ob die CDU in einer Koalition mit der FDP tatsächlich die Mietpreisbremse abschaffen würde, bleibt daher abzuwarten. Ein weiteres Beispiel: CDU, SPD und auch die FDP wollen die Abschreibungssätze für den Neubau erhöhen. Dies ist grundsätzlich richtig, denn die Abschreibungssätze sind zu niedrig, aber richtig ist auch, dass es derzeit keiner zusätzlichen Investitionsanreize bedarf, denn die Zinsen wirken bereits wie eine Subvention. Was wirklich fehlt, ist Bauland, und solange Bauland der Flaschenhals ist, werden zusätzliche Unterstützungen vor allem die Baulandpreise erhöhen. Zudem kann das wenige Bauland nicht mit der erforderlichen Höhe und Dichte bebaut werden.
Fakt ist: Ohne weitere Bautätigkeit in den Städten wird es keine nennenswerte Entspannung bei den Mieten geben. Städte wie München, Frankfurt oder Berlin können in den nächsten 15 bis 20 Jahren mit rund 10 Prozent mehr Einwohnern rechnen, wenn sie den entsprechenden Wohnraum bereitstellen können. Gelingt dies nicht, wird wohnen noch knapper und damit zum Luxusgut. Neben Nachverdichtungen im Bestand sind daher neue Stadtviertel unausweichlich. Und hier liegt das eigentliche Problem, da Planung und Umsetzung zu lange brauchen oder an Widerständen vor Ort scheitern. Hinzu kommen Schwierigkeiten, größere Baugebiete gemeinsam mit Umlandgemeinden zu entwickeln.
Die Kommunen aber auch der Bund und die Wirtschaft sollten über neue und vor allem effizientere und schnellere Wege in der Stadtentwicklung nachdenken. In anderen Ländern entstehen in den wachsenden Ballungszentren neue Quartiere mit überzeugenden städtebaulichen Konzepten. Wien mit der Seestadt Aspern oder Valkenburg zwischen Amsterdam und Rotterdam sind hierfür gute Beispiele. In Berlin sind dagegen die Pläne für das neue Stadtviertel Elisabeth-Aue auf Eis gelegt worden.
Ein Umdenken ist daher für eine geordnete und zukunftsfähige Siedlungsentwicklung erforderlich. Erst Nachverdichtung und Nachnutzung im Bestand, dann Neuentwicklung entlang der bestehenden Siedlungsachsen und Verkehrswege, dann neue Stadtquartiere. In stark wachsenden Städten muss es das Ziel sein, den Verdichtungsdruck von den Zentren nach außen an den Stadtrand, in die zentralen Orte der Teilräume und auch in neue Stadtquartiere und Vororte umzulenken.
Wichtig ist es dabei auch, die Infrastruktur frühzeitig bereitzustellen, insbesondere die Anbindung an den ÖPNV. Die Vorfinanzierung dieser Maßnahmen ist für die öffentliche Hand allerdings häufig schwierig. Hier könnten neue Finanzierungswege helfen, etwa eine Wiederbelebung öffentlich-privater Partnerschaften oder aber Infrastrukturfonds. In beiden Fällen ist es möglich private Partner zur Finanzierung an der Infrastruktur zu gewinnen, sofern die privaten Akteure etwa an den Zugewinnen bei den Grundstücken beteiligt werden.
Wir leben in goldenen Zeiten, mit guter Konjunktur, niedrigen Zinsen und einer breiten Suche nach Anlagen. Statt anachronistische Ideen der Wohnungspolitik zu verfolgen, sollten wir nun die Weichen für die Weiterentwicklung der Metropolen setzen. Mit neuen Stadtvierteln mit urbaner Qualität kann nicht nur der Wohnungsmarkt entspannt werden, sondern über die Erweiterung des Angebots an Gewerbeimmobilien auch die wirtschaftliche Prosperität der Städte und seiner Bürger gesichert werden.
Prof. Dr. Michael Voigtländer ist Leiter des Kompetenzfelds Finanz- und Immobilienmärkte im Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Sein Buch „Luxusgut Wohnen - Warum unsere Städte immer teurer werden und was jetzt zu tun ist“ ist im Springer Verlag erschienen und zeigt u. a. anhand von zehn Maßnahmen, wie der Wohnungsmarkt wieder entspannt werden kann.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
Erstveröffentlichung: The Property Post, Juli 2017