30.10.2017

Logistikmarkt München 2017

Flächenknappheit wohin das Auge blickt

Kuno Neumeier, Geschäftsführer, Logivest GmbH
Kuno Neumeier

Hohe Miet- und Grundstückspreise, mehr Nachfrage als Angebot sowie starke Ausweichbewegungen in das angrenzende Umland – so lässt sich der Logistik- und Industrieimmobilienmarkt am Standort München charakterisieren. Die moderaten Neubauaktivitäten von ca. 59.000 Quadratmetern Fläche im ersten Halbjahr 2017 schaffen nur wenig Abhilfe gegen den Flächenmangel. Dennoch gilt: Wer Flächen sucht, der wird auch fündig. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein gewisses Maß an Flexibilität.

Weil im logistisch beliebten Osten und Norden Münchens kaum noch freie Flächen zur Verfügung stehen, lassen sich seit geraumer Zeit Ausweichbewegungen innerhalb der Top-Logistikregion beobachten. Ansiedlungen finden vermehrt nördlich des Dreiecks Holledau zwischen Ingolstadt und Regensburg statt und auch an der A9 in Richtung Nürnberg entstehen neue Logistikzentren. Aufgeholt – was das Flächenangebot betrifft – hat insbesondere der Münchner Westen. In Olching, direkt an der A8 gelegen, entstanden in den vergangenen vier Jahren beispielsweise mehr als 60.000 Quadratmeter neue Hallenfläche.

Vom knappen Flächenangebot profitieren also vor allem die peripheren Standorte, die Logistik als einen strategischen Faktor der Wirtschaftsförderung erkannt haben sowie Unternehmen, die in diese Regionen ausweichen können. Doch auch die neuen Logistik-Hotspots werden die Flächenknappheit nicht beseitigen, sondern allenfalls nur mildern können. Benötigt werden weitere Ausweichstandorte, die ausreichend Erweiterungsflächen vorhalten und verkehrstechnisch hervorragend angebunden sind. Hier gibt es bereits positive Beispiele wie der interkommunale Gewerbepark A96 Bad Wörishofen zwischen München und Memmingen.

Konstante Spitzenposition

Während München beim Neubauvolumen aktuell deutlich hinter anderen Top-Logistikregionen liegt, rangiert der Logistikstandort was die Miet- und Grundstückspreise betrifft an erster Stelle. Waren 2015 noch Grundstücke für unter 100 Euro pro Quadratmeter zu bekommen, müssen Unternehmen aktuell zwischen 150 und 400 Euro pro Quadratmeter einkalkulieren. So viel wie in keiner anderen Top-Logistikregion. Und auch bei Bestandsflächen spiegelt sich die Flächenknappheit wieder: Hier liegen die Spitzenmieten aktuell zwischen 6,50 bis 7 Euro für den Quadratmeter. In Innenstadtlage belaufen sich die Kosten pro Quadratmeter Hallenfläche mittlerweile auf bis zu 12 Euro.

Starke Nachfrage durch Industrie

Getrieben wird die Logistikflächennachfrage in und rund um München durch Logistikdienstleister und Unternehmen aus dem Bereich Handel sowie Engineering und Automotive. Letzteres vor allem durch die kontinuierlich steigenden nationalen Verkaufszahlen sowie Exporte von BMW. Durch die höheren Stückzahlen und die zunehmende Variantenvielfalt erhöht sich automatisch der Lagerflächenbedarf – sowohl für die Versorgung mit Ersatzteilen als auch für die Versorgung der Produktion. Die Nähe zu den Produktionsstätten ist dabei ausschlaggebend. Darum lässt sich ein ungebrochener Flächenbedarf im Großraum Dingolfing, rund um Landshut sowie in Augsburg verzeichnen.

City-Logistik im Fokus

Der Automobilhersteller BMW ist aber nicht nur als Flächennachfrager aktiv, sondern auch bei einem Projekt zur alternativen City-Logistik: An sogenannten Mobilitätsstationen will die Stadt München Elektro-Mobilitätsangebote für private und gewerbliche Nutzer bündeln. BMW stellt in diesem Rahmen E-Fahrzeuge zur Verfügung und will robotergesteuerte E-Autos testen. Weiterer Baustein des „City2Share-Projekts“ ist die Kombination von Mikro-Depots und Lastenrädern, das der Logistikdienstleister UPS bereits in Hamburg, Paris und Offenbach erfolgreich anwendet.

Darüber hinaus plant die Stadt München für 2017 weitere Pilotprojekte, um innerstädtische Lieferverkehre zu reduzieren und auf Lastenräder zu verlagern. Denn der von Lieferdiensten verursachte Verkehr hat mit dem Wachstum des Internethandels stark zugenommen und wird auch künftig weiter steigen. Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) schätzt das Wachstum der KEP-Sendungen bis 2020 auf knapp 3,8 Mrd. Sendungen, ein Zuwachs um 5,1 Prozent pro Jahr. Damit liegt die prognostizierte Entwicklung deutlich über dem bisherigen durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 3,8 Prozent im Zeitraum 2000 bis 2015.

Zusammenarbeit ist gefragt

Kommunen erkennen mittlerweile, dass hier akuter Handlungsbedarf besteht. Immer mehr Bürger kaufen online ein und wollen die Ware möglichst schnell beziehungsweise pünktlich. Damit die logistischen Warenströme der Zukunft bewältigt werden können, bedarf es allerdings eines größeren Wurfs. Nutzer und Kommunen sollten stärker in interkommunalen und infrastrukturellen Zusammenhängen denken, um dem Strukturwandel im Handel und dem daraus entstehenden Flächenbedarf zu begegnen. Denn wenn für eine Region eine sinnvolle Logistikinfrastruktur im Zusammenhang gedacht wird, entstehen Synergien.

Ein weiterer Ansatz dem Flächenmangel zu begegnen, könnte die Aufnahme aller Bedarfe durch eine zentrale kommunale Stelle darstellen. Ähnlich der Handhabung im Wohnungsbau. Alles andere ist ein eher kurzsichtiger Blickwinkel auf die Planung der Städte der Zukunft. Denn eine gute Versorgungsstruktur mit Waren und Dienstleistungen ist für Konsumenten heute schon zum Standard geworden. Aus diesem Grund müssen die für gewerbliche Nutzung wichtigen Standorte – außerhalb und innerhalb städtischer Zentren – erhalten und auch neue geschaffen werden.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Logivest GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilienmanager, September 2017

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