Eine Alternative zu Eigentum?
Die anhaltende Niedrigzinsphase und die hohe Nachfrage nach Logistikimmobilien auf dem Kapitalmarkt eröffnen für Handelsunternehmen sowie für Logistiker interessante Möglichkeiten: Ein attraktives Modell stellt das sogenannte Sale-and-lease-back dar, der Rückmietverkauf der eigenen Immobilie. Durch den breiten Gestaltungsspielraum ist jedoch Vorsicht geboten und Erfahrung sowie Expertenwissen gefragt.
Das Prinzip des Rückmietverkaufs funktioniert so, dass der Kontraktlogistiker oder Händler selbst die benötigte Halle baut, diese an einen Investor verkauft und sie gleichzeitig in der Regel für 10 bis 15 Jahre vom Investor wieder zurück mietet. Auch Bestandsimmobilien kommen für das Modell in Frage. Aus steuerlichen Gründen sollte die Immobilie jedoch noch nicht komplett abgeschrieben sein. Soweit das Prinzip, aber: Bei der Vertragsgestaltung gibt es eine Reihe von Optionen, die jeweils individuell nach dem Bedarf des Unternehmers verhandelt werden sollten. An dieser Stelle benötigt es erfahrene Berater, die zahlreiche solcher Geschäfte begleitet haben und die Gestaltungsmöglichkeiten genau kennen.
Im Prinzip kommen alle Logistikimmobilientypen für den Rückmietverkauf in Frage. Für Investoren sind vor allem die Lage, also die Attraktivität des Standorts, die Substanz der Immobilie, die nachhaltige Bauweise und die Drittverwendungsfähigkeit von Bedeutung.
Optionen für die Vertragsgestaltung
Je nach den Ausgangsvoraussetzungen und den Zielen des Verkäufers lassen Sale-and-lease-back-Modelle breiten Spielraum. So sind etwa bei Investoren Laufzeiten der Rückmiete von zehn Jahren und mehr willkommen. Dies bedeutet für sie einen langfristig gesicherten Cash-flow und ein geringeres Risiko bei der vorzeitigen Nachvermietung.
Das Modell könnte auch vorsehen, dass der Kontraktlogistiker oder Händler die Immobilie nach Ablauf des Mietvertrags zu einem festgelegten Preis zurückkauft. Allerdings ist dies bei Anlegern wie Banken, Versicherungen oder Pensions-Fonds weniger beliebt. Sie entscheiden lieber selbst, ob und wann sie ein Objekt aus ihrem Portfolio verkaufen. Für den Verkäufer kann es aber steuerliche und rechtliche Vorteile haben, die Immobilie zurückzukaufen. In diesem Fall können auch Standorte in B- oder C-Lagen für Investoren interessant sein. Denn sie müssen sich dann keine Gedanken über die zukünftige Verwendung der Immobilie machen.
Eine weitere Option betrifft die Höhe der Miete. Der Verkäufer kann anhand des Verkaufspreises die Höhe der zukünftigen Belastungen durch Miete und Nebenkosten selbst bestimmen. Ist die Miete höher als ortsüblich spricht man von „Overrent-Mieten“. Overrent-Mieten bedeuten einen höheren Verkaufspreis. Liegt sie unter dem Durchschnitt, spricht man entsprechend von Underrent-Mieten. Der Verkaufspreis fällt hier zwar geringer aus, gleichzeitig aber auch die monatlichen Belastungen durch den Mietzins. Damit hat der Unternehmer ein Instrument an der Hand, um seine Kostenstruktur zu gestalten. Bei Investoren ist das Modell mit einer Underrent-Miete deutlich beliebter, da sie einerseits am Ende der Mietlaufzeit keinen Mietabschlag bei der Nachvermietung befürchten müssen und andererseits, vor allem bei Verkäufern/Mietern mit einer mittelmäßigen Bonität, davon ausgehen können, dass die Mietbelastung über die Vertragslaufzeit auch bezahlt werden kann.
Eine Overrent-Miete birgt die Gefahr für den Verkäufer/Mieter, dass er die Mietbelastungen in der Zukunft nur schwer begleichen kann.
Auch für die Verwaltungskosten sowie die umlegbaren und nicht umlegbaren Nebenkosten bestehen Wahlmöglichkeiten. Wenn der künftige Mieter die Betriebs- und Verwaltungskosten sowie eventuell erforderliche Investitionskosten übernimmt, erhöht sich der Kaufpreis entsprechend. Vertraglich festlegen sollte das verkaufende Unternehmen auch, dass Untervermietungen erlaubt sind. So erhält es sich die Flexibilität, wenn das Geschäft am Standort expandiert oder sich verringert.
Die Zuständigkeiten und Pflichten hinsichtlich Wartung und Instandhaltung werden ebenfalls individuell im Vertrag gestaltet. In der Regel wird „Double Net“ oder „Triple Net“ vereinbart. Bei Double Net kann der Vermieter alle Kosten der Halle auf den Mieter umlegen und kommt selbst für die Kosten für Dach und Fach auf. Bei Triple Net-Verträgen kümmert sich der Mieter auch um die Instandhaltung an Dach und Fach. Gerade bei älteren Hallen ist das eine häufig gewählte Option, weil der Verkäufer bzw. neue Mieter die Halle aus seiner Erfahrung kennt und den Zustand gut einschätzen kann. Bei Triple-Net Verträgen sind die erzielbaren Verkaufspreise oft deutlich höher als bei einer Double-Net Lösung.
Grundsätzlich ist die Mietlaufzeit der zentrale Eckpunkt des Vertrags, der auch nicht im Nachgang verändert werden kann, da darauf die gesamte Kalkulation und das Geschäft beruhen sowie die Ankaufskalkulationen des Investors.
Das Modell rechnet sich
Das Interesse an diesem Geschäftsmodell ist hoch. Aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsphase besteht derzeit ein regelrechter Run auf Logistik- und Industrieimmobilien. Im Jahr 2015 lag das Transaktionsvolumen bei rund 4,5 Mrd. Euro. Wir schätzen, dass aufgrund der hohen Nachfrage das fünffache Volumen hätte erreicht werden können, wenn geeignete Objekte zur Verfügung gestanden hätten.
Die derzeitige Marktlage ist also komfortabel für die Verkäufer: Der Logistikimmobilienmarkt ist ein Verkäufermarkt, da die Nachfrage das Angebot weit übersteigt. Als Faustregel für den Verkaufspreis gilt: Wenn es sich um eine Neubauimmobilie mit langfristiger Vermietung in Ballungszentren mit Flächenmangel handelt, kann das 15- bis 18-fache der Jahresnettomiete als Kaufpreis erzielt werden. In Ausnahmen auch darüber. Wenn der Kontraktlogistiker oder Handelsunternehmer selbst baut, kann er die Differenz zwischen Verkaufspreis, also der 15- bis 18-fachen Jahresnettomiete, und den Gestehungskosten, die bei dem 12- bis 13-fachen liegen können, als Gewinn verbuchen. Das ist attraktiv, zumal der Erlös dem Unternehmer dann für den weiteren Ausbau seines Geschäfts zur Verfügung steht. Auch für geplante Unternehmenskäufe sowie Investitionen etwa in IT-Lösungen, die seine Effizienz steigern, stehen dann liquide Mittel zur Verfügung. Damit kann das Unternehmen unter Umständen seine Wettbewerbsposition entscheidend verbessern.
Hat er die Halle bereits vor fünf oder zehn Jahren gebaut, ist der Wert der Immobilie inzwischen in der Regel gestiegen und der Unternehmer kann den Wertzuwachs als zusätzlichen Gewinn realisieren.
Die Gleichung geht aber auch für die Investoren auf: Sie suchen Anlagemöglichkeiten, die eine höhere Rendite versprechen als es zinsbasierte Anlagen oder Investitionen in Wohn- und Einzelhandelsimmobilien (1A- Lagen) derzeit tun. Durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank stehen ihnen günstige Kredite zur Verfügung, das verstärkt den Druck auf den Logistikimmobilienmarkt zusätzlich. Die Logistik- und Industrieimmobilien können an attraktiven Standorten Renditen von fünf bis sechs Prozent erzielen und sind damit höher bewertet als viele Büro- oder Einzelhandelsobjekte.
Eine Frage der Philosophie
Wer noch keine Erfahrung mit dem Bau von Logistikimmobilien gesammelt hat, kann allerdings viele Fehler machen. Diese liegen meist in der Bewältigung des komplexen Baurechts und der Genehmigungsverfahren sowie bei der Finanzierung. Auch der Bau selbst und die Ausstattung können unerfahrene Bauherren vor unangenehme Überraschungen und Zusatzkosten stellen. Letztlich ist es eine Frage der Philosophie und der eigenen Geschäftspolitik, ob selbst gebaut werden soll.
Wer ein Sale-and-lease-back-Modell für seine Immobilie in Erwägung zieht, der sollte dies nicht ohne kompetente Beratung tun. Aufgrund der Komplexität und der Vielzahl von zu beachtenden Kriterien und Gestaltungsmöglichkeiten muss im vorhinein Zielsetzung und Ausrichtung individuell geplant und festgelegt werden. Auch bei der Wahl des Partners ist Sorgfalt geboten. Der Investor sollte Erfahrung und Verständnis für das Logistikgeschäft mitbringen, natürlich Solidität und Kapitalkraft sowie die Flexibilität auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des Kontraktlogistikers oder Unternehmens einzugehen.
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Erstveröffentlichung: f+h Neubaufibel, Dezember 2016