28.05.2024

Kooperative Finanzierungsmodelle

Hanno Kowalski, Managing Partner, FAP Invest GmbH
Hanno Kowalski

Im derzeitigen Markt für gewerbliche Immobilienfinanzierungen müssten Banken und alternative Finanzierer stärker kooperieren. Das scheitert aber in vielen Fällen, weil die meisten Banken noch nicht verstanden haben, dass sie umdenken werden müssen. Dabei ist offensichtlich, dass die von ihnen im aktuellen Markt angebotenen Beleihungsausläufe häufig nicht ausreichen, um eine geschlossene Finanzierung auf die Beine zu stellen. Eine solche ist aber elementar wichtig und die Lösung könnte in einer echten Kooperation mit alternativen Finanzierern liegen.  Dies spricht sich bei Banken erst ganz langsam herum.  
 

Die Realität sieht derzeit noch etwas anders aus: Banken stellen Anforderungen ans Eigenkapital, die häufig nicht realisierbar sind. Dies lässt jedoch außer Acht, dass zahlreiche Finanzierungen sowohl von Bestandshaltern als auch von Projektentwicklern auf dem aktuell erreichten Preisniveau wieder Sinn ergeben. Positiv fällt auf, wenn sich einige deutsche Finanzierer tatsächlich auf die Suche nach Kooperationen begeben und dabei zunehmend Bereitschaft zeigen, mit alternativen Finanzierern im Nachrang zusammenzuarbeiten. Allerdings folgt darauf ein Aber, denn gleichzeitig halten sie an alten Gepflogenheiten fest, die am Bedarf des Marktes vorbei gehen. So ist eine erstrangige, alleinige Grundschuld, die von der Bank selbst gehalten wird, für die Banken häufig nicht verhandelbar. Oft gilt dies auch für weitere Sicherheiten, für die von den Geldhäusern der alleinige erste Rang beansprucht wird.  


Internationale Finanzierer agieren meist deutlich flexibler 

Auf dieser Basis sind partnerschaftlichen Club-Deals, die im Sinne des Darlehensnehmers einen Whole-Loan-Ansatz resp. eine geschlossene Finanzierung abbilden, nur sehr eingeschränkt möglich. Gespräche zwischen Senior- und Juniorfinanzierern enden häufig schon früh an genau dieser Stelle. Wohlgemerkt in einem Marktumfeld, in dem eine zunehmende Zahl von gewerblichen Immobilienfinanzierungen für alle Seiten sinnvoll wäre. So aber überlassen deutsche Banken zunehmend internationalen Adressen das Spielfeld, die sich für Finanzierungen in Deutschland in Stellung bringen. Diese denken im Sinne von Darlehensstrukturierung, Syndizierung und unterschiedlichsten Club-Deal-Strukturen deutlich flexibler. 


So werden von internationalen, häufig angelsächsisch geprägten Finanzierern bei einem klassischen Whole-Loan-Ansatz von vornherein Leverage-Strukturen unterlegt, die nicht bei jeder neuen Kreditvergabe komplett neu verhandelt werden müssen. Loan-on-Loan-Fazilitäten schaffen die Grundlage dafür. Dies funktioniert nicht in der „alten Welt“, in der Mezzanine-Darlehen bis zu 100 Prozent Loan to Cost/Loan to Value (LTC/LTV) möglich waren. Aber bei LTV-Grenzen zwischen 70 und maximal 80 Prozent ist dies durchaus sinnvoll und zieht die Nachrangtranche in eine Risikoposition, die deutsche Banken in der Vergangenheit selbst abzudecken bereit waren. 
 

Darlehensnehmer sind zunehmend auf der Suche nach solchen Finanzierungen und fragen nach Strukturen ohne klassische Bankbeteiligung, da so manch einer schon mal schmerzhafte Erfahrungen im Umgang mit seiner Bank gemacht hat. Etwa wenn sie im Default-Fall wenig Bereitschaft zeigte – und häufig sicher auch nicht den regulatorischen Spielraum hatte – auf sich ändernde Businesspläne einzugehen. Bei solchen Beispielen zeigt sich dann auch, was geschlossene Gläubigervereinbarungen im Stressfall wert sind. Erst dann lernt man sich richtig kennen. Nicht selten tritt zu Tage, dass es schon bei der Grundannahme des Finanzierungsanlasses ein unterschiedliches Verständnis zwischen Seniorfinanzierer, Konsortialpartnern und Nachrangfinanzierer gibt.  
 

Im Verwertungsfall sind Vereinbarungen häufig Makulatur 

Auf dem Papier lassen sich Informationspflichten oder ein gemeinsames Vorgehen im Verwertungsfall in umfassenden Gläubigervereinbarungen regeln. Doch im Ernstfall erweisen sich diese oft als Makulatur. Selbst Call-Optionen, als oft letzte Instanz der Sicherheit für Nachrangfinanzierer, greifen zu kurz in einem Umfeld, das von sinkenden Marktwerten auf breiter Front geprägt ist. Es fehlt dann schlichtweg an der nötigen Liquidität, mit der Nachrangfinanzierer die Seniortranchen übernehmen können.  
 

Es wird also höchste Zeit, strukturierte Finanzierungen in Deutschland neu zu denken. Es gilt Berührungsängste zwischen Pfandbriefbanken und alternativen Finanzieren abzubauen und aufeinander zuzugehen. Dazu gehört im Ansatz sicherlich auch eine zunehmende Regulierung der alternativen Finanzierer, ohne diesen die Geschäftsgrundlage zu nehmen und ihren volkswirtschaftlichen Nutzen für den gesamten Finanzierungsmarkt zu beschneiden. Es braucht also eine Regulierung mit Fingerspitzengefühl.  
 

Finanzierer und Investoren sollten sich jetzt in Stellung bringen 

Wichtig ist es für die Finanzierer, ganz gleich ob klassisch oder alternativ, sich jetzt in Stellung zu bringen, um nicht zu riskieren, im nächsten Aufschwung dem Markt hinterher zu laufen. Die Manager und Kapitalgeber von Real Estate Debt Fonds tun gut daran, nicht erst irgendwann, sondern jetzt mit Grundstückseigentümern, Bauträgern oder Projektentwicklern über die nächsten Finanzierungen zu sprechen. Chancen wird es viele geben. Der Investitionsbedarf ist gigantisch.  
 

Umso unverständlicher ist die Zurückhaltung deutscher institutioneller Anleger, Real Estate Debt Fonds mit frischem Kapital zu bedenken. Dies könnte sich als Fehler erweisen, denn internationale Investoren stehen zunehmend parat und warten auf die nächste Gelegenheit zum Einstieg. Wollen deutsche Investoren nicht das Nachsehen haben, wird es bei einer üblichen Vorlaufzeit von bis zu sechs Monaten in der Tat Zeit, sich mit neuen Real-Estate-Debt-Investment-Strategien zu beschäftigen. Es wäre zu wünschen, die Banken würden parallel dazu mehr Bereitschaft zu echten Kooperationen entwickeln. 

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von FAP Invest GmbH
Erstveröffentlichung: The Property Post INSTITUTIONAL, Mai 2024

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