Der wahre Game Changer durch Digitalisierung ist eine neue Qualität in der Kommunikation.
Digitale Prozesse entwickeln zunehmend ein „Eigenleben“ und vernachlässigen die reale Kommunikation Face-to-Face. Das führt zu enormem Mehraufwand und geminderter Datenqualität. Um das zu verhindern, ist grundsätzliches Umdenken erforderlich. Das gilt beispielsweise auch für die Zusammenarbeit von Property- und Assetmanagement. Wer IT als Tool zur Verbesserung der Kommunikation versteht und nutzt, vermeidet Fehler und arbeitet effizienter.
Property- und Assetmanagement sind selbstverständlich eng miteinander verbunden. Sind die Aufgaben auch unterschiedlich verteilt, dienen sie letztlich gemeinsam dem Zweck, das Immobilienvermögen des Eigentümers erfolgreich zu verwalten und zu vermehren.
Wenn zwei dasselbe Ziel vor Augen haben, sollten sie eigentlich auch auf Augenhöhe miteinander arbeiten – und kommunizieren. Auf die Zusammenarbeit zwischen extern beauftragten Propertymanagern mit dem Assetmanagement trifft das bislang aber nur sehr bedingt zu. In der Regel gibt der Empfänger vor, wie Daten strukturiert und geliefert werden sollten. Aus Mangel an Standards wird noch viel Zeit und Ressourcen in die Definition individueller Formate oder die Anpassung etwaig bestehender Application programming interfaces (API) gesteckt. Denn der jeweilige Propertymanager als Sender von Daten spricht nicht unbedingt dieselbe „Sprache“ wie der die Botschaft empfangende Asset-Manager. Über Kultur- und Währungsräume hinweggibt es enormes Fehlerpotenzial, das durch unterschiedliche Flächenmaße, juristische Grundlagen für Mietverträge, Definitionen von Fachbegriffen oder schlicht Übersetzungsfehler gegeben ist.
Wird beispielsweise in Schweden eine Grundmiete vereinbart, die über den gesamten Vertrag nie angepasst, sondern über Zuschläge abgebildet wird, ist in Deutschland und vielen angelsächsischen Ländern die Anpassung der Grundmiete üblich. Im Vereinigten Königreich rechnet man grundsätzlich mit annualisierten Mieten, während wir Kontinentaleuropäer – mit Ausnahme der Schweiz – von monatlichen Mietzahlungen ausgehen. Bedienen wir uns in Kontinental-Europa der Maßeinheit „Quadratmeter“ zur Berechnung von Flächen, nutzt man in Kanada und den USA „square foot“ als Maßeinheit. Und im lokalen Maßstab wird in Korea häufig im Wohnflächenmaß Pyeong gerechnet: Die Größe einer Fläche basiert darauf, wie viele standardisierte Tatami-Fußbodenmatten in einen Raum passen.
Bislang wurden Propertymanager angehalten, alle Daten nach den Wünschen des Asset-Managements anzupassen. Wer Fußbodenmatten oder square foot in Quadratmeter und sich darauf beziehende flächenbezogene Werte umrechnen muss, hat schon mal grundsätzlich Fehlerquellen programmiert. Dasselbe gilt für Mietbestandteile, Nutzungsarten, Mieterhöhungstypen und Fibu-Konten.
Dieser Ansatz ist nicht zielführend und muss deshalb vollkommen neu gedacht werden – zumal die Anforderungen an Daten und deren Vollständigkeit und Korrektheit in immer komplexeren Prozessen stetig steigen. Was also gilt es zu tun, um die Qualität von Daten zu erhöhen?
Zunächst sollte der Sender der Daten nicht länger gezwungen sein, seine Rohdaten zu manipulieren, indem er sie vorgegebenen Standards angleicht. Vielmehr muss die Empfängerseite dem Propertymanager vertrauen, dass er seine Daten zuverlässig und professionell pflegt und sie deshalb qualitativ hochwertig sind. Das ist die Basis für effektivere Zusammenarbeit. Außerdem verfügt der Propertymanager über lokale Kenntnisse, die aus strategischer Sicht wertvoll sein können. Dieses Wissen wird viel zu selten abgerufen, weil man immer häufiger nur Applikationen miteinander kommunizieren lässt und nicht Menschen.
Dass wir uns richtig verstehen: Ohne IT ist modernes Immobilienmmanagement gar nicht mehr möglich. Wir brauchen sogar mehr IT, aber in Kombination mit neuem Denken. Der erste Schritt ist daher die Kommunikationsverbesserung zwischen Sender und Empfänger. Erst der Empfänger passt die Daten an sein System an. Job der IT ist es, Lösungen anzubieten, um `Übersetzungsregeln´ als Ergebnis des fachlichen Austausches unter den Spezialisten online hinterlegen zu können. Das muss einfach, ohne Programmierung und während des ohnehin notwendigen fachlichen Gespräches möglich sein.
Ein weiteres Problem, die geminderte Datenqualität, erledigt sich dadurch fast von selbst. Digitalisierung heißt, die getroffenen Vereinbarungen zu nutzen, um jede Datenlieferung, jeden Datensatz und jeden Feldinhalt real time zu prüfen. Das entlastet die Fachleute von ressourcenbindenden Prüfungsaufgaben und bietet die Sicherheit, sich in Analysen und bei Entscheidungen auf vollständig geprüfte Daten verlassen zu können.
Darüber hinaus muss Digitalisierung das Wesentliche in den Datenfluten erkennen und für den Fachdialog aufbereiten. Dieser Dialog ist immer dann gefordert, wenn sich zum Beispiel Abweichungen zu Vormonatslieferungen sowie in Plan- und Prognosewerten ergeben. Unter anderem bei Abweichungen in Flächen und Mietenangaben zu Vorperioden oder auch wenn Mieterhöhungen nicht mit den ursprünglichen Prognosen übereinstimmen, ist Nachhaken angesagt. Solche Abweichungen sind nur im Gespräch zwischen Property- und Assetmanagement zu klären. Aufgabe der Digitalisierung ist es demnach, den konkreten Handlungsbedarf zu identifizieren, zu verifizieren und für ein Gespräch, einen Chat oder eine Kommentierung mit tieferen, faktenbasierten Einblicken aufzubereiten.
Der IT sind damit eindeutig Grenzen gesetzt – und zwar zugunsten von Austausch und verbesserter Kommunikation. Statt ein Eigenleben zu führen, sollten digitale Prozesse dazu dienen, Property - und Assetmanager so zu unterstützen, dass mehr Zeit für das Wesentliche bleibt.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von IRM Management Network GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilienwirtschaft-Ausgabe 11/2022