Die Zukunftsaussichten der neuen Immobilien-Assetklasse sind hervorragend
Die Zukunftsaussichten der Immobilien-Assetklasse Life Science sind hervorragend: In Europa gibt es eine Unterversorgung mit Flächen, die Nachfrage dürfte langfristig deutlich steigen. Allerdings ist die Assetklasse kein „No-Brainer“. Es fehlen Marktdaten, die Anforderungen an die Flächen sind komplex und in vielen Dingen sind Life-Science-Objekte eher Spezialimmobilien. Martin Eberhardt FRICS gibt einen Überblick über den Markt und die Besonderheiten der neuen Assetklasse.
Bei einer Analyse der Megatrends Demographie, Globalisierung und Digitalisierung rückt im Hinblick auf eine große Zukunftsperspektive und einen damit verbundenen nachhaltigen Flächenbedarf rasch das Segment „Life Science“ in den Fokus.
In den letzten Jahren flossen über den Kapitalmarkt viele Milliarden an Dollars und Euros in Start-ups. Aktienportfolien wurden und werden zugunsten des Innovationssektors „Life Science“ umgeschichtet. Die Marktrends antizipierende Börse spricht mit der Zusammensetzung des DAX 40 für sich: Qiagen, Fresenius, Merck, Siemens Healthineers und andere sind Teil des größten Segments im DAX.
Viele Gründe sprechen für ein nachhaltiges Wachstum im Life-Science-Sektor. Hochaltrigkeit wurde ein globales Massenphänomen. Dies sorgt für eine große Nachfrage nach medizinischer Versorgung und medizinischen Produkten. Zudem fördert die steigende Lebenserwartung Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Demenz oder die Notwendigkeit von künstlichen Gelenken. Die Nachfrage wird zusätzlich durch die rasant wachsende globale Mittelschicht befeuert. Immer mehr Menschen können sich Gesundheitsprodukte leisten und wollen sich diese auch leisten.
Life Science gehört zu den zukunftsträchtigsten Segmenten der Wirtschaft. Stabiles Mitarbeiterwachstum geht mit einer steigenden Nachfrage nach geeigneten Flächen einher. Zudem können Laborarbeitsplätze nicht ins Homeoffice verlegt werden. Kein Wunder, dass Life Science Real Estate für die Akteure der Immobilienwirtschaft zunehmend interessant wird und es viele als das neue „Core“ bezeichnen. Entwickler und Investment Manager setzen sich zunehmend mit der attraktiven Nische auseinander. Aber was sind Life Science-Immobilien überhaupt? Hier besteht noch keine eindeutige Definition und das Verständnis für diese Immobilien ist meist diffus.
Bei der Definition von Life Science spricht die Bundesregierung von der industriellen Gesundheitswirtschaft. Hierbei werden im wesentlichen Unternehmen verstanden, die Produkte für den Gesundheitsbereich herstellen oder als Zulieferer in den Sektor integriert sind. Hierunter werden vor allem Unternehmen aus den Bereichen
verstanden. Da Künstliche Intelligenz, Big Data oder Robotik im Bereich Life Science stark an Bedeutung gewinnen, ist E-Health das vierte Element dieses Bereichs. Ärztehäuser oder betreutes Wohnen sind also kein Teil von Life Science.
In den USA werden unter Life Science-Immobilien meist Laborflächen verstanden. Oftmals als „Laboffice“ in der Kombination mit Büroflächen. Der Sektor boomt, das Mietpreiswachstum ist dort enorm. Aber die Branche benötigt noch andere Immobilienformen. Es bietet sich an, die Definition entlang der Wertschöpfungskette der Corporates zu betrachten. Und neben Laboren werden eben auch Büroflächen benötigt, aber vor allem auch Flächen für die Produktion und die Logistik.
Im Zuge von Covid 19 und den großen wirtschaftlichen Erfolgen von Life Science Unternehmen entstand ein regelrechter Hype um Life Science-Flächen. Im europäischen Sektor-Ranking der „Emerging Trends“ von ULI/ PWC fand sich die junge Assetklasse in den Jahren 2022 und 2023 auf dem zweiten Platz wieder. Doch mittlerweile hat sich der Hype wieder etwas beruhigt. Einige Marktteilnehmer, die mit großen Plänen starteten, sind geradezu ernüchtert.
Im Gespräch mit Nutzern von Life Science-Immobilien wird deutlich, dass in Europa eine strukturelle Unterversorgung an geeigneten Immobilien besteht. Insbesondere im Bereich der Forschung & Entwicklung sind fehlende Laborflächen gar ein Hemmschuh für das Wachstum der Unternehmen. Labor-, Produktions- und Logistikflächen sind sehr spezifisch und unterliegen in vielen Fällen der Regulierung. Bio- und Pharmatechnologieunternehmen benötigen häufig Rein- oder gar Reinsträume. Die Anforderungen an Sicherheit, Hygiene oder Klimatisierung sind sehr hoch. Hier ist echtes Expertenwissen gefragt. Zudem ist die Bewirtschaftung dieser Flächen nicht gerade trivial.
Für die Entwicklung, den Bau und das Management ist also ein ausgeprägtes Know-how gefragt – bestenfalls ein „Dedicated Team“, wie es bei anderen, spezifischen Immobilien wie zum Beispiel Parkhäusern oder Hotels bestenfalls der Fall ist. Jedoch ist der Sektor auf der Immobilienseite noch sehr unreif. Es fehlt an Daten und Transparenz. Es gibt nur sehr wenige Spezialisten, die die Nachfrageseite wirklich verstehen. Denn die Life-Science-Industrie spricht eine gänzlich andere Sprache als die Immobilienwirtschaft. Es fehlt meist ein ganzheitlicher Blick, der auf der Immobilienseite die Bedürfnisse der Unternehmen versteht und die Erfordernisse in „Bricks & Mortar“ transformiert.
Einige Developer haben die Komplexität geeigneter Flächen unterschätzt. Die Umplanung von Büro- auf Laborflächen scheitert meist schon an den Basiskriterien Medienversorgung, Traglasten oder Deckenhöhen. Auch Neuplanungen sind komplex – die Regulatorik wurde bereits erwähnt. Zudem trauen sich die meisten Banken eine Finanzierung dieser Spezialimmobilien nicht zu. Auch Investoren sind ernüchtert. Der Markt ist – ähnlich wie bei Datenzentren – sehr klein und das Transaktionsvolumen ist gering. Es besteht ein Mangel an investmentfähigen Produkten.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Immobilien der Gesundheitsindustrie ein großes Potential haben, zukünftig zum neuen Core-Investment der Immobilienmärkte zu werden. Der Grund hierfür liegt in der Zukunftsfähigkeit des Kerngeschäfts der Nutzer. Um Fehler beim Development oder Investment zu vermeiden, sollte jedoch eine „echte“ Expertise für die aufstrebende Assetklasse gegeben sein. Immobilienunternehmen, die der Komplexität und dem notwendigen Fachwissen Rechnung tragen, werden mit einem wirtschaftlichen Erfolg belohnt – und Investoren auch.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von AperDurus Management- & Real Estate Advisory
Erstveröffentlichung: The Property Post, Januar 2024