Sozioökonomische Daten geben Aufschluss
Mieten, Kaufpreise und Leerstände können sich allein durch eine relativ geringe Anzahl an fehlenden oder überschüssigen Immobilien kurzfristig ändern. Sozioökonomische und demografische Entwicklungen sind dagegen relativ stabil und beeinflussen die langfristige Wertentwicklung von Immobilien. Eine Studie hat diese Faktoren unabhängig von den Immobilienmarktdaten untersucht und gibt Hinweise auf Investmentchancen abseits der großen Metropolen.
Die Empira Group, ein führender Investment-Manager für institutionelle Immobilienanlagen, hat die sozioökonomischen und demografischen Fundamentaldaten der 46 größten Immobilienmärkte in Deutschland, Österreich und der Schweiz untersucht. Dazu wurden Indikatoren ausgewählt, die der Immobilienmarktentwicklung vorgelagert sind, und die Städte wurden strukturell ähnlichen Clustern zugeordnet. Die wichtigsten untersuchten Parameter waren die lokale Alters- und Wirtschaftsstruktur, die demografische Entwicklung, die öffentliche Verschuldung, das verfügbare Einkommen, die Arbeitslosigkeit und das Bruttoinlandsprodukt absolut und pro Kopf.
Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass sozioökonomisch und demografisch ähnliche Standorte nicht unbedingt räumlich nahe beieinander liegen müssen. Bei heißgelaufenen Großstadtmärkten auf deren Umland auszuweichen, ist naheliegend und beliebt. Aber Aauch an abgelegeneren weiter entfernten Standorten gibt es Investitionschancen, die bei ausschließlicher Betrachtung der Immobilienmarktdaten nicht auf den ersten Blick zu erkennen sind und preiswertere Ankaufmöglichkeiten bieten. Wem als Wohnungsinvestor beispielsweise Frankfurt am Main zu teuer ist, sollte sich Städte wie Essen, Münster oder Erfurt näher anschauen, die sozioökonomische Parallelen aufweisen.
Als Erfolgsfaktor für den Immobilienmarkt einer Stadt könnte man deren Bevölkerungswachstum vermuten. Aber der Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und der Entwicklung der Einwohnerzahl ist nicht immer klar. Während er beispielsweise bei Münster und Bonn eindeutig gegeben ist, sind Bielefeld und Lübeck Beispiele für ein hohes Wachstum des Bruttoinlandprodukts und gleichzeitig niedrigem Einwohnerwachstum bzw. einem Einwohnerverlust. Wirtschaftswachstum hängt erstaunlicherweise nur wenig mit der Bevölkerungsentwicklung zusammen.
Städte mit hohem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen und einer jüngeren Bevölkerung wachsen laut Studie am stärksten. Ausnahmen sind Köln, das zwar wachstumsstark ist, aber einen vergleichsweise hohen Altersdurchschnitt hat, und Bielefeld, das trotz einer relativ jungen Bevölkerung an Einwohnern verliert. Städte mit geringeren Einkommen verzeichnen in der Regel Bevölkerungsverluste. Ausnahmen sind hier Leipzig, das trotz geringerer Einkommen stark wachsen wird, und München mit den höchsten Einkommen, aber vergleichsweise verhaltenen Prognosen zum weiteren Bevölkerungswachstum.
Für die Korrelation der Arbeitslosigkeit mit der künftigen Einwohnerzahlentwicklung gilt Ähnliches: Ein grober Zusammenhang zwischen niedriger Arbeitslosigkeit und positiven Bevölkerungsprognosen ist zwar gegeben – mit Zürich als Spitzenreiter mit weniger als vier Prozent Arbeitslosigkeit und knapp 20 Prozent erwartetem Bevölkerungswachstum bis 2035. Aber die österreichischen Städte sind klare Ausreißer, insbesondere Wien mit einer Arbeitslosenquote von rund 15 Prozent und einer Einwohnerwachstumsprognose von knapp zehn Prozent.
„Die enorme Variation bei lokalen Wirtschafts-, Alters- und Bevölkerungsstrukturen im DACH-Raum erlaubt in Europa weitgehend einmalige Diversifikationspotenziale. Eine Stadt mag sich besonders für studentisches Wohnen anbieten, eine andere für flexible Büronutzungen“, sagt Lahcen Knapp, Verwaltungsrat der Empira Group.
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Erstveröffentlichung: Blog "Fokus Wohnen Deutschland", Mai 2022