Verkauf von Mehrfamilienhäusern in Privatbesitz: lukratives Investment mit komplexer Vorbereitung
Viele private Mehrfamilienhausbesitzer trennen sich von ihren Beständen. Die Objekte sind attraktiv für Asset- und Fondsmanager. Was die Ankäufer selten wissen: Die Investments sind oft mit hohem Aufwand und Überraschungen verbunden. Worauf sie achten sollten und warum steuerliche Beratung wichtig ist.
Derzeit trennen sich viele Privateigentümer von ihrem Immobilienvermögen. Insbesondere ältere Eigentümer, die nicht die Energie, Expertise und Liquidität haben, sich um anstehende Sanierungsmaßnahmen und energetische Ertüchtigungen, wie sie das Heizungsgesetz vorsieht, kümmern wollen, veräußern ihren Mietwohnungsbestand. Sie treffen auf viele interessierte Marktteilnehmer. Das gilt vor allem, wenn sich ihre Objekte in attraktiven Lagen befinden, wie in Großstädten und deren Umland, in Universitäts- oder Schwarmstädten.
Dabei richten zunehmend Asset- und Fondsmanager ihr Augenmerk auf solche Value-Add-Objekte: Liegen diese in nachgefragten Quartieren mit hohen Durchschnittsmieten und Haushaltseinkommen, lassen sich die Mieten nach entsprechenden Sanierungsmaßnahmen unter Umständen merklich erhöhen. Außerdem sind die Ankaufspreise für Bestandsobjekte mit Potenzialen in den zurückliegenden drei Jahren gesunken. Die Preise können häufiger verhandelt werden als bei Core- und Core-Plus-Objekten.
Haben die Mehrfamilienhäuser mehr als 20 Einheiten, sind sie unter Umständen auch für internationale Investoren interessant, die in Deutschland verstärkt nach Wohnimmobilien suchen und nicht mehr ausschließlich ihren Fokus auf gewerbliche Objekte legen. Weit oben auf ihrer Einkaufsliste stehen Investments in deutschen Großstädten wie München oder Hamburg. Bei kleineren Wohnobjekten konzentriert sich die Käuferklientel eher auf deutsche Investoren. Das Angebot an Value-Add-Objekten ist groß: Engel & Völkers kam in einer Analyse des deutschen Investmentmarkts zu dem Ergebnis, dass 2024 insgesamt 45 Prozent der inserierten Wohn- und Geschäftshäuser eine Energieeffizienzklasse von F oder schlechter hatten.
Wann es sinnvoll ist, externe Beratung bei der Transaktion hinzuziehen
Der Ankauf aus Privatbeständen hat allerdings häufig Schattenseiten: Käufer müssen sich auf fehlende Objektunterlagen einstellen. Die sind wiederum für professionelle Vermögensverwalter essenziell, nicht zuletzt für ihre Finanzierungsgespräche. Die Erfahrung zeigt, dass die Vorbereitung der Deals mit Privatverkäufern oftmals mehr Zeit benötigt als die anschließende Transaktion.
Investoren sollten daher bei Privatankäufen frühzeitig Berater hinzuziehen. Diese unterstützen sie im Umgang mit eventuell fehlenden Unterlagen sowie bei der Gestaltung eines steuerlich optimierten Ankaufs. Vorteilhaft kann die Gründung einer Kapitalgesellschaft sein. Die Immobilien können auch in einem Unternehmen gebündelt werden, von dem der Käufer lediglich Anteile erwirbt. Bei diesen Share Deals fällt zumeist keine Grunderwerbsteuer an. Wird ein Experte erst nach dem Notartermin hinzugezogen, ist es für Steueroptimierungen zu spät. Vermögensverwalter sollten außerdem frühzeitig wissen, wie sie ihr Investment künftig nutzen möchten. Sie können etwa nach der Sanierung einen Wiederverkauf anstreben („Fix and flip“) oder das Objekt langfristig in den Eigenbestand aufnehmen und über die Mieteinnahmen eine langfristige Rendite erzielen („Buy and hold“). Grundsätzlich ist dabei zu beachten, dass Sanierungskosten innerhalb der ersten drei Jahre nach Erwerb nicht steuerlich geltend gemacht werden dürfen, sofern die Sanierungskosten 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. In diesem Fall sollte der Käufer darauf achten, umfangreichere Sanierungsarbeiten, die diese Grenze überschreiten, erst nach Ablauf der ersten drei Jahre durchzuführen.
Insbesondere internationale Investoren, die in Deutschland Mietwohnungen erwerben, kennen sich oft nicht aus mit der deutschen Regulatorik bei anstehenden Sanierungen, wie beispielsweise Milieuschutzsatzungen, Kappungsgrenzen, Mietspiegel und Mietpreisbremsen. Daher sollten auch sie beim Ankaufsprozess auf professionelle Beratung vertrauen, nicht zuletzt deshalb, weil je nach Stadt unterschiedliche Vorgaben gelten können.
Was tun bei fehlenden, veralteten oder mangelhaften Unterlagen?
Gerade bei älteren Objekten mit Sanierungsstau fehlt es oft an Unterlagen. Das können sogar essenzielle Schriftstücke für den Ankäufer wie Mietverträge sein. Ist dies der Fall, kann auf Basis der regelmäßigen Mietüberweisungen die Höhe der Mieten verifiziert werden. Ein weiteres Problem, das sich dabei ergibt, ist die fehlende Betriebskostenvereinbarung. So ist unklar, welche Kosten aktuell auf die Mieter umgelegt werden. Der Noch-Eigentümer sollte sich in diesem Fall bemühen, vor dem Verkauf mit seinen Mietern Ersatzmietverträge abzuschließen. Oft werden auch Garagen und Stellplätze separat und nicht als Teil eines Wohnraummietvertrages vermietet. Kauft ein Investor mit der Immobilie auch diese Stellplätze, ist zu beachten, dass die Vermietung grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig ist. Was für den Alt-Eigentümer auf Grund einer Ausnahmeregelung für Kleinunternehmer ggf. kein Problem darstellte, kann für Investoren mit großem Bestand zu einem Problem werden, da die Vermietung plötzlich umsatzsteuerpflichtig werden kann. Kann die Erhöhung der Miete um 19 Prozent nicht auf die Mieter abgewälzt werden, schmälert sich die Mietrendite entsprechend.
Neben dem Ankäufer sollte auch der Privatverkäufer steuerliche Expertise in Anspruch nehmen. Hält er die Zehn-Jahres-Grenze für eine steuerfreie Veräußerung ein, hat aber z.B. im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses ein Gewerbe betrieben, dann ist dieser Teil des Gebäudes bei der Veräußerung steuerpflichtig.
An- und Ausbauten ohne Baugenehmigung
Kompliziert können zurückliegende Dachgeschoss-Ausbauten werden, die ohne Genehmigung als Wohnraum genutzt werden. Dann ist zu prüfen, ob diese Schwarzbauten nachträglich bewilligt werden können oder ob schlimmstenfalls eine wohnungswirtschaftliche Nutzung entfällt. Vergleichsweise einfach ist es, bei fehlenden Objektplänen und Grundrissen eine Expertin oder einen Experten mit dem Neuvermessen zu beauftragen.
Während der Ankaufsphase sollten Asset- und Fondsmanager zudem die Grundsteuer beachten. Obwohl die Politik anfangs versprochen hatte, dass es nicht zu Steuererhöhungen kommt, ist in vielen Kommunen das Gegenteil zu beobachten. Viele Eigentümer müssen gemäß ihrer neuen Bescheide seit Jahresanfang mehr Steuern entrichten als früher. Zwischenzeitlich haben über 6,16 Millionen Steuerzahler gegen ihre Grundsteuerwert- und messbescheide Einspruch erhoben. Der neue Eigentümer kann bei starken Erhöhungen überlegen, den gleichen Weg zu gehen.
Der Ankäufer sollte bereits beim Ankaufprozess anstehende Sanierungen einplanen. Unter Umständen verlangt auch das Finanzierungsinstitut einen so genannten „Individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP)“. Auch hierbei sind neben möglichen staatlichen Fördermitteln steuerliche Aspekte einzubeziehen. So dürfen beispielsweise seit Anfang 2023 private Investoren fünf Prozent Zusatzabschreibung auf Teile der Anschaffungs- und Herstellungskosten bei der Steuer geltend machen, sofern sie eine Mietwohnung neu bauen, deren Herstellungskosten pro Quadratmeter nicht mehr als 4.800 Euro beträgt. Das betrifft den Kauf einer Bestandsimmobilie in dem Fall, als dass der Investor durch An- oder Ausbauten zusätzlichen Wohnraum schafft. Die Steuerbegünstigung gilt im Jahr des Kaufs sowie in den drei Folgejahren.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Ypsilon Group
Erstveröffentlichung: The Property Post, April 2025