Ein Beitrag zum bezahlbaren Wohnen
Bauland ist in prosperierenden Städten und Gemeinden ein knappes und teures Gut. So wundert es nicht, dass in der aktuellen Diskussion über bezahlbares Bauen und Wohnen zu Recht Handlungsbedarf angemahnt wird. Die Handlungsspielräume sind jedoch begrenzt und die Grenzen werden oft von denen, die sie beklagen, selbst gezogen. Trotzdem ist es möglich, bei der Baulandbereitstellung durch kluge Planung, der ein durchgängiger Optimierungsgedanke zugrunde liegt, kostendämpfend Einfluss zu nehmen. Voraussetzung: Alle Beteiligten wollen und bekommen politische Unterstützung.
Das Umfeld
Seit Sommer 2014 gibt es das von der Bundesregierung ins Leben gerufene Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen. Zyniker wenden an dieser Stelle gerne ein, dass es in Deutschland bislang kein unbezahlbares Wohnen gibt, da speziell auch in florierenden Städten derzeit noch jeder Preis bezahlt wird.
Damit stellt sich als erstes die Frage nach der Definition von „bezahlbar“. Die Antwort: Bezahlbar ist, wenn sich ein Normalverdiener für sich allein oder seine Familie adäquaten Wohnraum leisten kann. Dabei hängt der bezahlbare Erwerb neben der Höhe des Einkommens zunehmend auch von der Region ab, in der Wohnraum erworben werden soll. Denn Bauland ist in Wachstumsregionen mittlerweile ein knappes und teures Gut und avanciert damit nicht selten auch zum Spekulationsobjekt. Zwar haben Bund und Land ehrgeizige und richtige Ziele zum sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden, jedoch überzeugt bei der Zielerreichung weder der zugrunde liegende Indikator noch das zur Verfügung stehende Instrumentarium. So kommt etwa die zu Recht geforderte Innenentwicklung bei der planungsrechtlichen Umsetzbarkeit schnell an ihre Grenzen. Starre immisionsschutzrechtliche Hürden beim Thema Lärm oder umfangreiche artenschutzrechtliche Untersuchungen wirken sich häufig nachteilig auf die erwünschte Nutzungsmischung wie auch auf die zeitliche und wirtschaftliche Realisierbarkeit des Vorhabens aus. Erschwerend kommt hinzu, dass Grundstücke in der Stadt bereits ohne Einrechnung von Rückbau- und Altlastenbeseitigungskosten, oft deutlich teurer als Neubauland im Außenbereich sind, was insbesondere auch unter dem Aspekt des ebenfalls von der Politik geforderten bezahlbaren Wohnraums, die Innenentwicklung nicht gerade befördert. Hier hilft jedoch in vielen Fällen die Städtebauförderung.
Einflussmöglichkeiten und Grenzen
Halten wir fest: Die Bereitstellung von bezahlbarem Bauland – als Beitrag zum bezahlbaren Wohnen – ist ein Problem der Wachstumsregionen. Welche Möglichkeiten gibt es, hier bereits in der Phase der Baulandentwicklung preisdämpfend einzuwirken? Leider wenig! Denn die Zahl der Stellschrauben, an denen man drehen könnte, ist begrenzt und die Einflussnahme von Politik und Kommunen auf die Schrauben ebenfalls.
Stellschraube 1 – Ankaufspreis von Grundstücken
Voraussetzung für die Bereitstellung günstiger Bauplätze ist oftmals eine vorausschauende Bodenbevorratungspolitik der Kommunen. Richtige Entscheidungen, die hier von Verwaltungen und Räten meistens vor Jahrzehnten getroffen wurden, können sich heute auszahlen. Sind überwiegende Teile von Neubaugebieten in kommunaler Hand, lassen sich Einstiegspreise (Einwurfswerte) und die Verkaufspreise steuern. Sind künftige Baugebiete überwiegend in Privateigentum, greifen die Gesetze des Marktes ohne Wenn und Aber und die Grundstückseigentümer sind oft in einer starken Verhandlungsposition.
Stellschraube 2 – Bebauungsplan
Bebauungspläne sind die rechtsverbindliche planerische Umsetzung von hoffentlich großartigen städtebaulichen Konzepten und Entwürfen. Großartig heißt in diesem Fall guter Städtebau, ökologisch orientiert und ausgewogen, sparsam im Flächenverbrauch, effizient in der Erschließung, ordnend und zugleich offen genug für gute Architektur und das alles auch noch rechtssicher. Bereits die kurze Aufzählung lässt erahnen, dass die Vielzahl der schon allein formalen Anforderungen zu Konzepten führt, die mit dem immer noch bei Umlegungen gesetzlich verankerten Flächenabzug von 30 Prozent für Erschließungs-, Gemeinschafts- und Grünflächen gerade mal so auskommen. Hinzu kommen in der Regel noch lokale Gefühlslagen und Partikularinteressen. Will oder besser muss die Kommune dann auch noch einen Mehrwert für die Baulandausweisung abschöpfen, um die Kosten der Infrastrukturanpassung zu decken, so wird schnell deutlich, dass bei den in der Bundesrepublik geltenden Standards im Planungsrecht eine nur moderate Verteuerung schon ein Erfolg ist.
Stellschraube 3 – Erschließungskosten (Gestehungskosten)
Das oben Gesagte zum Thema Standards gilt ebenso beim Thema Bauen. Der Stand der Technik hat seinen Preis, auch im Tief- und Straßenbau. Die reinen Bau- und Herstellkosten bieten, zumal sie im Vergleich zu den Bodenpreisen regional nur relativ geringe Abweichungen aufzeigen, keinen großen Spielraum um kostensenkend zu wirken. Dies kann hier lediglich durch die Festlegung der Standards bei der Wahl der Materialien erreicht werden. Ausgleichsmaßnahmen und eine gute ökologische Bilanz sind zweifelsfrei wichtig. Einzelinteressen und oft nicht nachvollziehbare Gewichtungen führen jedoch immer wieder zu einem steten und unnötig starken Preisanstieg für Bauland, was dem Wunsch nach bezahlbarem Wohnraum zuwiderläuft.
Stellschraube 4 – Abschöpfung durch die Kommune
Wie bereits erwähnt benötigt die Bauland ausweisende Kommune eine Wertsteigerung zur Finanzierung von Folgekosten. Diese Abschöpfung ist somit immer Bestandteil der Preisbildung und muss akzeptiert werden. Infolge der in vielen Kommunen anzutreffenden strukturellen Unterfinanzierung der Haushalte sind Städte und Kommunen nachgerade genötigt, Baulandentwicklung entsprechend zu bepreisen. Hier kann die große Politik eingreifen, indem sie die Kommunen nachhaltig in die Lage versetzt, ihren Aufgaben mit den finanziellen Mitteln aus Steuern und Abgaben nachzukommen.
Stellschraube 5 – Flächenausnutzung durch tatsächliche Bebauung
Was macht Bauland tatsächlich günstiger? Wenn all das, was bereits erschlossen ist, auch bebaut wird, bzw. bebaut werden kann. Enkelgrundstücke ist hier das Zauber- bzw. Reizwort. Bei künftigen Baulandentwicklungen ist dem, sofern es finanziell auf Seiten der Kommune auch nur einigermaßen darstellbar ist, wohl am ehesten durch Ankaufmodelle beizukommen.
Ist die Kommune alleinige Eigentümerin der Bauplätze, kann Sie über Bauverpflichtungen den Zeitrahmen für die Bebauung im jeweiligen Kaufvertrag verbindlich regeln. Ausreichende Fristen müssen eingeräumt werden, aber dem oft jahrzehntelangen Liegenlassen von erschlossenen Grundstücken wird so ein Riegel vorgeschoben und es kommen die Bauherren zum Zuge, die auch wirklich bauen wollen.
Für eine nachträgliche Mobilisierung von bereits gut abgehangenen Enkelgrundstücken hilft dieser Ansatz freilich wenig. Hier müsste vielleicht eine durchaus radikale Reform der Grundsteuer ins Auge gefasst werden. De facto lässt sich sagen, dass das Phänomen Bauland nicht zu bebauen ausschließlich ein Problem bei Privateigentümern ist, wohingegen gewerbliche Bauträger oder Baugesellschaften fast immer Grundstücke mit einer überschaubaren Bauperspektive kaufen.
… und jetzt
Die Aufzählung der Stellschrauben und der Möglichkeiten, diese zu beeinflussen kann sicherlich weitergeführt werden. Sie zeigt aber auch schon so, dass es den guten Willen aller Beteiligten erfordert, um das Ziel, Bauland zu einem vernünftigen Preis zur Verfügung zu stellen, zu erreichen. Wichtig ist, dass alle Beteiligten die Zusammenhänge kennen, so dass Preisgestaltung nicht einfach passiert, sondern sinnvoll gesteuert wird. Vertrauensbildend wirkt sich dabei zudem die Offenlegung der Motivation und der verwendeten Rechenmodelle aus.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH
Erstveröffentlichung: ZIA Geschäftsbericht 2014/ 2015