Mehr Kapazitäten für Kernkompetenzen.
Die Professionalisierung in Industrieunternehmen und damit verbundene Optimierungs- und Kostensenkungsprogramme verändern die Zusammenarbeit zwischen der Produktion und den Sekundärprozessen. Bei großen Unternehmen ist es heute Standard zum Beispiel für den Werkschutz, die Reinigung, den Kantinenbetrieb sowie die Wartung und die Instandsetzung ausgewählter Anlagen oder technischer Gewerke externe Dienstleister zu beschäftigen. Jedoch werden oft wenig innovative Zusammenarbeitsmodelle zwischen Unternehmen und Dienstleister verfolgt.
Die Strukturen sind über Jahre gewachsen und zum Teil verkrustet. So finden sich teilweise Hunderte Einzelverträge pro Industriestandort – ohne klare Dokumentations- und Reportingstrukturen.
Eine gezielte Optimierung über Einzelmaßnahmen hinaus leistet jedoch gerade bei Industrieunternehmen einen wichtigen Beitrag zur Zukunftssicherung. Ganz gleich, ob es sich um Pharmastandorte oder um den Bereich Automotive, die Elektroindustrie, die Chemieindustrie oder andere Branchen handelt. Denn produzierende Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Produktions-, Betriebs- und Bewirtschaftungsprozesse kontinuierlich optimieren zu müssen, um national sowie international wettbewerbsfähig zu bleiben. Neben dem Kostendruck, das Endprodukt bei gleicher Qualität effizient und wirtschaftlich zu erstellen, wird zunehmend auch eine höhere Flexibilität im Herstellungsprozess erforderlich: Schließlich verkürzen sich Produktzyklen, zudem bedürfen Stückzahlschwankungen anpassungsfähiger Produktionsbedingungen.
Die Erfahrung aus einer Vielzahl jüngerer Drees & Sommer-Projekte zeigt einen eindeutigen Trend auf: Die Grenzen zwischen der eigentlichen Produktion – dem Kernprozess – und dem operativen Facility Management werden neu definiert und präzisiert: Vermehrt verschieben sich diese in Richtung Kernprozess.
Bei großen und internationalen Produktionsunternehmen, die für ihre Standorte neue und strategisch ausgerichtete Betreibermodelle avisieren, gilt nicht selten der Ansatz: Internationale Unternehmen suchen internationale Dienstleister. Sie streben grenzübergreifende Betreiberverträge für internationale Partnerschaften im Facility Management an. Zu internationalen Trends und Strategien von Industrieunternehmen und zum aktuellen FM-Markt in Europa ist im 4. Quartal 2013 die Marktstudie von Drees & Sommer erschienen. (Mehr Details unter www.facilitymangementconsulting.de.)
In der Regel gilt es, folgende standortspezifische Besonderheiten auszuloten:
In der Regel stehen alle derartigen Projekte unter Erfolgsdruck und werden top-down-getrieben oder direkt aus der Fachabteilung bzw. dem Einkauf aufgesetzt.
Schematische Schnittstellendefinition Produktion & Facility Mangement
Folgende Ziele gilt es, dabei zu erreichen:
Je nach Komplexität und Datenlage werden zu Beginn die vorhandenen Strukturen wie Kosten, Verträge, aktuelle Vergabe- und Betreiberkonzepte, Eigen- und Fremdleistungsstrategie, technischer und infrastruktureller Datenbestand analysiert und bewertet. Oft ist hier die technische Datenlage problematisch: Das betriebs- und produktionsrelevante Know-how ist in den Köpfen der eigenen Mannschaft vorhanden. Geänderte Betreiberstrukturen mit abschmelzender Belegschaft und externer Unterstützung verändern nicht nur die Zusammenarbeit, auch das Reporting bekommt einen höheren Stellenwert.
Optimierung von Primär- und Sekundärprozessen
Bei jedem Projekt gilt es, eine Vielzahl von Fragen zu beantworten, um die passende Strategie zu erarbeiten:
Neben der Optimierung des Facility Managements stehen oft eine Steigerung der Transparenz sowie der Wunsch nach einem gezielten Standort- und Immobilien-/Kostencontrolling im Fokus. Kaum einem Entscheider stehen jedoch die relevanten Informationen mit geringem Aufwand zur Verfügung. Üblich sind vielmehr ständig wiederkehrende Datenaufbereitungs-Wellen, um situative Fragen zu beantworten. Das gezielte Aufbauen und Implementieren eines (schlanken) Reportings ist ein positiver Nebeneffekt eines Optimierungsprojekts.
Die Datenpyramide – wie aus Daten (Standort-) Kennzahlen werden
Nur durch eine ganzheitliche Herangehensweise, die alle Betriebs,- Bewirtschaftungs- und Produktionsfaktoren berücksichtigt, lassen sich die Stellhebel ermitteln, mit denen Unternehmen langfristig ein Maximum an Wirtschaftlichkeit erreichen. In diesem Zusammenhang ist es wettbewerbsentscheidend, mit welchen Facility-Management-Dienstleistern ein Unternehmen zusammenarbeitet. Die passenden Anbieter, Vergabemodelle, Vergütungsvarianten und Prozessabläufe zu finden, erfordert tiefgehendes Branchen- und Prozesswissen, sowohl hinsichtlich des Facility Managements als auch in Bezug auf die prozessrelevanten Kernthemen am Standort. Nur wenn das Zusammenspiel aller gebäudetechnischen, bewirtschaftungs- und betriebsrelevanten sowie produktionsnotwendigen Anlagen im Detail bekannt ist, lassen sich Optimierungspotenziale finden, die für das ganze Unternehmen eine verbesserte Gesamtwirtschaftlichkeit zur Folge haben.
Die Vergabemodelle sind so unterschiedlich wie die Unternehmen und deren Anforderungen – eine pauschale Aussage über die wirtschaftlichste Vorgehensweise ist daher nicht möglich. Generell können alle Leistungen einzeln, modulweise oder an einen einzigen Vertragsnehmer beauftragt werden. Innerhalb dieser Vergabemodelle wiederum kann nach Ländern und Regionen oder nach Portfolios geclustert werden. Total Facility Management bei zahlreichen Standorten kombiniert technisches, kaufmännisches und infrastrukturelles Facility Management und verlangt zudem umfassende Managementkompetenzen.
Chancen und Risiken der verschiedenen Vergabestrategien sind individuell zu betrachten. Generell lässt sich feststellen, dass bei steigendem Outsourcing-Level zwar der direkte strategische Einfluss abnimmt, das Unternehmen jedoch an Flexibilität gewinnt und sich vermehrt auf seine Kernaufgaben fokussieren kann.
Vor allem in den USA und in Großbritannien gehört Total Facility Management zu den schon gängigeren Vergabemodellen – in den zentraleuropäischen Ländern herrscht derzeit noch überwiegend ein anderer Fokus. Der Facility-Management-Branche in Deutschland steht aus diesem Grund ein enormer Wandel bevor. Auslöser sind vor allem internationale Unternehmen mit Standorten in Deutschland. Während der Bedarf bereits gegeben ist fehlen in Deutschland und auch in Europa oft noch die passenden Anbieter und Betreibermodelle für derart umfangreiche Leistungen. Diese haben bis heute ihre Kernkompetenzen auf einzelne Leistungen beziehungsweise auf Vergaben in mehreren Einzelpaketen innerhalb eines Landes hin ausgereichtet. Das heißt, operative Facility- Management-Anbieter werden ihr Leistungsportfolio entsprechend anpassen (müssen).
Vereinfacht können die Optimierungspotenziale in drei Kategorien unterteilt werden:
Monetäre Potenziale: Durch die Umsetzung der Maßnahme können die Kosten gesenkt werden.
Qualitative Potenziale: Durch die Maßnahme kann die Leistung qualitativ besser bzw. mit einer höheren Qualität erbracht werden (Erreichen einer leistungsspezifischen Verbesserung).
Prozessuale Potenziale: Durch die Maßnahme wird eine Prozessverbesserung erreicht (ggf. Straffung oder Optimierung eines Prozessablaufs, Reduzierung der Beteiligten, Optimierung der AKVs oder Professionalisierung durch unterstützende Tools etc.)
Bei der Betrachtung von Unternehmen, die an mehreren Standorten vertreten sind oder für mehrere Standorte von Immobilien verantwortlich sind, können darüber hinaus unter anderem folgende Ansätze zur Optimierung angegangen werden (stark vereinfachter Auszug):
Bedarfseffekte
Bei dieser Kategorie geht es um die Frage, ob wirklich alle Anforderungen notwendig sind. Die Praxis hat gezeigt, dass bei großen Unternehmen viele Prozesse über die Jahre gewachsen sind. In thematischen Workshops die Anforderungen und Zusammenhänge einzelner Prozesse zu hinterfragen, kann die tatsächlich notwendigen Bedarfe identifizieren. Das Ergebnis sind ggf. neue, niedrigere Servicelevel und eine Aufwands- und Kostenreduzierung (Abgleich Soll-Bedarf und Ist-Bedarf).
Bündelungseffekte
Bündelungseffekte entstehen durch das Zusammenlegen von Leistungen, entweder inhaltlich und/oder standortübergreifend. In der Regel werden diese Leistungen von externen Dienstleistern erbracht. Damit kann deren Anzahl reduziert werden, eine gebündelte Vergabe führt zudem zu monetären und prozessualen Einsparungen:
Prozessuale Effekte
Prozessuale Effekte beim Dienstleister durch optimierte Auslastung und Kombination von Leistungen (Optimierung innerhalb der Organisation des FM-Dienstleisters führt zu monetären Optimierung des Auftraggebers)
Funktionale Effekte
Die funktionalen Effekte verändern eine bestehende Organisation und können die Personalstruktur oder Personalanzahl beeinflussen. Beispiele sind:
Steigende Anforderungen an Flexibilität und Wirtschaftlichkeit sorgen dafür, dass Zusammenarbeitsmodelle zwischen Kern- und Sekundärprozessen weiterhin intensiviert werden. Ob sich reine Managementmodelle im Facility Management am europäischen Markt durchsetzen werden ist offen – jedoch werden wachsende Anforderungen der Auftraggeber bezüglich weiterführender strategischer Modelle dazu führen, dass sich die Anbieterbranche weiterentwickeln muss. Innovative Betreibermodelle mit vollumfänglicher Übernahme von langfristigen Verantwortlichkeiten, Green FM inkl. CO2-Bilanz und effiziente Energieerzeugung mit dynamischen und lebenszyklusorientierten Instandhaltungsstrategien sind nur einige wenige Themen, die die Branche in den kommenden Jahren beschäftigen werden.
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Drees & Sommer AG
Erstveröffentlichung: Januar/Februar 2014, Der Facility Manager