11.04.2023

Impact-Investing

Einer der großen Trends der 20er Jahre

Hannah Dellemann, Teamleiterin ESG, INTREAL International Real Estate Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH
Rudolf Kömen, Conducting Officer, IntReal Luxembourg S.A.
Hannah Dellemann

Impact-Fonds bilden die höchste Kategorie unter den nachhaltigen Immobilienfonds. Die regulatorischen und auch die technischen Kriterien dafür sind hoch. Am Markt gibt es bereits Fonds, allerdings noch sehr wenige und nur für institutionelle Investoren. Wie sehen die Fondskonzepte aus und worin unterscheiden sie sich von klassischen Immobilienfonds?

„Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“ Dieses Zitat des berühmten französischen Schriftstellers Victor Hugo lässt sich sehr gut auf die Immobilien- und Finanzbranche und das Thema ESG übertragen. Wenn es derzeit eine mächtige und dominierende Idee gibt, die die Immobilienwelt umfassend verändert, dann ist es eindeutig nachhaltiges Investieren. Neben Rendite und Risiko etabliert sich ESG als ein dritter, zentraler Parameter bei Immobilieninvestments. Innerhalb des ESG-Universums hat sich sehr früh das Impact-Investing als Königsdisziplin und höchste Kategorie der Nachhaltigkeit herauskristallisiert.

Was ist Impact-Investing? Umgangssprachlich ausgedrückt handelt es sich dabei um Investments, deren Hauptziel es ist, mehr Nachhaltigkeit zu schaffen – beispielsweise indem alte Objekte mit hohem Energieverbrauch renoviert und zu energieeffizienten Immobilien transformiert werden. Aus einer regulatorischen Perspektive werden Impact-Fonds auch Artikel-9-Fonds genannt, weil sie in diesem Artikel der EU-Offenlegungsverordnung geregelt werden. Dort heißt es, dass ein solcher Fonds als Anlageziel nachhaltige Investitionen verfolgt. Allerdings ist nicht genau geregelt, was „nachhaltige Investitionen“ bedeutet. Grundsätzlich gilt, dass ein Fonds einen positiven Beitrag zu einem Umwelt- oder einem sozialen Ziel leisten soll. Dabei dürfen keine anderen Nachhaltigkeitsziele negativ beeinflusst werden. Es gibt also viel Raum für eigene Ansätze, die regulatorischen Vorgaben umzusetzen.

Offenlegungsverordnung macht Transparenzvorgaben
Die Offenlegungsverordnung macht keine Vorgaben zu den Kriterien selbst, sondern nur – wie der Namen schon sagt – zu deren Offenlegung bzw. Transparenz. Eine wichtige Vorgabe ist, dass der Anleger vor der Zeichnung alle Informationen zu den Nachhaltigkeitsaspekten bekommt. Das heißt, in den vorvertraglichen Informationen müssen die Nachhaltigkeitsziele genannt werden und es muss beschrieben werden, wie diese erreicht werden sollen. Grundsätzlich müssen diese Ziele objektiv, messbar und nachprüfbar sein. Außerdem müssen diese Informationen auch auf die Webseite des Fondsanbieters gestellt werden. Die dritte Vorgabe bezieht sich auf die jährliche Erfolgskontrolle: Im Jahresbericht der jeweiligen Fonds muss angegeben werden, was die Überprüfung der Ziele ergeben hat. Wurden sie eingehalten? Wurden sie verfehlt und, wenn ja, um wieviel?

Taxonomieverordnung ist im Fluss
Während die Offenlegungsverordnung die Transparenz regelt, macht die Taxonomieverordnung konkrete Vorgaben für die Immobilien – beispielsweise, dass eine Immobilie nur dann taxonomiekonform ist, wenn sie in Sachen Energieeffizienz zu den besten 15 Prozent innerhalb ihrer Peergroup gehört.

Allerdings ist die Taxonomie immer noch im Fluss. Bis Ende 2022 galt sie nur für die ersten beiden von insgesamt sechs Nachhaltigkeitszielen – für den Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel. Seit 1. Januar 2023 sind vier weitere Ziele hinzugekommen – nämlich Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Kontrolle der Umweltverschmutzung, Schutz der Wasser- und Meeresressourcen sowie Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.

Außerdem ist die Taxonomie nur eine Kann-Vorgabe. Fondsanbieter können sich auch in Eigenregie Nachhaltigkeitsziele setzen – solange diese objektiv, messbar und nachprüfbar sind. In der Praxis orientieren sich die meisten Fonds mit einem Umwelt-Ziel allerdings an der Taxonomie. Die selbstgesetzten Kriterien müssen von der BaFin geprüft und zugelassen werden.  
Unter den offenen Immobilien-Spezialfonds nach deutschem Recht gibt es bislang circa zehn Fonds am Markt, die als Artikel-9-Fonds klassifiziert sind. Diese Fonds sind jedoch institutionellen Investoren vorbehalten. Für Privatanleger gibt es derzeit noch keine Impact-Fonds. Die institutionellen Fonds am Markt fokussieren sich auf die Nutzungsarten Wohnen, Büro und Logistik.

Impact-Fonds unterschieden sich deutlich von klassischen Immobilienfonds
Die bereits bekannten Fondskonzepte zeigen, dass sich Impact-Fonds – vor allem wenn der Fokus auf den ökologischen Kriterien liegt – stark von bisherigen Immobilienfonds unterscheiden. Bei klassischen Immobilienfonds war die Strategie kaufen und halten – buy-and-hold. Bei Impact-Fonds muss die Immobilie in der Regel signifikant optimiert werden.

Einige Beispiele sollen den anderen Ansatz von Impact-Fonds verdeutlichen: Ein Logistikfonds etwa kauft Bestandsimmobilien an und saniert diese so, dass der Energiebedarf um 30 Prozent fällt. Die durchgeführten Modernisierungen müssen von zugelassenen Energieberatern abgenommen werden. Parallel dazu werden Erneuerbare-Energien-Anlagen an der Immobilie installiert. Bei Logistikhallen sind dies Photovoltaik und Solar-Luft-Kollektoren. Das Ziel: Der CO2-Ausstoß der Immobilie soll rechnerisch null betragen. In der Praxis wird die vor Ort erzeugte Energie mit verbrauchter Energie verrechnet.
Ein anderes Beispiel aus dem Bürosegment: Ein Fonds kauft eine Immobilie aus den 1950er Jahren an, renoviert diese umfassend und ergänzt sie durch Neubauten in Holzbauweise. Die Energie wird über Geothermie und Photovoltaik vor Ort gewonnen. Nach Umsetzung der Maßnahmen kann auch diese Immobilie klimaneutral betrieben werden.

Die Hürden für Impact-Fonds sind hoch
Werden wir in Kürze mehr Impact-Fonds sehen? Die Erfahrungen aus den bislang aufgelegten Fonds zeigen, dass die Hürden hoch sind. Für einen Fondsanbieter ist ein Impact-Fonds mit hohem Aufwand verbunden. Auch ist dafür oft mehr Projektentwicklungs-Know-how notwendig. Erschwerend kommen derzeit zwei Faktoren hinzu: Erstens hat die Zinswende mit den gestiegenen Fremdkapitalkosten die Auflage von Immobilienfonds generell deutlich erschwert. Zweitens sind vor allem institutionelle Anleger sehr zurückhaltend bei der Zeichnung neuer Fonds und warten eher ab. Dennoch sind wir überzeugt, dass Impact-Investing mittelfristig stärkere Verbreitung finden wird und einer der großen Trends der 20er Jahre sein wird.

Drittens ist die Gesetzgebung noch nicht abgeschlossen. Die ohnehin komplexe Regulatorik im Bereich ESG verändert sich dauernd. Beispielsweise sind zum 1. Januar 2023 die schon genannten Nachhaltigkeitsziele zur Taxonomie hinzugekommen, ebenso wie die Level 2 der Offenlegungsverordnung. Die bestehenden Fonds müssen sich kontinuierlich an den neuen regulatorischen Stand anpassen.
Fazit: Die Anforderungen an Impact-Fonds sind hoch und bislang haben sich nur wenige Fondsanbieter an das Thema getraut. Die aktuelle Krise sorgt für zusätzlichen Gegenwind. Mittelfristig wird es aber unserer Meinung nach mehr Impact-Fonds geben – weil sie von den Anlegern gewünscht werden und weil ESG immer selbstverständlicher Teil von Immobilienfonds sein wird.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von INTREAL
Erstveröffentlichung: Mipim-Sonderbeilage der Börsen-Zeitung am 14.03.2023

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