05.06.2023

Immobilienportfolios

Nachhaltig gestalten - Wie geht das?

Giulia Peretti, Nachhaltigkeitsbeauftragte, Real I.S. AG
Giulia Peretti

Dass der Klimawandel ein ernst zu nehmendes Problem ist, das die ganze Welt betrifft, ist uns allen schon länger bewusst. Am Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, hielten zwar die Teilnehmer der Weltklimakonferenz (COP 27) in Ägypten im vergangenen November fest. Allerdings mehren sich weltweit die Stimmen, dass dieses notwendige Klimaziel nicht erreicht werden könne. Der Handlungsdruck ist enorm. Das ist auch der Immobilienwirtschaft bewusst, denn insbesondere sie steht vor großen Herausforderungen auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Schließlich ist der Gebäudesektor für gut ein Drittel der Treibhausgas(THG)-Emissionen und rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in der Europäischen Union verantwortlich. Jetzt stellt sich die Frage: Wo setzt man an, um die Energiebilanz und die Emissionen einer Immobilie zu verbessern? Eines ist dabei unumstritten: Die Schlüsselrolle hat der Bestand. Dort schlummert das größte Potenzial zur Reduzierung der Verbräuche und der THG-Emissionen.

Unser Weg zum „grünen“ Portfolio beginnt mit der Zielsetzung und Bestandsaufnahme

Zuallererst ist es wichtig, sich Ziele zu setzen. Wir, die Real I.S., haben Nachhaltigkeit als zentralen Bestandteil des Unternehmensleitbilds verankert und wir wollen das gesamte Immobilienportfolio bis 2050 beziehungsweise bis 2045 das deutsche Portfolio klimaneutral gestalten.

Der zweite Schritt – und auch der herausforderndste – ist die Analyse der Immobilien im Portfolio. Die große Hürde dabei ist es, an die relevanten Daten zu gelangen, um bei jeder Immobilie einschätzen zu können, welcher Investitions- und Handlungsbedarf während der Haltephase vorliegt, um diese ESG-konform zu bekommen und die richtigen Maßnahmen einzuleiten. Hilfreich sind dabei sogenannte Green Leases, mit denen sich Mieter vertraglich bereit erklären, unter anderem ihre Verbrauchsdaten zu übermitteln. Diese „grünen“ Mietverträge werden bei uns immer häufiger abgeschlossen. Sie helfen uns bei der Verbrauchsdatenerfassung und Einleitung effizienter und auf das Objekt optimal zugeschnittener Maßnahmen. In Australien zum Beispiel ist uns erst kürzlich gelungen, mit der australischen Regierung den größten Green-Lease-Deal in der Geschichte der Real I.S. Group abzuschließen – für 19.000 Quadratmeter unserer Büroimmobilie im Central Business-District von Melbourne. Im Rahmen des um zehn Jahre verlängerten Mietvertrags wird das Gebäude umfassend saniert. Dieser Green-Lease-Deal unterstreicht unsere Strategie mit einer proaktiven Umsetzung unserer ESG-Ziele.

Dies gilt auch für unsere Kooperation mit Deepki in der Erhebung und Analyse von Verbrauchsdaten. Deepki ist führender Anbieter im Bereich ESG-Data-Intelligence und stellt eine Plattform – „Deepki ready“ – zur Erhebung und Analyse von Nutzungs- und ESG-Daten der von uns gemanagten Immobilien bereit. Dabei werden sowohl objekt- als auch mieterbezogene Verbrauchsdaten erfasst. Alle Verbräuche werden daraufhin analysiert und Benchmarks gegenübergestellt, zum Beispiel dem Dekarbonisierungspfad. Wir können somit frühzeitig Anpassungen vornehmen und es erhöht generell die Transparenz, auch im Sinne der ESG-Berichterstattung. Gleichzeitig ist dies ein Beispiel, wie wir innovative digitale Technologien einsetzen, um unsere Nachhaltigkeitsstrategie umzusetzen.

CRREM und Energie-Audits zeigen den Handlungs- und Investitionsbedarf

Die Deepki-Plattform ergänzt unsere bereits als Standard etablierten Prüfungen beim Ankauf und beim Bestand, die CRREM-Analyse und unser hausinternes ESG-Scoring. Mit dem „Carbon Risk Real Estate Monitor“ (CRREM) haben wir sämtliche Bestandsimmobilien eingestuft und eine Übersicht dazu generiert, welche Objekte zum aktuellen Zeitpunkt die Klimaziele erfüllen und welches Objekt wann den Dekarbonisierungspfad verlassen wird. Ferner haben wir durch die Energie-Audits die möglichen Maßnahmen und die entsprechenden Investitionen eruiert, die zur Verbesserung der energetischen Perfomance und somit zur Erreichung der Pariser Ziele dienen.

Hierbei handelt es sich um eine detaillierte Analyse des energetischen Verbrauchs und des baulichen Zustands der Immobilie sowie der Anlagentechnik und weiterer ESG-Merkmale. Dieses zusätzliche Verfahren lässt noch gezielter Rückschlüsse darüber zu, welche Investitionen in welchem Zeitraum sinnvoll umgesetzt werden können.

Diese Analysen können ergeben, dass es sich um „verfehlende Assets“ handelt, also um Immobilien, die während der Investitionsdauer die Klimaziele nicht erreichen. Für solche Immobilien gibt es dennoch oftmals Möglichkeiten, mit Sanierungsmaßnahmen den Dekarbonisierungspfad einzuhalten. Gebäude, die noch nicht ESG-konform sind, effizienter zu gestalten, kann sich oftmals lohnen. Das hat auch einen gesellschaftlichen Nutzen, denn dadurch leisten wir einen Beitrag zur Verbesserung des Gebäudebestands. Zudem verlieren „verfehlende“ Objekte an Wert, es ist also auch im Sinne unserer Anleger, dass wir in die nachhaltige Qualität dieser Objekte investieren beziehungsweise frühzeitig Investitionsentscheidungen treffen.

Wir haben den CRREM in die Transaktionsprozesse fest integriert und prüfen Immobilien bereits beim Ankauf und beurteilen auch die langfristigen transitorischen Risiken.

Praktische Maßnahmen – auch scheinbar kleine Schritte können viel bewirken

Nachdem die Analysevorgänge abgeschlossen sind, geht es an die praktische Umsetzung. Dabei sind nicht immer aufwendige Sanierungsmaßnahmen notwendig. Wir setzen zum Beispiel künstliche Intelligenz ein, um relativ schnell und effizient Emissionen zu reduzieren und Energie einzusparen. Durch die Optimierung der Gebäudestruktur durch moderne Softwarelösungen lassen sich Energieeinsparungen von bis zu 30 Prozent erzielen. Maßnahmen wie die Umstellung der Beleuchtung auf LED sind ebenfalls leicht umzusetzen und haben bei großen Gebäuden eine deutliche Wirkung.   

Ein wichtiges Schwerpunktthema bei unserer Maßnahmenauswahl ist die Photovoltaik. Wir werden bei unseren Immobilien – sofern möglich und technisch sinnvoll – Photovoltaikanlagen installieren. Dadurch können wir „grüne“ Energie vor Ort produzieren und damit den Verbrauch abdecken sowie Emissionen erheblich verringern. Ein gutes Beispiel ist unsere Logistikimmobilie im niederländischen Wijchen. Dort haben wir 10.782 Photovoltaikmodule auf dem Dach installiert und dadurch reduzieren wir den CO2-Ausstoß pro Jahr um etwa 2.000 Tonnen.

Fazit: Die Immobilie der Zukunft ist „grün“, daran gibt es keine Zweifel. Noch besteht ein großes Aufholpotenzial auf dem Weg zur Klimaneutralität und beim Vorantreiben von Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche, doch der Umbruch ist in vollem Gange. Auch wir, die Real I.S., übernehmen Verantwortung, entwickeln uns weiter und setzen neue Technologien ein, um unser Portfolio mit einem Gesamtwert von mehr als zwölf Milliarden Euro zukunftsfähig aufzustellen.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Real I.S. AG
Erstveröffentlichung: Blogbeitrag Real I.S., Dezember 2022

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