Mit Technologie und Daten Immobilienwerte schaffen
Bei der Verwaltung von Immobilienportfolios verlieren die verantwortlichen Akteure im Alltag immer noch zu viel Zeit und oft auch Geld durch unvollständige und qualitativ schlechte Vertragsdaten. Neben der Effektivität sind oft auch erhebliche Effizienzmängel zu konstatieren. Gerade Property Manager verlieren bei der Eingabe und bei der Suche nach der für die Portfoliosteuerung und -optimierung grundlegenden Daten im Alltag zu viel Zeit. Dabei sollten sie sich doch vielmehr um ihre eigentlichen Aufgabenstellungen, etwa die Nutzerbetreuung oder Wertrealisierung im Objekt, kümmern. Der Einsatz von selbstlernender, computerlinguistischer Software bei der Erfassung und Archivierung von Dokumenten und Daten erweist sich als ein wesentlicher Entwicklungsfortschritt für die Immobilienverwaltung, den die Autoren als "Immobilienverwaltung 4.0" bezeichnen.
Die Eigentümer großer Portfolios profitieren von einer besseren Verfügbarkeit und Qualität aller für die Portfoliosteuerung relevanten Daten, insbesondere durch eine höhere Planungssicherheit für Budgets, die bessere Ausnutzung von Ertragspotenzialen und die Vermeidung potenzieller Risiken (zum Beispiel Instandhaltungs- oder Mietausfallrisiken).
Komplexität im Immobilienmanagement
"Immobilienverwaltung 4.0" schafft somit einen immateriellen Wert, der das operative Management vereinfacht, eine bessere Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Beteiligten erlaubt und nicht zuletzt bei der Bewertung berücksichtigt werden sollte.
Die Verwendung von modernster Technologie sowie die Datenaufbereitung ist ein immaterieller Vermögenswert, der zukünftig von großen Immobilienbestandshaltern bilanziert werden sollte. Die Immobilieninformationen werden heute in den seltensten Fällen zentral beim Eigentümer gesammelt und verarbeitet. Die Managementdienstleistungen sind intern und extern auf viele Schultern aufgeteilt und oft auch vollständig an externe Dienstleister ausgelagert. Fonds- und Asset Manager, Property und Facility Manager, technische Berater, Planer und deren sämtliche Subunternehmer liefern, sammeln, bearbeiten und archivieren unterschiedliche Informationen und Unterlagen zu den einzelnen Immobilien.
Die Steuerung und Bewirtschaftung von Immobilienportfolios erfolgt auf der Basis von Vertragsdaten, die sich ständig ändern und in der Regel kontinuierlich anwachsen. Die Beteiligten verwalten somit nicht nur eine Vielzahl unterschiedlichster Vertragsformen, sondern müssen neben den eigentlichen Verträgen weitere sogenannte vertragsrelevante Dokumente pflegen.
Dokumente wachsen mit dem Alter einer Immobilie
Es handelt sich bei den vertragsrelevanten Dokumenten um Ergänzungen, Korrekturen und Anmerkungen zu den Verträgen oder Verweise auf andere Vertragsdokumente wie Protokolle, Genehmigungen und Abrechnungen. Die Anzahl der vertragsrelevanten Dokumente wächst über den gesamten Lebenszyklus der Immobilien stetig und teils signifikant an.
Eine der größten Herausforderungen bei der Immobilienverwaltung ist die fragmentierte und teils völlig unübersichtliche Datenlage. Die Probleme potenzieren sich durch die Heterogenität der Objekte (Immobilien sind stets einzigartig), die Komplexität der Portfolios, die Zahl der Verträge sowie die Anzahl der beteiligten Akteure (zum Beispiel Asset Manager, Property Manager, Anwälte, externe Berater und Dienstleister).
Der Aufwand für die kaufmännische Verwaltung eines Immobilienportfolios hängt deswegen ab von
Die Aufwandsbetrachtung nimmt oft fälschlicherweise an, dass sich über den Lebenszyklus einer Mieterakte der Aufwand menschlicher Arbeit nicht verändert. Der Rechercheaufwand für Mitarbeiter steigt jedoch im Laufe der Zeit stark an; analog zur steigenden Anzahl von Seiten und Dokumenten für eine jeweilige Mieterakte (Abbildung 1).
Abbildung 1: Entwicklung des Aufwandes über die Lebensdauer einer Mieterakte
Manuelle Datenimplementierung ist fehleranfällig und ineffizient
Für ein wirtschaftlich effizientes Management großer Immobilienportfolios ist daher eine zielgerichtete Auseinandersetzung mit den zeitintensiven und qualitätskritischen Be- und Verarbeitungsschritten von Daten unablässig.
Die Verwaltung großer Immobilienportfolios basiert heute auf leistungsfähigen IT-Lösungen, wie zum Beispiel die immobilienspezifischen ERP-Systeme SAP oder Yardi, in denen die vielfältigen Informationen archiviert und gepflegt werden. Für die effiziente und IT-gestützte Abwicklung der kaufmännischen Immobilienprozesse müssen die Datenbanken der herkömmlichen IT-Lösungen mit den benötigten, meist nur in analoger Form vorliegenden Daten gefüllt und eine damit einhergehende manuelle Digitalisierung relevanter Dokumenteninhalte vorgenommen werden. Dabei liegen die analogen Ausgangsdaten regelmäßig in einer äußerst individualisierten Form vor und erfordern aufgrund ihrer heterogenen Struktur die Entscheidung, welches Dokument in welcher Form, wie und an welcher Stelle Auswirkungen auf den digitalen Datenbestand entfaltet und weiterverarbeitet werden muss. Absolut entscheidend für die Datenqualität sind daher die Prozesserfahrung und das Know-how derjenigen, die die Daten aufbereiten, bewerten und einpflegen. Die inhaltlichen Herausforderungen eines Dokumentenmanagements lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Abbildung 2: Schematische Darstellung der IST-Prozesse im Dokumentenmanagement
Die Aufnahme und Eingabe der Daten (Abbildung 2, Schritt 2) in die technisch äußerst anspruchsvollen Datenbanklösungen verursacht jedoch Effizienz- und Effektivitätsprobleme, insbesondere im Hinblick auf die konsistente Datenerfassung. Hier spielen die Faktoren Zeit, Fehler (Lücken, Übertragungsfehler) und Interpretationsspielräume eine große, die Qualität der Daten und die Effektivität und Effizienz der Immobilienverwaltung stark beeinflussende Rolle.
Künstliche Intelligenz hilft Property Managern
Eine schnellere, automatisierte Datenerfassung bei besserer Qualität zeigt der Einsatz neuer, selbstlernender computerlinguistischer Software bei der Erfassung und Archivierung von Daten.
In einem ersten Projekt arbeiten die Strabag Property and Facility Services GmbH (Strabag PFS) und die Leverton GmbH unter dem Einsatz künstlicher Intelligenz in der Immobilienverwaltung zusammen. Die computerlinguistische Software von Leverton erfasst die vertragliche Aufteilung der Instandhaltungsverpflichtung zwischen Vermieter und Mieter im Hinblick auf 1 000 Mietverhältnisse und überführt die Daten halbautomatisiert in das kundeninterne Verwaltungssystem.
Die Kombination mit einer Workflow-Lösung soll zukünftig eine zentralisierte und einheitliche Behandlung der Eingangsdokumente mit einer direkten Digitalisierung ermöglichen. Die digitalisierten Dokumente werden durch die Leverton IT-Lösung erkannt und in den jeweils vorgesehenen Workflow-Prozess übergeben. In einer granularen Fallbetrachtung kann hier zwischen einem direkten Routing an den verantwortlichen Mitarbeiter und einer digitalen Bereitstellung relevanter Datenpunkte für die automatisierte Datenpflege des Immobilienverwaltungssystems unterschieden werden. Die automatisierte Behandlung vom Dokumenteneingang bis zur Archivierung beziehungsweise Erweiterung der Datenbasis für die kaufmännische Portfolioverwaltung generiert signifikante Zeit-, Qualitäts- und Effizienzpotenziale und entlastet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zeitintensiven und fehleranfälligen Tätigkeiten: Immobilienmanagement 4.0.
Abbildung 3: Workflow-Ansatz zur automatisierten Dokumentenbehandlung. Immobilienverwaltung 4.0
Die Digitalisierung und Datenaufbereitung sämtlicher Informationen und Unterlagen einer Immobilie in einem intelligenten System ist also ein vermögenswirksamer und wertschaffender Vorgang.
Die adressierten Vorteile sind offensichtlich:
Der Wert eines Immobilienunternehmens wird nicht nur durch die Immobilien beziehungsweise Mieteinnahmen und dem Mitarbeiter-Potenzial, sondern auch durch den immateriellen Wert seiner Daten beziehungsweise seiner intelligent aufbereiteten Daten bestimmt.
Schaffung immaterieller Vermögenswerte
Die Vollständigkeit, Transparenz und geprüfte Qualität sämtlicher notwendiger Informationen über den Immobilienbestand ermöglichen es den unterschiedlichen Beteiligten (zum Beispiel Asset und Property Manager), ihre Regelaufgaben problemloser und effizienter zu erledigen und somit zum Beispiel die gewünschten Renditen einfacher zu erwirtschaften. Die Technologieanwendung und Datenqualität bei Immobilienbestandshaltern wird also zu einem immateriellen Vermögenswert, der sich bei Immobilien-Transaktionen klar als Renditekicker oder im Gegensatz als Renditekiller erweist. Ähnlich wie bei Marken sind aufbereitete Daten im Sinne des beschriebenen "Immobilienmanagement 4.0" ein immaterieller Vermögenswert, der über kurz oder lang von großen Immobilienbestandshaltern bilanziert werden sollte.
In Zusammenarbeit mit Dr. Emilio Matthaei, CEO, LEVERTON GmbH, Berlin
Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von STRABAG Property ans Facility Services GmbH
Erstveröffentlichung: Immobilien & Finanzierung November 2015