26.03.2015

Im Visier der Steuerpolitik

Unternehmenssteuern setzen Immobiliengesellschaften unter Druck

Prof. Dr. Karl Hamberger, Partner, Ernst & Young Real Estate GmbH
Prof. Dr. Karl Hamberger

Das gesetzliche Umfeld für Immobilieninvestitionen hat sich sowohl in regulatorischer als auch in steuerlicher Hinsicht dramatisch verändert. Die branchenüblichen Fonds- und Investitionsstrukturen unter Verwendung von Holdinggesellschaften an internationalen Standorten stehen im Fokus der Öffentlichkeit – und damit auch im Fokus der Politik.

Zunehmender Druck

Politiker sehen sich unter massivem Handlungsdruck, um legale, aber nach Ansicht der Öffentlichkeit nicht legitime Steuerstrukturierungen zu unterbinden. Diverse europäische Doppelbesteuerungsabkommen wurden bereits geändert, damit Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Immobiliengesellschaften im Belegenheitsland der Immobilien zu versteuern sind. Zudem scheinen die Finanzbehörden aller EU-Mitgliedsstaaten bemüht, das jeweilige Steueraufkommen durch intensivere Betriebsprüfungen zu erhöhen. Der Fokus der Betriebsprüfer liegt dabei häufiger als in früheren Jahren auf den Themen Substanz, Domizilierung und Betriebstättenvermeidung. Auch die Verrechnungspreisgestaltung und deren Dokumentation stellt sich zunehmend als Lieblingsthema der Betriebsprüfer heraus. Hinzu kommt: Die Herangehensweise an die für den Vorsteuerabzug erforderlichen Rechnungsbestandteile wird zunehmend formaler und strenger. Der Öffentlichkeitsdruck auf die politischen Entscheidungsträger zu einer restriktiveren und europa-einheitlichen Gestaltung des Steuerrechts ist nicht nur groß. Er wächst weiter.

Mögliche Folgen

Eine Initiative der OECD will die Möglichkeiten legaler Steuergestaltung eindämmen: Unter dem Schlagwort BEPS (Base Erosion & Profit Shifting) plant die Initiative, bereits in diesem Jahr einige ihrer Forderungen in geltendes Recht umsetzen. Mögliche Folgen sind unter anderem

  • Anhebung der effektiven Steuerlast in Luxemburg (und anderen Holding-Standorten)
  • Schaffung einer einheitlichen Steuerbasis innerhalb der EU
  • Verschärfung der „Anti-Abuse-Rules“
  • Verschärfung der Regeln zum steuerlichen Zinsabzug und zur Kapitalertragsteuer
  • Erhöhte Anforderungen an das Transfer Pricing
  • Untersagung der typischen „debt-push-down“-Strukturen
  • Ausweitung des Betriebstättenbegriffs auf Ebene der Doppelbesteuerungsabkommen und – als Folgewirkung – auf Ebene des nationalen Rechts.

Zinsabzugsregelung, Quellensteuer

Für Unternehmen aus dem Immobilienbereich ist vor allem der Blick auf die Zinsabzugsregelungen und das Reduzieren der Quellensteuer auf Gewinnausschüttungen relevant. Wie oben angedeutet, erleben viele Unternehmen bereits, dass in der steuerlichen Betriebsprüfung eine härtere Gangart Einzug hält. Betriebsprüfungen werden künftig noch mehr als bislang auf Substanz- und Betriebstättenthematik sowie die Transfer Pricing-Dokumentation fokussieren.

Handlungsempfehlung: Health Check

Die große Frage ist: Wie soll ein Unternehmen der Entwicklung adäquat begegnen? Um die Frage im Einzelfall zu beantworten, bedarf es stets einer individuellen Bestands- und Situationsanalyse. Ganz allgemein lässt sich aber festhalten: Für Holdingstrukturen in Luxemburg (und gegebenenfalls auch anderen Holdingstandorten) ist ein Health Check der bisherigen – legalen – Absprachen zwischen Steuerbehörde und Unternehmen (so genannte Rulings) anzuraten.

  • Welche Rulings gibt es im jeweiligen Fall? Dabei sollte mehrere Jahre rückblickend agiert werden.
  • Wie sind die Rulings inhaltlich zu werten? Weichen sie von Rechtsprechung/Verwaltungspraxis/vergleichbaren Steuerfällen ab und führt dies zu einer niedrigeren Effektivsteuerbelastung als in relevanten Vergleichsfällen, so dass gegebenenfalls die Gefahr besteht, dass das Ruling als unerlaubte staatliche Hilfe qualifiziert wird und dem Steuerpflichtigen Nachzahlungen drohen?

Transfer Pricing, Substanz, Betriebstätte

Zudem ist ein Health Check „Transfer Pricing” ratsam, gerade bei international investierenden Immobilienfonds:

  • Passt das Verrechnungspreisgefüge, insbesondere mit Blick auf Zinssätze für Gesellschafterdarlehen und Weiterbelastung von Managementgebühren?
  • Ist die Verrechnungspreis-Dokumentation ausreichend?

Darüber hinaus ist ein Health Check „Substanz“ denkbar:

  • Gibt es eine ausreichende Substanz in der Holdinggesellschaft?
  • Ist sie für den konkreten Geschäftszweck angemessen?
  • Welche ausländischen Immobilieninvestitionen werden über Betriebstätten gehalten?

Für ausländische Gesellschaften kann ein Health Check „Betriebstätte“ hilfreich sein, um etwaige Gewerbesteuerrisiken zu reduzieren:

  • Gibt es wirklich keine physische Betriebstätte in Deutschland?
  • Werden die geschäftlichen Entscheidungen in ausreichendem Maße außerhalb Deutschlands getroffen, so dass keine deutsche Managementbetriebstätte besteht? Wird dies auch angemessen dokumentiert?

Fazit und Ausblick

Das steuerliche Umfeld für Immobilieninvestitionen war immer schon im Wandel und wird sich voraussichtlich weiterhin (dynamisch) verändern. Mit der öffentlichen Diskussion und dem Engagement der OECD, die Möglichkeiten der Steuergestaltung einzudämmen, ist es nun jedoch an der Zeit, die traditionelle Art und Weise der (Fonds-)Strukturierung kritisch zu überdenken. Möglicherweise werden steuerfreie und steuerlich begünstigte Investoren künftig präferiert auf steuerlich transparente Vehikel (zum Beispiel Personengesellschaften) zurückgreifen, um zum Beispiel etwaige Substanzrisiken zu vermeiden. Nach nationalem Recht steuerfreie Vehikel (zum Beispiel REITs, Investmentfonds) werden künftig möglicherweise häufiger als in der Vergangenheit als Objektgesellschaft herangezogen, um unter anderem die neuralgischen Punkte Gewerbesteuer und Zinsschranke hinter sich zu lassen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die aktuelle Initiative Luxemburgs, künftig einen steuerbefreiten Luxemburger REIT einzuführen. Dessen Kerngeschäft würde darin bestehen, steuerfrei in andere europäische REITs und Investmentfonds zu investieren.

Die Nutzungsrechte wurden The Property Post zur Verfügung gestellt von Ernst & Young GmbH
Erstveröffentlichung: Februar 2015, Ernst & Young Real Estate Trends